Kassen-Aufsicht will gegen Ärzte-Boni vorgehen

Doch der jetzige Skandal ist nicht der erste: Immer wieder lassen Manipulationen im Gesundheitssystem aufhorchen. So haben sich nach Informationen der "Bild" am Mittwoch Vertreter aller Krankenkassen-Aufsichten aller Länder in Bonn getroffen, um gegen bestimmte Arten der Boni-Zahlungen vorzugehen: sogenannte Versorgungsstärkungsverträge, die Kassen mit Ärztevereinigungen abschließen.

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Diese Versorgungsverstärkungsverträge zeigen, was schiefgehen kann, wenn ein pervertierter Wettbewerbsgedanke in das Gesundheitssystem Einzug hält. Angeblich dienen sie der Verbesserung der medizinischen Betreuung vor allem chronisch Kranker. Doch in der Praxis werden laut des Zeitungsberichts Boni gezahlt, deren Höhe abhängig ist von der Anzahl der Diagnosen: zwischen vier und neun Euro gibt es extra, wenn ein Arzt bestimmte Krankheiten oft feststellt, so berichtet die "Bild". Auch hier besteht der Verdacht, dass Patienten deshalb eine Diagnose erhalten, weil sich ein solcher Befund für die Ärzte finanziell lohnt - nicht, weil sie tatsächlich drunter leiden.

Die Probleme sind bekannt. Im Jahr 2016 sorgte ein Interview für Aufsehen, dass Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK), der "Frankfurter Allgemeinen" gab. In dem Gespräch vermutete Baas, dass die Krankenversicherer einen Milliardenbetrag für derartige Manipulationen ausgeben. "Die Kassen bezahlen zum Beispiel Prämien von zehn Euro je Fall für Ärzte, wenn sie den Patienten auf dem Papier kränker machen", sagte Baas (der Versicherungsbote berichtete). Das Gesundheitssystem belohne es, wenn Patienten kranker gemacht werden als sie eigentlich sind. "Aus einem leichten Bluthochdruck wird ein schwerer. Aus einer depressiven Stimmung eine echte Depression, das bringt 1.000 Euro mehr im Jahr pro Fall", so Baas.

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