Nicht selten reicht im Pflegefall die Kostendeckung durch die Pflegeversicherung nicht aus. Die Unterbringung in einem Heim kann je nach Pflegestufe über 3.000 Euro im Monat abverlangen, innerhalb von fünf Jahren kommt so schnell eine Summe von über 100.000 Euro zusammen, wie das Portal Cash Online berichtet. Mit der Unterkunft allein ist es aber nicht getan. Hinzu kommen außerdem Zahlungen für Medikamente, Kleidung, medizinische und physiotherapeutische Behandlungen usw.

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Die gesetzliche Pflegeversicherung kann je nach Pflegestufe zwischen 1.023 Euro und 1.918 Euro im Monat für die Heimkosten beisteuern (vollstationäre Pflege), danach werden Einkommen sowie Vermögen des Pflegebedürftigen eingezogen. Reicht auch das nicht, wendet sich das Heim an das Sozialamt.

Angehörige in gerader Linie sind unterhaltspflichtig

Das Sozialamt finanziert die Kosten der stationären Behandlung zwar vor, versucht dann aber, die vorgestreckten Gelder wieder einzuholen. Dazu wird in einem ersten Schritt geprüft, ob der Pflegebedürftige in den letzten zehn Jahren Vermögenswerte verschenkt hat (beispielsweise Immobilien), welche gegebenenfalls wieder eingeholt werden. Das heißt: Wer als Angehöriger ein Haus geerbt hat, muss damit rechen, dass es im wieder weggenommen wird, sobald der Vererbende ein Pflegefall wird!

Im weiteren Verfahren ermittelt das Sozialamt die unterhaltspflichtigen Angehörigen entsprechend des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Es regelt die allgemeinen Bedingungen der Unterhaltsverpflichtungen zwischen Familienangehörigen.

Zunächst müssen die Ehegatten ihr Vermögen offenlegen, unabhängig von der Dauer der Ehe. Auch geschiedene Ehepartner können einbezogen werden, sollte der aktuelle Lebenspartner die Kosten nicht decken können. Haben alle Ehegatten gezahlt, kommen die leiblichen Kinder (Verwandte in gerader Linie) in Frage, auch sie haften gesamtschuldnerisch.

Freibetrag muss erhalten bleiben

Inwiefern Angehörige für den Unterhalt aufkommen müssen, orientiert sich an deren individueller Leistungsfähigkeit und dem Beitrag zum Einkommen der eigenen Familie. Die Leistungsfähigkeit lässt sich nur schwer errechnen und ist abhängig vom Freibetrag (Summe, die einem unterhaltspflichtigen Familienangehörigen zusteht, um seine eigene Lebensführung adäquat bestreiten zu können). Grob gesagt muss das leibliche Kind also Unterhalt leisten können ohne den eigenen Unterhalt dabei zu gefährden. Die eigenen Kinder sind vorrangig zu behandeln, erst danach kommen die Eltern.

Die Freibeträge für das laufende Einkommen werden durch die Oberlandesgerichte geregelt, die für Vermögenswerte durch das Sozialamt. Ersteres liegt seit 2013 bei 1.600 Euro für Alleinstehende und zusätzlichen 1.280 Euro für den Ehepartner. Berechnet wird das Einkommen aus dem Nettoeinkommen abzüglich Kreditraten (vor Eintritt des Pflegefalls), Unterhaltsverpflichtungen für eigene Kinder, Berufsbedingte Aufwendungen (Kosten für den Arbeitsweg) und die private Altersvorsorge (max. fünf Prozent des Bruttolohns).

Die Freibeträge für das Vermögen variieren je nach Sozialamt. Generell ist es bei einer Zahlungsanfrage möglich, einen Anspruch auf Ausgleich bei den Geschwistern geltend zu machen. Aber auch bei den Geschwistern gilt: das sogenannte Schonvermögen (Freibetrag der Vermögenswerte wie Wohneigentum und Autos) darf nicht angetastet werden. Erst wenn das Nettoeinkommen diesen Freibetrag übersteigt, werden üblicherweise 50 Prozent des übersteigenden Betrags für den Unterhalt angesetzt. Da die Einschätzungen der Sozialämter jedoch derart unterschiedlich sind, sollte ein Fachanwalt in jedem Falle hinzugezogen werden.

Auch Enkel haften

Weniger bekannt ist, dass auch Enkel indirekt haften, denn auch diese sind Verwandte in gerader Linie. Die nicht gedeckten Zahlungen verfallen nicht und können noch 30 Jahre später eingefordert werden.

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Nicht gegenseitig füreinander aufkommen müssen Geschwister, Verschwägerte oder noch weiter entfernte Verwandte. Kann jedoch aufgrund des Schonbetrags auf kein Einkommen oder Vermögen zurückgegriffen werden, dann übernimmt das Sozialamt letztendlich die Kosten. Die rechtzeitige Vorsorge und eine Vermögensaufteilung je nach Familienstand können sich hier lohnen.

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