Eigentlich ist es eine logische Liaison: der 1. FC Nürnberg, Traditionsverein aus Mittelfranken und neunmaliger deutscher Meister, wird von der Nürnberger Versicherung gesponsert, ebenfalls ein traditionsreiches Unternehmen und einer der größten Arbeitgeber der Stadt. Letzte Woche war bekannt geworden, dass beide fortan gemeinsame Wege gehen werden. Das Logo der Nürnberger Versicherung prankt nun für drei Jahre auf den Trikots des Zweitligisten, denn der Assekuradeur hat sich ab der kommenden Saison die Rechte als Haupt- und Trikotsponsor gesichert.

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Über einen Einstieg der Nürnberger Versicherung als Sponsor bei den Clubberern war schon in den letzten Jahren spekuliert worden. Warum man sich bisher scheute, machte nun Armin Zitzmann, Vorstandsvorsitzender der Nürnberger Versicherung, bei einem öffentlichen Auftritt deutlich. Laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung fürchtete man schlicht einen Imageschaden – aufgrund gewalttätiger Fans und undurchsichtiger Vorgänge im Vorstand des Vereins.

Warnung an die Anhänger des 1. FC Nürnberg - „Da schauen wir nicht zu“

Die Fans des FC gelten als besonders treu und leidensfähig. Mit acht Abstiegen aus der Bundesliga seit 1969 sind die Nürnberger der Inbegriff einer Fahrstuhlmannschaft: kein Verein musste öfter die Beletage des deutschen Fußballs verlassen.

Doch einige Ultras des 1. FC Nürnberg sind in den letzten Jahren wiederholt durch Gewalt aufgefallen. Zwei Beispiele: Nach einem Derby gegen die Bayern 2013 griffen Fans Polizisten an, nachdem sie selbst von gegnerischen Anhängern attackiert worden waren. Erst jüngst lieferten sich Ultras nach Testspielen mutmaßlich verabredete Massenschlägereien mit Gäste-“Fans“: die Gegner hießen FSV Zwickau und 1. FC Chemnitz.

Umso deutlicher fiel die Mahnung aus, die der neue Hauptsponsor vor wenigen Tagen an die Club-Ultras richtete. Bei massiven Verfehlungen werde der Versicherer, der insgesamt über 5.000 Mitarbeiter beschäftigt, wieder aussteigen. „Wir haben Klauseln in den Verträgen, die uns das ermöglichen“, zitiert die Süddeutsche Armin Zitzmann. „Da schauen wir nicht zu“.

Zwar relativierte Michael Meeske, Finanzvorstand beim 1. FC Nürnberg, die Aussage wieder. Er gehe selbstverständlich nicht davon aus, dass es so weit komme. „Sonst wären wir den Vertrag ja nicht eingegangen.“ Es sei bei allen großen Sponsoren mittlerweile üblich, dass Klauseln einen Ausstieg aus dem Vertrag bei drohendem Imageschaden ermöglichen, etwa „bei Doping oder anderem Fehlverhalten“. Business as usual also? Es sei zumindest ungewöhnlich, dass derartige Klauseln öffentlich angesprochen werden, kommentiert die Süddeutsche.

Klub hoch verschuldet - Probleme mit dem früheren Vorstand

Noch hinderlicher für das Sponsoring des Versicherers gestaltete sich aber die Situation im Vorstand des Fußballvereins, wie Zitzmann andeutete. Die kürzlich erst ausgeschiedenen Vorstände Martin Bader und Ralf Woy haben zwar die größten Erfolge der jüngsten Clubgeschichte mit begleitet, unter anderem den Gewinn des DFB-Pokals im Jahr 2007. Aber sie haben dem Klub auch einen großen Schuldenberg hinterlassen. Nach dem verpassten Bundesliga-Aufstieg in der Relegation gegen Eintracht Frankfurt spekulierte die "Sport Bild" bereits, ob angesichts von 15 Millionen Euro Schulden nun „der große Abstieg“ des FCN beginne.

Die Schulden sind freilich kein neues Problem. Schon 2012 plagten den Verein laufende Verbindlichkeiten in Höhe 17,3 Millionen Euro, 2014 summierten sie sich bereits auf 18,8 Millionen. Der frühere Finanzvorstand Ralf Woy verschwieg die Schulden in den offiziellen Geschäftsberichten, wie nordbayern.de berichtet, und stellte die finanzielle Situation des Klubs in Pressekonferenzen besser dar, als sie tatsächlich war.

Nachdem er bei regionalen Banken aufgrund des hohen Schuldenstandes keine Kredite mehr bekam, schloss Woy kurzerhand einen Deal mit dem Internationalen Bankhaus Bodensee (IBB) ab. Ein Institut, das auch höchst fragwürdigen Schuldnern noch Darlehen gewährt – zu marktunüblichen und extrem hohen Zinssätzen, oft im zweistelligen Bereich. Schulden durch neue Schulden tilgen, das war selten eine gute Idee.

Auf dem Weg zur Konsolidierung

Auf ein solches Geschäftsgebaren am Rande der Seriosität wollte sich die Nürnberger Versicherung nicht einlassen, wie Zitzmann ein wenig verklausuliert zum Ausdruck brachte. Er sprach davon, dass der „Respekt vor der wechselhaften wirtschaftlichen Vergangenheit des 1. FCN unter den damals handelnden Personen“ ein Sponsoring verhindert habe.

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Aber mit dem ausgetauschten Personal sieht Zitzmann die Clubberer „auf dem richtigen Weg“ zur Konsolidierung. So sprach etwa der neue Finanzvorstand Michael Meeske die Schuldensituation des Vereins offen auf Pressekonferenzen an. Meeske, seit 2015 im Amt, hat Erfahrung mit Vereinen in wirtschaftlicher Notlage. Von 2004 bis zu seinem Wechsel nach Nürnberg verantwortete er die Konsolidierung des FC Sankt Pauli - ein weiterer Kultverein, der in einer schwierigen Situation steckte.

Süddeutsche Zeitung

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