Versicherungsbote: Herr Brauch, nach knapp 18 Jahren bei softfair haben Sie sich entschieden, einen neuen Vergleicher im Markt zu etablieren. Was hat Sie dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen?

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Matthias Brauch: Für mich stand nach vielen Jahren bei softfair fest, den Schritt in die Selbständigkeit zu gehen. Zunächst war geplant, mich voll und ganz auf meine Teilhaberschaft an der Firma wisoTech zu konzentrieren und hier meinen Kollegen in der Geschäftsführung zu unterstützen. Im Zuge dessen wurde ich von Branchenteilnehmern angesprochen, ob ich als Schuster nicht bei meinen Leisten bleiben möchte und die Motivation aufbringen würde, ein neues Vergleichsunternehmen aufzubauen und am Markt zu etablieren. Die Finanzierung, die beteiligten Unternehmen sowie insbesondere deren handelnde Personen und die Möglichkeit, ohne historische Lasten auf der “grünen Wiese” den Vergleich so umzusetzen, wie man es immer mal machen wollte - das hat mich schnell überzeugt.

In einem Interview sagten Sie, dass der Markt für einen unabhängigen Vergleicher aus Ihrer Sicht derzeit unbesetzt ist. Welche Lücke möchten Sie mit Comparit füllen, und wie planen Sie, sich von bestehenden Angeboten abzuheben?

Die Lücke scheint offensichtlich: die früher als Gestalter der Branche so wichtigen Vergleichsunternehmen verschwinden eines nach dem anderen unter den Dächern von großen Maklerhäusern oder Vertriebsorganisationen. So sichert man sich Ressourcen und USPs gegenüber dem Wettbewerb. Zudem sichert es den Vertriebsorganisationen in Zeiten von vernetzten Prozessen und Webservices auch eine gewisse Transparenz gegenüber den Wettbewerbern. Das findet einige Maklerteilnehmer nicht wirklich klasse, wie man sich denken kann und der Bedarf für einen neutralen Vergleicher für den ganzen Vermittlermarkt wird offenkundig.

Die Kollegen von Franke & Bornberg beziehungsweise von Softfair sehen sich selbst als unabhängige Vergleicher. Was halten Sie dagegen?

Zum Schluss ist es nicht entscheidend, wie ich persönlich die Unabhängigkeit der anderen Häuser sehe, sondern die Kunden und Interessenten. Dort scheint es bei einer relevanten Zahl von Marktteilnehmern eine eindeutige Meinung zugunsten eines Bedarfs für einen weiteren Vergleicher zu geben. Auch von Versicherungsunternehmen wird mir das Unbehagen gespiegelt, dass die Antrags- und Abschluss- sowie die weiteren Vertragsprozesse für viele unterschiedliche Marktteilnehmer zunehmend in die Hände einzelner Player fallen.

Comparit soll sich auf die Sparten der Privatversicherung beschränken. Warum haben Sie diese Entscheidung getroffen, und sehen Sie in Zukunft eine mögliche Ausweitung auf weitere Bereiche?

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Es ist richtig, dass zum aktuellen Zeitpunkt unser Fokus ausschließlich auf der Privatversicherung liegt. Hier sehen wir den größten Bedarf und unter Berücksichtigung der Antragsprozesse liegt viel Arbeit hinter und noch vor uns. Ich möchte aber nicht ausschließen, dass perspektivisch über die comparit-Plattform auch bestimmte betriebliche Altersvorsorge-, Krankenversicherungsprodukte oder gewerbliche Sachversicherungen verglichen werden können. Die Anforderungen - v.a. an die Prozesse bei Produktauswahl, Abschluss und Nachbearbeitung - sind hier teilweise jedoch deutlich unterschiedlich zur Privatversicherung, was die Nutzung von Synergien aus den Entwicklungen erschwert.

„Diversifizierung der Anteilseigner wichtiger als monetäre Aspekte“

Versicherungsbote: Sie betonen die Wichtigkeit der Unabhängigkeit von Vergleichsdiensten. Wie wollen Sie sicherstellen, dass Comparit unabhängig bleibt und den Maklern einen verlässlichen Partner bietet?
Matthias Brauch: Das ist mit der Satzung und der Eigentümerstruktur gewährleistet. Der Anteil der Investoren an Kapital und Stimmrechten ist danach auf 49% beschränkt. Dies ändert sich auch bei Aufnahme weiterer Investoren nicht, da in diesem Fall allein die Anteile der bisherigen Investoren abschmelzen. Dadurch ist dauerhaft ausgeschlossen, dass ein einzelner Marktteilnehmer oder eine Gruppe von Marktteilnehmer beherrschenden Einfluss auf die Geschäftspolitik erhält.

