Die Illusion war fast perfekt. Die Uniform saß majestätisch streng am Körper, auch die Orden prangten stolz auf der königlichen Brust. Doch die Ohren verrieten ihn. Diese Ohren standen nicht wirklich in dem Maße ab, wie man das gewohnt ist von Charles Philip Arthur George Mountbatten-Windsor, Fürst von Wales und Herzog von Cornwall, jenem smarten britschen Thronfolger, der so gern mit Pflanzen und Tieren spricht. Dieser Prinz Charles, der auf der größten Versicherungs- und Fondsmesse DKM zwischen den Ausstellungsständen hin und her stolzierte und sich mit Besuchern fotografieren ließ, war leider ein Double.

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Dennoch wollte die DKM sich auch in diesem Jahr die Krone als größte deutsche Versicherungs- und Finanzmesse nicht streitig machen lassen. Bereits zum 16. Mal fand die Messe nun in der Stadt des deutschen Fußballmeisters statt. Und wenn auch Prinz Charles nicht kam, so waren doch andere da, die in der deutschen Bevölkerung möglicherweise sogar eine größere Gefolgschaft hinter sich wissen als der Sonderling der englischen Königsfamilie. Dieter Bohlen etwa, König des Trash-Pop, der am Stand der VHV Versicherung zu einer Gesprächsrunde lud. Oder Joachim Löw, der in der Speakers Corner zugegen war und als Trainer der deutschen Nationalmannschaft eine Aufgabe hat, die einer Regentschaft nicht unähnlich ist. Zudem fanden sich über 300 Aussteller ein, die um die Gunst des Fachpublikums aus der Versicherungs- und Finanzwirtschaft buhlten. Mehr Stände, mehr Publikum und mehr Superlative gibt es auf keiner Finanzmesse in deutschen Landen.

Ein Widerspruch?: Das Bohlen-Prinzip und das Ringen um Seriosität

Ob Dieter Bohlen gut auf die Messe passte, darüber lässt sich trefflich streiten. „Ich bin nicht einer der erfolgreichsten Musikmanager in Deutschland, sondern der mit Abstand erfolgreichste“, stellte er gleich zur Begrüßung selbstbewusst klar. Und hatte für die Versicherungsvermittler Tipps parat, die er auch seinen Casting-Küken in den Fernsehshows gibt. Harte Arbeit, Disziplin, Glaubwürdigkeit und Persönlichkeit machen zusammengefasst das „Erfolgsprinzip Bohlen“ aus. Dieter gab sich als lockerer Gesprächspartner, der bei der anschließenden Autogrammstunde viel plauderte und viele Hände schüttelte. Keiner der anwesenden Finanzleute musste Angst haben, vortanzen und -singen zu müssen.

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Allerdings traf Dieter Bohlen auf eine Branche, die um ihr Selbstverständnis kämpft und sich zunehmend um Bescheidenheit bemüht, zumindest in der Außendarstellung. Ein Polarisierer wie Bohlen ist da nicht immer hilfreich. Nach den Erotik-Exzessen bei Ergo und Wüstenrot oder Negativschlagzeilen wegen Falschberatungen bei Riesterverträgen ist die Assekuranz bemüht, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Man merkte dies an den Werbeslogan bei den Messeständen, in denen auffällig häufig Begriffe wie „Fairness“, „Orientierung“ oder „Vertrauen“ auftauchten. Jene Eigenschaften also, die in der Beziehung zwischen Versicherungsgesellschaften, Vermittlern und Kunden selbstverständlich sein sollten, werden nun zum Gegenstand der Werbekampagnen gemacht. Man kann dies durchaus als ein Eingeständnis von Fehlern werten.

Hot Pants und Gimmicks

Zu dem Ringen um Seriosität passt nicht immer die Art und Weise, wie die Anbieter an ihren Ständen um die Gunst der Makler werben. Hostessen in Hot Pants, knappen Oberteilen und hochhackigen Schuhen sind auch auf anderen Branchentreffs vertreten, sei es eine Automobil-, Freizeit- oder Musikmesse. Aber in der männlich dominierten Versicherungsbranche geraten die Anbieter schnell in Sexismus-Verdacht. „Die erste Krankenversicherung, mit der man immer gut aussieht“, wirbt etwa die CSS Versicherung an ihrem Stand und bietet die Möglichkeit, sich gemeinsam mit einer ehemaligen Miss Schweiz fotografieren zu lassen.

Eine Messe ist eben immer auch ein bisschen Rummel, ist Jahrmarkt und in diesem Sinne auf Sensationen angewiesen. Da wundert es kaum, dass die Nürnberger Versicherung ein Zelt präsentiert, in dem sich die Besucher von einer Wahrsagerin die Zukunft prophezeien lassen können. Als „Rating-Agentur“ wird die Wahrsagerin angekündigt. Böse Stimmen könnten behaupten, dass diese Bezeichnung ganz treffend ist. Schließlich entpuppen sich mitunter auch die Prognosen von Standard & Poors oder Moodys als Budenzauber. Maskottchen in Tierkostümen, Gewinnspiele und kleine Präsente erinnern daran, dass es auf der DKM nicht nur um Fachthemen und geschäftlichen Erfolg geht. Sondern ein bisschen auch um Spaß.

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Ausgerechnet Dieter Bohlen macht sich dann um die Seriosität des Versicherungsvermittlers seine Gedanken. „Wenn ein Versicherungsvertreter auftritt wie Thomas Gottschalk, würde ich ihm höchstens ein Päckchen Gummibären abkaufen“, gab er den anwesenden Vermittlern mit auf den Weg. Die Makler sollen es also nicht zu bunt treiben - Und diese Forderung kommt aus dem Mund des Poptitans!

Hallo Nachwuchs! Der Jungmakler des Jahres wird gekürt

Apropos Dieter Bohlen - Wie kann man junge Menschen für die Assekuranz gewinnen? Das Nachwuchsproblem beschäftigt die DKM bereits seit mehreren Jahren. Es gibt einfach zu wenig junge Leute, die als Versicherungsvermittler tätig sein wollen. Das schlechte Image der Branche und zunehmende Risiken der Beratungshaftung tragen dazu bei, dass Versicherungsmakler bei Schulabgängern eher selten auf der Liste der Wunschberufe steht.

Deshalb fand am Ende der Messe tatsächlich so etwas wie ein Casting statt, bei dem die besten Nachwuchshoffnungen der Branche gekürt wurden. Jungmaklerin Jennifer Brockhofer und Jungmakler Sebastian Holfelder setzten sich gegen insgesamt 105 Bewerber durch. Die gelernte Bankkauffrau Brockhofer überzeugte in der Kategorie „Neugründung“ mit ihrer Vorsorgeberatung für junge Familien und Frauen. Versicherungsfachwirt Holfelder trumpfte in der Kategorie „Unternehmensübernahme/ -kauf“ mit der privaten Finanz- und Altersvorsorgeberatung seines Nürnberger Unternehmens auf. Beide konnten sich erfolgreich am Markt etablieren.

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Für die beiden Nachwuchskräfte gab es dann abschließend so etwas wie einen königlichen Moment. Bundestrainer Jogi Löw ließ es sich nicht nehmen, persönlich zur Auszeichnung zu gratulieren. Im Gegensatz zum stark polarisierenden Dieter Bohlen muss sich der gelernte Groß- und Außenhandelskaufmann Löw um seine Reputation keine Gedanken machen. Der Trainer der Fußball-Nationalmannschaft ist bundesweit ein Sympathieträger - Und war deshalb für die Messe eine Idealbesetzung.

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