96 gesetzliche Krankenkassen gibt es Stand 2023 in Deutschland. Jede von ihnen hat einen eigenen Vorstand, eine eigene Verwaltung, eine eigene IT-Struktur. Die kleinste Krankenkasse, die BKK public, verfügt über gerade einmal 3.816 Mitglieder.

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Wiederholt sorgten die Gehälter der Krankenkassen-Chefs für Debatten: so auch aktuell. Die gesetzlichen Krankenkassen blicken auf ein Rekord-Defizit von 17 Milliarden Euro, welches sogar noch höher ausfallen könnte, wenn die Wirtschaft schwächelt. Besserung in den nächsten Jahren ist nicht in Sicht. Aktuell bereitet Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) eine Gesundheitsreform vor. Höhere Beiträge zulasten der Versicherten und Arbeitgeber hält er für unvermeidlich, wie er in mehreren Interviews signalisiert hat. Dennoch setzen einige Krankenkassen-Chefs ihre Gehälter teils deutlich rauf.

"Für die Chefs ist weiter genug Geld da"

Das greift Deutschlands größte Boulevardzeitung dankbar auf. „Ständig klagen die Krankenkassen über Finanznot - aber für ihre Chefs ist weiter genug Geld da!“, so eröffnet die BILD einen Text über die -Zitat- „fetten Gehaltserhöhungen der Krankenkassen-Bosse“. Viele Kassen hätten 2022 die Vorstandsgehälter erhöht und üppige Boni bezahlt. Bei ihren Zahlen beruft sich das Blatt auf veröffentlichte Zahlen im Bundesanzeiger.

Krassester Fall sei das Grundgehalt von Tom Ackermann, Chef der AOK Nordwest. Dessen Festgehalt sei um knapp 70.000 Euro gestiegen: von 201.625 Euro auf 270.000 Euro. Die Ortskrankenkasse habe dies mit einem neuen Vertrag sowie dem Wegfall von Boni begründet. Aktuell zählt die AOK Nordwest nach eigenen Angaben 2,95 Millionen Versicherte. Eine besondere Brisanz erhalte das Beitragsplus dadurch, dass sie mit 16,49 Prozent einen der aktuell höchsten Beitragssätze habe und erst im Januar den Zusatzbeitrag anheben musste, berichtet die BILD.

Ebenfalls deutlich mehr erhalte Torsten Kafka, Chef der Hanseatischen Krankenkasse (HEK). Seine jährlichen Bezüge seien um 21.856 Euro auf nun 206.017 Euro gestiegen. Die Hamburger Ersatzkasse zählt mit rund 420.000 Mitgliedern und 535.000 Versicherten eher zu den kleineren Anbietern.

Der Chef der ostdeutschen AOK Plus, Rainer Striebel, erhalte 15.058 Euro mehr Gehalt, wobei hier bereits Boni eingerechnet seien. Das Gehalt des Dresdner Vorstands erhöhe sich auf 244.560 Euro. Mit rund 3,48 Millionen Versicherten hat die Ortskrankenkasse in Sachsen und Thüringen beinahe eine Monopolstellung unter den Krankenkassen.

Gehalt eines Krankenkassen-Chefs muss „angemessen sein“

Topverdiener unter den Krankenkassen-Vorständen war im Jahr 2021 TK-Chef Jens Baas mit einem Festgehalt von 364.662 Euro. Für das Jahr 2022 hat Deutschlands Marktführerin ihren Geschäftsbericht allerdings noch nicht vorgelegt.

Dabei ist es den Krankenkassen keineswegs erlaubt, die Bezüge ihrer Vorstände beliebig raufzusetzen. Die Vergütung eines Kassenchefs muss "angemessen" sein und sich an der Mitgliederzahl orientieren, so betonte das Landesgericht Baden-Württemberg in einem vielbeachteten Urteil vom 21. Juni 2017. Das Gericht kippte eine Gehaltserhöhung von Siegfried Gänsler, der damals Vorstandschef der Schwenninger Krankenkasse war. Ein jährliches Gehalt von 217.252 Euro wurde bei einer Zahl von 152.000 Mitgliedern vom Gericht als unangemessen erachtet (Az. L 5 KR 1700/16 KL). Die Schwenninger fusionierte vor zwei Jahren mit der Atlas BKK ahlmann. Die neu entstandene vivida bkk wird ebenfalls von Gänsler geleitet.

GKV-Spitzenverband zahlt ebenfalls mehr

Die Daten aus dem Bundesanzeiger zeigen auch, dass der GKV-Spitzenverband seinem Vorstand ebenfalls ein sattes Gehaltsplus gönnt. Die Bezüge der Vorstandsvorsitzenden Doris Pfeiffer stiegen inklusive Boni und Sonderzahlungen von 262.000 Euro auf 311.166 Euro an. Das bedeutet ein sattes Plus von 49.166 Euro. Allerdings sind hierbei auch die Aufwendungen für die zukünftige Betriebsrente eingerechnet: stolze 49.166 Euro.

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Die Bezüge des stellvertretenden Vorsitzenden, Gernot Kiefer, steigen ebenfalls deutlich an: von 254.000 Euro auf 325.807 Euro im Jahr 2022. Damit erhält er ein noch fetteres Vergütungsplus als der Chef der AOK Nordwest: 71.807 Euro mehr gegenüber dem Vorjahr. Ein Grund ist, dass Kiefer besonders hohe Vergütungen für die Betriebsrente erhält: 71.807 Euro.

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