Dürfen Versicherungsmakler zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung beraten? Diese Frage könnte bald Gegenstand eines juristischen Boxkampfes werden. In der einen Ringecke steht der Finanzvertrieb MLP. In der anderen Ecke der Bund der Versicherten, Deutschlands größte Verbraucherorganisation für Versicherungen.

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Doch der Finanzdienstleister boxt nicht für sich allein. Er boxt stellvertretend für alle Versicherungsmakler, die zum Tarifwechsel nach § 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) beraten. Das nämlich dürfen Makler nach Auffassung des Verbraucherverbandes gar nicht. Ist aber längst gängige Praxis in der Vermittlerbranche, wie auch eine kurze Netz-Recherche des Versicherungsboten ergab.

MLP verlangt Servicepauschale für Tarifwechsel-Beratung

Zum Hintergrund: die Prämien in der privaten Krankenversicherung stiegen zum Jahreswechsel 2017 vereinzelt deutlich an. Schuld ist unter anderem der Niedrigzins an den Kapitalmärkten. Vor allem Senioren müssen mit Preissprüngen rechnen. Aber es gibt einen Ausweg. Privatversicherte dürfen ohne erneute Gesundheitsprüfung in einen preiswerteren Tarif ihres eigenen Versicherers wechseln, sofern dieser mit vergleichbaren Leistungen aufwartet. So sieht es § 204 VVG vor.

MLP wirbt auf seiner Webseite für einen Tarifwechsel. Der Finanzvertrieb verlangt für eine entsprechende Recherche sowie anschließende Beratung eine Servicepauschale. Zahlen muss der Kunde nur, wenn tatsächlich ein Wechsel zustande kommt. Aufgrund dieser Beratung hat sich der Dienstleister nun eine Abmahnung durch den Bund der Versicherten eingefangen. „Als Versicherungsmakler darf MLP die Tarifwechselberatung von Verbrauchern gar nicht durchführen – erst recht nicht gegen gesondertes Honorar“, kommentiert BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein.

Versicherungsmakler dürften eine Tarifwechselberatung nur als Nebenleistung der Versicherungsvermittlung anbieten, ergänzt Kleinlein laut Pressemeldung der Verbraucherschutzorganisation. Das Geschäftsmodell des Finanzdienstleisters sehe hingegen eine ausschließliche Beratung außerhalb der Vermittlung vor.

MLP will keine Unterlassungserklärung abgeben

Bei MLP ist man ob der Abmahnung erstaunt. Und denkt gar nicht dran, eine entsprechende Unterlassungserklärung abzugeben. Man wolle auch weiterhin zum Tarifwechsel in der PKV beraten, wie ein Sprecher gegenüber dem Versicherungsboten bestätigt.

„Die Kritik des BdV können wir nicht nachvollziehen. Sie bezieht sich auch nicht auf die Beratungsleistung als solche. Stattdessen wird hier lediglich die Frage des gewerberechtlichen Status‘ aufgeworfen. Dazu haben wir aufgrund unserer vorherigen eingängigen Rechtsprüfung eine komplett andere Auffassung als der BdV“, teilte der Sprecher mit.

Rundschreiben der IHK stützt Rechtsauffassung des Finanzvertriebes

Stützen kann sich der Finanzvertrieb auf ein Rundschreiben der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar aus dem Jahr 2014. In dem Schreiben der Aufsichtsbehörde, das dem Versicherungsboten vorliegt, ist festgehalten, dass Versicherungsmakler zum Tarifwechsel beraten dürfen. Entgegen der Einschätzung der Verbraucherrschützer gilt dies auch dann, wenn der Makler nicht Ursprungsvermittler des Krankenversicherungs-Vertrages ist.

Im IHK-Schreiben heißt es hierzu: "Es gehört zum Berufsbild des Versicherungsmaklers, auch bestehende Verträge darauf zu überprüfen, ob diese dem Bedürfnis und Interesse des Versicherungsnehmers entsprechen. Es kann nach unserer Sicht nicht darauf ankommen, ob die Tätigkeit des Versicherungsmaklers für den Abschluss der bisher bestehenden PKV ursächlich war oder nicht. Erfolgt ein Tarifwechsel beim gleichen Versicherungsunternehmen ("Umdeckung"), fällt diese Tätigkeit unter "Versicherungsvermittlung". (...) Da das Versicherungsunternehmen keine Vergütung ausschüttet, sind die Grundsätze des Nettotarifes auf diese Fallkonstellation anwendbar."

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Entsprechend dem Schreiben dürfen Makler problemlos ein erfolgsabhängiges Honorar für die Tarifwechselberatung verlangen. Doch ein Urteil zu dieser Frage gibt es bisher nicht. Auch sind die Rechtsauffassungen der Aufsichtsbehörden nicht einheitlich. So hatte die IHK Bonn im Jahr 2011 einem Versicherungsmakler die Auskunft erteilt, dass er nur dann einen Verbraucher zum Tarifwechsel beraten dürfe, wenn er der Ursprungsvermittler des Krankenversicherungsvertrags sei. Eine Einschätzung freilich, die der Idee des Maklers als Sachverwalter des Kunden widersprechen würde. Der Bund der Versicherten prüft nun weitere rechtliche Schritte gegen den Finanzkonzern.

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