Seit 2016 ist Mark Klein Vorstand der Ergo Digital Ventures AG, einer neu geschaffenen Unternehmenstochter der Ergo Group. Und dass er bei den Düsseldorfern anheuerte, ist ein Beleg, dass die Ergo die Digitalisierung ernst nimmt. Bevor Klein zu dem Versicherer wechselte, verantwortete er die Digitalstrategie im Auslandsgeschäft der Telekom und war Chef der niederländischen Telekom-Tochter. Er ist einer, der Erfahrung mitbringt.

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Mark Klein, Digital-Chef der Ergo und davor u.a. für die Telekom, Vodavone und McKinsey tätig. Foto: Ergo GroupIn einem Interview mit dem Onlineportal absatzwirtschaft.de äußert sich nun Klein zu den Projekten, die er bisher bei der Ergo angestoßen oder umgesetzt hat. Um nur einige zu nennen: Unter seiner Leitung startete Ergo den Online-Versicherer Nexible, der eine monatlich kündbare Autoversicherung übers Netz verkauft. Auch eine Start-Up-Schmiede in Berlin wurde gegründet, die Campus Factory, wo Klein das Innovationsmanagement des Versicherers ansiedelte. Darüber hinaus konnte die Ergo die alten Kontakte des Managers nutzen und arbeitet nun in den Bereichen Smart Home und Cyberversicherung mit der Telekom zusammen.

Doch all das seien nur „Mosaikstücke“, sagt nun Klein in dem Interview. Und verdeutlicht, dass er in der Digitalisierung einen fortlaufenden Prozeß sieht, der immer neue Initiativen erfordert. „Die Digitalisierung ändert grundlegend die Art, wie wir arbeiten, wie wir denken und Hardware, Software und Services bieten müssen. Die Leute wollen nicht bloß ein Produkt, sondern eine Gesamtlösung“, so Klein.

Mächtige Wettbewerber - und veraltete Technik

Dass diese Gesamtlösung für die Ergo eine Mammutaufgabe ist, wurde im Jahr 2015 deutlich. Damals war bekannt geworden, dass sich die Ergo bei mehr als 350.000 Lebensversicherungen verrechnet hatte, teils wurde zu wenig und teils auch zu viel ausgezahlt. Keine Boshaftigkeit des Versicherers, sondern schlicht eine Folge davon, dass man notwendige Investitionen versäumt hatte:

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Wie die „Süddeutsche Zeitung“ in Erfahrung brachte, waren die Rechenkerne der Ergo Leben zum Teil mehr als 50 Jahre alt, die notwendige Software in den 90er Jahren programmiert worden. Manche Rechenkerne stammten also aus einer Zeit, als Apple und Microsoft noch gar nicht gegründet waren, Steve Jobs und Bill Gates ihre Pubertät noch vor sich hatten. Die IT-Technik der Ergo entpuppte sich als nicht konkurrenzfähig (der Versicherungsbote berichtete).

"Wir nehmen Amazon ernst"

Viel ist seither passiert, notwendige Änderungen wurden angeschoben. Die Konzernmutter Munich Re hat der Ergo 1 Milliarde Euro zur Verfügung gestellt, eine immense Summe, um IT und Rechenkerne auf den neuesten Stand zu bringen. Dass die Ergo noch 2016 rote Zahlen schrieb, war auch auf die immensen Kosten der notwendigen Reformen zurückzuführen. Hierin liegt wohl die wichtigste Aufgabe von Mark Klein: die Ergo in einen modernen, digital konkurrenzfähigen Versicherer verwandeln.

Dass die Reformen erste Früchte tragen, zeigte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr. 2017 übertraf der Versicherer alle Gewinnprognosen und konnte einen Reingewinn von 273 Millionen Euro einfahren, nachdem man zuvor jahrelang kein positives Ergebnis erzielen konnte. Neben einem starken Auslandsgeschäft resultierte der Gewinn zum Teil bereits aus schlankeren Strukturen und niedrigerer Schadenskosten - die auch um den Preis gestrichener Stellen erkauft wurden.

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Klein bekräftigt in dem Interview indirekt, dass etwas passieren musste. Denn auch der Versicherungs-Kunde ändere sich, je mehr er digitale Angebote nutzen kann. „Die Kunden vergleichen uns nicht mehr mit anderen Versicherern, sondern mit Internet-Playern wie Amazon. Sie fragen sich nicht mehr nur, ob das Angebot der Ergo besser ist als etwa das der Allianz, sondern sie prüfen, ob sie eine One-Klick-Experience haben oder nicht. Die Kunden werden anspruchsvoller. Davor können sich Versicherer nicht verschließen.“

Folglich seien auch neue Wettbewerber auf der Bildfläche erschienen oder stehen in den Startlöchern, wie Klein deutlich macht. Dabei handelt es sich um mächtige und einflussreiche Konkurrenten: “Die Wettbewerber kommen aus unterschiedlichen Ecken: Da sind zum einen natürlich die Magic Four, also Google, Amazon, Facebook und Apple“, sagt Klein. Er erwarte jedoch nicht, dass Google eigene Versicherungen anbieten werde, „denn die verdienen schon jetzt sehr viel Geld mit der entsprechenden Suche. Amazon nehmen wir sehr ernst, denn das Unternehmen hat sehr, sehr gute Daten und hätte aufgrund seines Datenmanagements einen Wettbewerbsvorteil.“ Start-ups sehe man hingegen eher als Kooperationspartner denn als Konkurrenten.

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