Die Wechselsaison in der Kfz-Versicherung naht – und damit erneut das alte Duell der Platzhirsche HUK-Coburg gegen Allianz um die Marktführerschaft. Die HUK ist mit Abstand Nummer 1 auf dem deutschen Kfz-Versicherungsmarkt mit 11,2 Millionen versicherten Autos zum Jahresende 2016. Erreicht hat sie dies mit einer Billigstrategie: Tarife zu Dumpingpreisen, notfalls unter Einrechnung von Verlusten. Im letzten Jahr stieg die Schaden-Kosten-Quote der Coburger auf 101 Prozent, so dass der Versicherer mehr für Schäden und andere Kosten ausgab, als er an Beiträgen einnahm.

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Hinter dieser stolzen Zahl an Verträgen steht die Allianz derzeit weit zurück. 8,3 Millionen Policen konnten die Münchener zum Ende des letzten Jahres zählen, Tendenz fallend. Denn während die HUK in den letzten 13 Jahren vier Millionen Kfz-Versicherungen hinzugewinnen konnte, verlor die Allianz sogar 500.000 Verträge im selben Zeitraum, so rechnet die „Süddeutsche“ vor. Im Vergleich zum Konkurrenten gilt die Allianz in der Autoversicherung als vergleichsweise teuer.

Neue Tarife – aber nicht um jeden Preis

So weit die Ausgangslage. Doch nun plant die Allianz einen neuen Angriff, um am Sockel der HUK zu rütteln, so berichtet am Mittwoch das „Handelsblatt“. Gelingen soll dies mit neuen Kfz-Versicherungstarifen. Dabei setzen die Münchener bewusst nicht auf Billigpreise, sondern wollen mit anderen Qualitäten punkten. Das bedeutet, die Policen sollen einfacher werden, wodurch auch die Kosten reduziert werden könnten.

Die Kunden können beim neuen Angebot zwischen drei Produktlinien wählen: Smart, Komfort oder Premium. Diese unterscheiden sich lediglich in der Dauer der Neu- und Kaufpreisentschädigung (12, 18 oder 36 Monate), so berichtet die Allianz Deutschland auf ihrer Webseite. Zudem seien in den Linien Komfort und Premium auch Eigenschäden in einer Höhe von 50.000 Euro bzw. 100.000 Euro versichert. Wer mit seinem Auto sein eigenes Garagentor oder den Zweitwagen demoliere, erhalte dann den Schaden bis zur Versicherungssumme ersetzt.

Assistance-Leistungen erweitert

Zudem wurden auch die Assistance-Leistungen ausgebaut, die gegen Aufpreis hinzugebucht werden können. Der Schutzbrief soll garantieren, dass die Kunden innerhalb von 60 Minuten nach einem Unfall "wieder mobil" seien, verspricht die Allianz - per Mietauto, Taxi oder Carsharing. Dabei entfalle "die marktübliche 50-Kilometer-Grenze".

Mit dem Baustein "WerterhaltGarantie" lasse sich die Neupreisentschädigung bei frisch gekauften Fahrzeugen auf 60 Monate ausdehnen. Die WerterhaltGarantie leiste auch, wenn bei einem unverschuldeten Unfall die Versicherung des Unfallgegners nur den Wiederbeschaffungswert bezahle. Dann übernehme der Versicherer die Differenz zum vollen Neu- bzw. Kaufpreis.

"Kein Stein auf den anderen gelassen"

„Wir haben in der Entwicklung keinen Stein auf dem anderen gelassen“, sagte Joachim Müller, Sachversicherungs-Chef der Allianz, laut "Handelsblatt". Der Manager stellte die neue Strategie am Dienstag in Ismaning vor. Und macht aus seinen Zielen keinen Hehl: „Wir sind in vielen Bereichen marktführend. Wir haben auch den Anspruch, das in der Autoversicherung zu sein.“ Die neuen Kfz-Tarife seien nun mehr vom Kunden her gedacht, erläuterte er, und weniger komplex. So müssten Neukunden etwa bei den Anträgen 30 Prozent weniger Fragen ausfüllen.

Die Marktführerschaft soll aber nicht um jeden Preis errungen werden. „Es wird für manche Kunden teurer, für manche günstiger. Wir werden beide Fälle haben“, berichtet Müller. Die Überarbeitung der Haftpflicht- und Kaskotarife habe insgesamt 18 Monate in Anspruch genommen. Erste Effekte erwartet der Versicherer in eineinhalb Jahren.

20 Prozent Prämiennachlass für E-Autos und Hybride

Dabei will der Versicherer auch Kunden für sich gewinnen, die umweltbewusst und vorsichtig fahren. So sollen die Telematiktarife ab Frühjahr 2018 auch für Fahrer ab 30 Jahren abschließbar sein. Kfz-Verträge also, bei denen mittels einer App das Fahrverhalten des Versicherten gemessen wird – und eine vorsichtige Fahrweise sich in Prämienrabatten widerspiegelt. Auch die „Generation Öko“ nimmt die Allianz nun verstärkt ins Visier. Wer ein Elektroauto fährt oder einen Hybriden, soll künftig 20 Prozent Nachlass auf die Prämie erhalten. Bisher sind es zehn.

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Ob die neue Strategie Erfolg haben wird, bleibt abzuwarten. Gerade in der Kfz-Versicherung trifft man auf vergleichsweise standardisierte Policen, die zunehmend online abgeschlossen werden. Knapp ein Fünftel (18,5 Prozent) aller Kfz-Verträge wurden 2016 von den Verbrauchern im Netz oder über ein Vergleichsportal gezeichnet, so geht aus der Vertriebswegestatistik des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Tendenz: stark steigend. Beim Online-Abschluss ist aber der Preis ein wichtiges Entscheidungskriterium für viele Kunden - werben doch gerade Vergleichsportale damit, dass man bei ihnen die billigsten Tarife erhält.

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