Fällt das Provisionsabgabeverbot, wären Vermittler und Verbraucher gemeinsame Verlierer

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Schwarzen Schafen unter den Vermittlern würde es jetzt besonders leicht gemacht, urteilt der SdV. Provisionen unter anderem für Lebensversicherungen werden bekanntlich diskontiert (bevorschusst). Für eine Police mit 200 € Monatsbeitrag über 30 Jahre Laufzeit wird eine Provision von etwa 3.000 € bezahlt, was rund 4 % der Beitragssumme entspricht. Wird z. B. die Hälfte dieser Provision an den Kunden gezahlt, weil dieser droht, sonst anderweitig abzuschließen, steht der abgebende Vermittler mit 1.500 € im Risiko: Zahlt der Kunde nicht mindestens 2 ½ Jahre lang Beiträge, muss der Vermittler an die Versicherungsgesellschaft mehr zurückzahlen, als ihm nach Provisionsabgabe überhaupt verblieben ist. Zahlt der Kunde nach Erhalt der Provision gar nicht, bleibt der Vermittler sogar auf einem Verlust von 1.500 € sitzen.

So wird der Vermittler auch zum ungewollten Kreditgeber an den Kunden: Es besteht durchaus die Gefahr, dass Menschen, die durch überzogenen Dispokredit, ratenrückständige Konsumentenkredite und unbezahlte Rechnungen nirgendwo mehr Geld bekommen, schnell auf die neue Möglichkeit der Geldbeschaffung kommen und Vermittlern hohe Vertragsabschlüsse anbieten gegen eine entsprechende Beteiligung an der Provision.
In Folge dieser unausweichlich bevorstehenden negativen Entwicklung wird es in naher Zukunft auch bei den Versicherern zu merklich erhöhten Forderungsausfällen kommen, da der Anteil vorzeitig stornierter Versicherungsverträge spürbar steigen wird und Rückforderungen unverdienter Provisionen gegen die betreffenden Vermittler deutlich öfter uneinbringlich sein werden. Diese Verluste gehen dann wiederum zu Lasten der Verbraucher, die ihre Versicherungsverträge laufend mit Beiträgen bedienen.

Versicherungsnehmer, die Abschlüsse im Rahmen der staatlich geförderten Altersversorgung tätigen, erhalten einen Teil dieser Förderung über den Umweg der Provisionsweitergabe sofort wieder ausgezahlt. Damit würde die staatliche Förderung teilweise ad absurdum geführt.

Vielfach wurde gegen das Verbot ins Feld geführt, dass Deutschland das einzige Land ist, in dem es ein solches Verbot gibt. Das widerstrebe den EU-Prinzipien, sagen die Befürworter der Abschaffung. Dabei sei daran erinnert, dass auch bei der Einführung der EU-Versicherungsvermittler-Richtlinie viele deutsche Besonderheiten berücksichtigt wurden, und das aus gutem Grund. Die deutsche Versicherungslandschaft ist nun mal über die letzten Jahrzehnte anders gewachsen bzw. hat sich anders ausgeprägt als in anderen Ländern und es ist daher gut so und im Sinne der deutschen Verbraucher, darauf Rücksicht zu nehmen. Es wäre ein Fehler, alles in ein einheitliches Korsett zu pressen. Das hilft niemandem und schadet mehr als es nützt.

Schließlich ist völlig ungeklärt, wie eine weitergegebene Provision steuerlich zu behandeln ist. Ist es beim abgebenden Vermittler Betriebsausgabe? Und wie wird die erhaltene Provision beim empfangenden Versicherungsnehmer besteuert?