Eine stärkere Finanzaufsicht, mit stärkerem Verbraucherschutz: So lässt sich die Zielsetzung des Gesetzes zur Stärkung der deutschen Finanzaufsicht zusammenfassen, dass der Bundestag am 25. Oktober 2012 billigte. Damit haben die Abgeordneten den Weg für die Gründung eines Ausschusses für Finanzstabilität (AFS) geebnet.
Diesem sollen drei Vertreter der Bundesbank, drei des Bundesfinanzministeriums (BMF) und drei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) angehören. Hinzu kommt, allerdings ohne Stimmrecht, ein Mitglied der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA).
Durch die engere Zusammenarbeit verschiedener Institutionen soll eine optimale Kenntnis relevanter Informationen gewährleistet werden. Der Ausschuss soll nämlich die Finanzstabilität überwachen, Warnungen aussprechen und Gegenmaßnahmen empfehlen. Mindestens vier Mal im Jahr soll das neue Gremium tagen und jährlich dem Deutschen Bundestag über die erfolgte Arbeit berichten.

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Bessere Sicht aus der Vogelperspektive: Die makroprudenzielle Überwachung

„Mit dem Aufbau einer makroprudenziellen Überwachung zieht Deutschland eine wichtige Lehre aus der Finanzkrise", begrüßte Dr. Andreas Dombredt, Mitglied des Vorstands der Deutschen Bundesbank, das beschlossene Gesetz zur Finanzstabilität (FinStabG). Die Deutsche Bundesbank befürworte, "dass die Makro-Überwachung jetzt einen klaren gesetzlichen Auftrag und damit ein eigenständiges Mandat erhalten hat."
Mit der "makroprudenziellen Überwachung", die Dombredt anspricht, ist die Beobachtung des gesamten Finanz- und Währungsmarktes gemeint - sozusagen aus der Vogelperspektive heraus. Im Gegensatz zur Makro-Überwachung steht die sogenannte "mikroprudenzielle Aufsicht".
Mit der mikroprudenziellen Überwachung liegt der Focus der Aufsicht auf einzelne Finanzinstitute. Der nun vom Bundestag beschlossene Gesetzentwurf führt beide Instrumente, die Makro-, sowie die Mikro-Überwachung, näher zusammen. In der Vergangenheit arbeiteten die Aufsichtsbehörden vermehrt mit der klassischen Mikro-Überwachung.

Neues Instrument der Empfehlung und Warnung

Durch diese neuwertige Makro-Überwachung besitzen die beteiligten Aufsichtsbehörden neue Werkzeuge zur Regulierung des Finanzmarkts.
Spricht der AFS - Ausschuss für Finanzstabilität - zum Beispiel an ein Versicherungsunternehmen eine Empfehlung oder Warnung aus, so ist ein solches Institut "verpflichtet, dem AFS in angemessener Frist aufzuzeigen", wie es "beabsichtigt, die Empfehlung umzusetzen, oder warum" das Unternehmen dieser Empfehlung nicht folgt.

Um sich ein genaues Bild vom Zustand eines Finanzinstitutes machen zu können, erhält die Bundesbank ein "weitgehendes Datenzugangsrecht" beteiligter Akteure. Um jedoch "die Belastung der Auskunftspflichtigen gering zu halten, sind vorhandene Daten im Inormationsaustausch von anderen Behörden zu erlangen.

"Verbraucherschutz rückt stärker in den Fokus"

Mit dem FinStabG wird ferner ein "Verbraucherbeirat" ins Leben gerufen. Versicherern und Banken wird außerdem ein bindendes Beschwerdeverfahren auferlegt. Damit sollen Verbraucher eine rechtssichere Handhabe bei Meinungsverschiedenheiten haben.
"Das Gesetz schafft die Grundlagen dafür, dass der Verbraucherschutz stärker in den Fokus der Finanzaufsicht rückt", freute sich Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner. "Ein gesetzliches Beschwerdeverfahren und der neue Verbraucherbeirat sind wichtige Instrumente, um Defiziten aus Verbrauchersicht besser nachgehen zu können", so Aigner. Schritt für Schritt stärke die Koalition damit den Verbraucherschutz bei den Finanzdienstleistungen.
Im Verbraucherbeirat sollen neben Vertretern von Verbraucher- und Anlegerschutzorganisationen auch das Bundesverbraucherministerium einen Sitz und eine Stimme haben. Außerdem wird das Verbraucherministerium erstmals auch im Verwaltungsrat der BaFin vertreten sein. Aigner verwies in diesem Zusammenhang auf ihre "Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen, die bereits erhebliche Fortschritte beim Verbraucherschutz erzielt" habe.
Als Beispiele dieses Verbraucherschutzes führte Aigner "insbesondere die Einführung der Beratungsdokumentation bei der Anlageberatung" an sowie "die Einführung des Produktinformationsblattes, die Regulierung des grauen Kapitalmarktes und die Stärkung der Stiftung Warentest im Bereich der Finanzprodukte mit zusätzlich jährlich 1,5 Millionen Euro."

Opposition stimmt gegen Finanzstabilisierungsgesetz

Der Gesetzentwurf für eine stärkere Finanzaufsicht wurde gegen das Votum der Linksfraktion und gegen die Stimmen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen verabschiedet. Stimmt der Bundesrat in seiner Sitzung am 23. November dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zu, kann das FinStabG zum 01. Januar 2013 in Kraft treten.

Die Opposition bemängelte den zu frühen Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes vor dem Hintergrund der Diskussion in der Europäischen Union, eine europaweite einheitliche Aufsicht zu gründen. Auch sei der Verbraucherschutz nicht stark genug berücksichtigt worden.
"Zahnlos" werde der Verbraucherbeirat sein, hieß es aus den Reihen der Grünen. Die Linksfraktion beanstandete, dass der Vorschlag des Bundesrates, einen "Finanzmarktwächter" und einen "Finanzmarkt-TÜV" ins Leben zu rufen, nicht im Gesetzentwurf zu finden sei.

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Keine verdecken Testberatungen durch die BaFin

Die Abgeordneten beschlossen ebenfalls, für Mitarbeiter der BaFin eine "Stellenzulage" zu schaffen. Damit sollen die Aufseher "qualifizierte Mitarbeiter" gewinnen. Um die Qualität der Finanzberatung bei Versicherungen und Banken unter die Lupe nehmen zu können, sprachen sich die Grünen in einem Änderungsantrag für "verdeckte Testberatungen" aus, für die die BaFin bevöllmächtigt werden sollte. Dieser Antrag fand keine Mehrheit. 313 Abgeordnete sprachen sich gegen diesen Antrag aus, 123 dafür und 124 Abgeordnete enthielten sich.

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