Dürfen Versicherungsmakler zum Tarifwechsel in der privaten Krankenversicherung beraten? Diese Frage wird schon bald das Landgericht Heidelberg beschäftigen. Denn der „Bund der Versicherten“ (BdV) hat dort den Makler „MLP Finanzdienstleistungen“ verklagt. Dies berichtet der Verbraucherverband in einer heutigen Pressemeldung. Grund ist, dass das Wieslocher Unternehmen als Tarifwechselberater zur privaten Krankenversicherung auftrete und dafür ein zusätzliches Honorar verlange. Dies sei Versicherungsmaklern verboten, argumentiert der BdV.

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MLP steht stellvertretend für andere Tarifwechsel-Makler

Die ausstehenden Urteile, möglicherweise über mehrere Instanzen ausgefochten, dürfte die Vertriebsbranche mit Spannung erwarten. Denn MLP steht stellvertretend für viele andere Versicherungsmakler, die entsprechende Beratungen auf ihrer Webseite anbieten. Man darf davon ausgehen, dass der „Bund der Versicherten“ auch deshalb diesen Streitgegner ausgesucht hat, weil es sich um einen der größten Finanzvertriebe Deutschlands handelt.

Hintergrund ist Paragraph 204 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG). Demnach können privat Krankenversicherte in einen preiswerteren Tarif ihres eigenen Krankenversicherers wechseln, wenn dieser mit vergleichbaren Leistungen aufwartet, und zwar ohne neue Gesundheitsprüfung. Eine Regel, die speziell ältere Versicherungsnehmer besser vor hohen Prämiensprüngen im Alter schützen soll.

Der Finanzvertrieb MLP wirbt auf seiner Webseite für einen entsprechenden Tarifwechsel. Und verlangt für eine entsprechende Recherche sowie anschließende Beratung eine Servicepauschale. Zahlen muss der Kunde nur, wenn er sich tatsächlich für einen neuen Tarif entscheidet. Verläuft die Beratung ohne Ergebnis, wird er nicht zur Kasse gebeten.

Diese Dienstleistung ist dem BdV wiederum ein Dorn im Auge. Er sieht darin einen Verstoß gegen die Gewerbeordnung. „Nach Ansicht des BdV dürfen Versicherungsmakler eine Tarifwechselberatung nur als Nebenleistung der Versicherungsvermittlung tätigen“, heißt es in der Pressemeldung. „Darüber hinaus dürfen sie mit einem Verbraucher kein gesondertes Honorar vereinbaren“. Eine entsprechende Unterlassungserklärung hatte MLP nicht akzeptiert, weshalb der Streit nun vor Gericht landet (der Versicherungsbote berichtete).

Finanzvertrieb kann sich auf IHK-Rundschreiben stützen

Doch MLP will weiter gegen Honorar beraten. Und hat gute Argumente für seine Position. Stützen kann sich der Finanzvertrieb auf ein Rundschreiben der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar aus dem Jahr 2014. In dem Schreiben der Aufsichtsbehörde, das dem Versicherungsboten vorliegt, ist festgehalten, dass Versicherungsmakler zum Tarifwechsel beraten dürfen. Entgegen der Einschätzung der Verbraucherrschützer gilt dies auch dann, wenn der Makler nicht Ursprungsvermittler des Krankenversicherungs-Vertrages ist.

Im IHK-Schreiben heißt es hierzu: "Es gehört zum Berufsbild des Versicherungsmaklers, auch bestehende Verträge darauf zu überprüfen, ob diese dem Bedürfnis und Interesse des Versicherungsnehmers entsprechen. Es kann nach unserer Sicht nicht darauf ankommen, ob die Tätigkeit des Versicherungsmaklers für den Abschluss der bisher bestehenden PKV ursächlich war oder nicht. Erfolgt ein Tarifwechsel beim gleichen Versicherungsunternehmen ("Umdeckung"), fällt diese Tätigkeit unter "Versicherungsvermittlung". (...) Da das Versicherungsunternehmen keine Vergütung ausschüttet, sind die Grundsätze des Nettotarifes auf diese Fallkonstellation anwendbar."

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Entsprechend dieser Einschätzung dürfen Versicherungsmakler ein erfolgsabhängiges Honorar für die Tarifwechselberatung in der privaten Krankenversicherung verlangen. Ja, ihr Berufsbild verlangt eine entsprechende Dienstleistung geradezu. Doch ein Urteil in höchster Instanz steht zu dieser Frage noch aus. Und es gibt auch Einschätzungen, die die Rechtsauffassung des BdV stützen: unter anderem hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn 2011 einem Makler abgeraten. Nun entscheiden die Richter.

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