Es war eine der kuriosesten Szenen des ersten Bundesliga-Spieltages: Und eine der bittersten. Nachdem der HSV-Spieler Nicolai Müller im Heimspiel das entscheidende 1:0 gegen den FC Augsburg erzielt hatte, setzte er zu einem spektakulären Torjubel an, den er auch in früheren Spielen schon gezeigt hatte. Dabei dreht Müller eine doppelte Pirouette und streckt die Faust in die Luft. Dumm nur, dass die Aktion diesmal daneben ging. Müller blieb mit dem linken Fuß im Rasen hängen, verdrehte sich das linke Knie und zog sich einen Riss des vorderen Kreuzbandes zu. Dem Verein wird er nun mindestens sieben Monate fehlen.

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Gesetzliche Unfallversicherung zahlt für Lohnausfall

Verletzt beim Torjubel: Doch damit ist die Kuriosität noch nicht beendet. Wie das „Hamburger Abendblatt“ am Dienstag berichtet, wird dieser Unfall nun auch als Arbeitsunfall gewertet: Schließlich ist Müller Fußballprofi. Das heißt, der Hamburger Sportverein muss Müllers Grundgehalt nun sechs Wochen weiterzahlen. Danach kommt die Gesetzliche Unfallversicherung (VBG) für ein Verletztengeld auf.

Das Gehaltsloch eines Bundesliga-Kickers kann mit dem Lohnersatz der Unfallkasse freilich nicht gestopft werden: Der Höchstsatz liegt bei 6.400 Euro im Monat. Das Jahreseinkommen von Nikolai Müller wird auf 2,5 Millionen Euro geschätzt.

Aus diesem Grund habe Müller – ebenso wie andere Profifußballer – eine private Zusatzversicherung abgeschlossen, berichtet die Hamburger Boulevardzeitung. Diese Sportversicherungen für die Topverdiener unter den Fußballern werden in der Regel über Lloyds of London zur Verfügung gestellt, einer privaten Versicherungsbörse, an der rund 50 Versicherer partizipieren, aber auch reiche Privatpersonen.

Risiken werden bei Lloyds wie am Markt gehandelt und von mehreren Geldgebern gleichzeitig versichert, die sich zu Syndikaten zusammengeschlossen haben. Notwendig ist das vor allem bei drohenden Schadenskosten, die so hoch sind, dass ein Versicherer allein sie womöglich nicht bewältigen kann – etwa Terrorrisiken bei Großveranstaltungen. Oder der Absicherung teurer Fußballstars. Die Beine des mehrmaligen Weltfußballers Christiano Ronaldo soll Real Madrid mit 206 Millionen Euro versichert haben, so will die spanische Zeitung "Sports" in Erfahrung gebracht haben.

Private Zusatzpolice vom Versicherungsmakler

Wie viel Geld Nicolai Müller von seiner Privatversicherung erhalten wird, kann das Hamburger Abendblatt nicht sagen: In der Regel sind die Summen vertraulich. Und doch bietet die Zeitung einen Einblick in die finanziellen Dimensionen solcher Policen. In Deutschland werden sie oft von dem Vermittler DP Sports vertrieben, einem Sportversicherungsmakler um Dieter Prestin. Kein Unbekannter in der Fußballwelt: Prestin spielte selbst von 1975-88 beim 1.FC Köln, konnte mit dem Verein eine Meisterschaft und drei Pokalsiege feiern. DP Sports bietet unter anderem eine Krankentagegeldversicherung für Sportler über Lloyds an.

„Der Monatsbeitrag richtet sich nach der Verletzungshistorie und dem Alter des Profis“, erklärt Prestin dem Hamburger Abendblatt. Und nennt Zahlen: Bei einem monatlichen Nettogehalt von 90.000 Euro zahle ein 18jähriger eine durchschnittliche Prämie von 3.000 Euro und ein 30jähriger bereits von 6.000 Euro, um sein Gehalt abzusichern. Die Verträge hätten eine Laufzeit von drei Jahren und orientieren sich auch an der Verletzungshistorie eines Sportlers.

Steigender Absicherungsbedarf

Einen steigenden Absicherungsbedarf für Bundesliga-Profis hat jüngst auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) beobachtet. „Wir sehen, dass der Absicherungsbedarf wächst und tendenziell höhere Versicherungssummen nachgefragt werden. Das gilt nicht nur für Marktwertversicherungen, sondern auch für Sportinvaliditätsversicherungen. Denn mit den Ablösesummen steigen ja auch die Gehälter“, sagte Michael Walther, Senior Medical Underwriter bei Ergo Specialty, im Interview mit dem Branchenverband.

Beim Schutz gebe es allerdings keine Standardlösungen für Fußballer. “Wir kalkulieren die Prämien für jeden Spieler individuell. Im Schnitt liegen sie bei rund einem Prozent der Versicherungssumme, wobei die Spanne von 0,6 bis 2,0 Prozent reichen kann. Das hängt vor allem vom Alter des Spielers ab”, so der Ergo-Experte.

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Die meisten Spieler hätten heute eine Sportinvaliditätsversicherung, berichtet Walter, die sie vor dem vorzeitigen Karriereende schütze. Die Versicherungssumme umfasse im Schnitt „drei Jahresnettogrundgehälter, aber das schwankt individuell.“ Und auch die Vereine sichern sich zunehmend mit sogenannten Marktwertversicherungen ab, falls sich ein teurer Neuzugang verletzen sollte und seine Karriere nicht fortsetzen kann. Manche Bundesliga-Vereine würden aber komplett auf Marktwertversicherungen verzichten oder nur wenige Top-Spieler absichern.

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