Comparit plant, weitere Investoren zu gewinnen. Welche Vorteile versprechen Sie sich von zusätzlichen Investitionen, und wie sollen diese das Wachstum des Unternehmens unterstützen?

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Mit weiteren Playern fließt kein weiteres Geld in die Firma, sondern die Anteile der bisherigen Investoren schmelzen ab. Für uns als Brancheninitiative ist die Diversifizierung der Anteilseigner erst einmal wichtiger als monetäre Aspekte. Unsere Investoren verpflichten sich, comparit im eigenen Unternehmen einzusetzen. Und je mehr Vermittler:innen unsere Plattform nutzen, desto höher nicht nur die Lizenzeinnahmen, sondern umso relevanter werden wir auch für die Versicherungsunternehmen und deren entscheidende Zuarbeit und Unterstützung.

Mit der Übernahme von ObjectiveIT hat Comparit auch dasVergleichsprogramm Levelnine erworben. Welche strategische Bedeutung hat diese Akquisition für die weitere Entwicklung von Comparit?

Die ObjectiveIT GmbH passt mit ihrem hochmotivierten Team und ihrer seit vielen Jahren ausgewiesenen Expertise im Bereich der Personenversicherung hervorragend zu uns. Die Synergien aus der Zusammenarbeit kommen dabei sowohl unseren neuen Produkten als auch den weiter angebotenen und entwickelten Levelnine-Vergleichsrechnern zugute. Wir beschleunigen damit den Markteintritt der comparit v.a. im Bereich der Vergleiche für die Kranken- und Kfz-Versicherung.

Sie haben angekündigt, dass Comparit bis Mitte 2024 zwischen 30 und 40 Mitarbeiter umfassen soll. Welche Schlüsselpositionen möchten Sie besetzen, und wie sehen Sie die Entwicklung des Teams in den nächsten Jahren?

Aktuell umfasst die Belegschaft der comparit knapp 30 Mitarbeiter*innen, aber die Menge der Kolleginnen und Kollegen ist natürlich nicht entscheidend. Viel wichtiger ist es, die entsprechenden Führungspositionen mit den kompetenten Personen zu besetzen und wer als Branchenkenner mal auf unsere Website schaut, der wird merken, dass sie oder er doch in teilweise bekannte Gesichter schaut. Die Kolleginnen und Kollegen haben sich dabei teilweise wie ich entschlossen, den sicheren Job aufzugeben und sich in unser Abenteuer comparit zu stürzen. Dabei kann man durchaus beobachten, wie wichtig die Vision hinter einer Firma ist und dass unsere Vision auch trägt.

Comparit verfolgt einen API-first-Ansatz und setzt auf digitale Strecken zwischen Versicherern und Maklern. Wie planen Sie, diese technische Vision umzusetzen, und welche Vorteile erwarten Sie sich davon?

Durch die Priorisierung der API-Entwicklung können Anwendungen in unabhängige Module aufgeteilt werden, was eine flexiblere und skalierbare Architektur ermöglicht. Unsere Entwickler können gleichzeitig an verschiedenen Teilen der Anwendung arbeiten, indem sie klare Schnittstellen definieren und veröffentlichen, was die Integration und die Zusammenarbeit mit unseren Stakeholdern erleichtert. APIs fördern die Wiederverwendung von Code und Funktionalitäten über verschiedene Anwendungen hinweg, was die Entwicklung beschleunigt und die Wartung vereinfacht.

Welche Rolle spielen Versicherungsmakler und -pools in Ihrer Geschäftsstrategie, und wie möchten Sie diese Partner in die Weiterentwicklung von Comparit einbinden?

Mit der comparit-Plattform verbinden wir Versicherungsmakler, -pools und Versicherer. Um Prozesse von Beginn an optimal zu gestalten, arbeiten wir sehr eng mit unseren Kunden, Investoren und den Nutzer*innen zusammen, v.a. technisch, aber auch als Ideengeber für die Weiterentwicklung.

Sie haben erklärt, dass Comparit sich ausschließlich über Lizenzgebühren finanzieren soll. Wie realistisch schätzen Sie dieses Finanzierungsmodell ein, und welche Maßnahmen ergreifen Sie, um die Gewinnschwelle zu erreichen?

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Meiner Kenntnis nach finanzieren sich alle Vergleicher am Markt v.a. über Lizenzgebühren und das seit teilweise über 30 Jahren durchaus erfolgreich. Es gibt keinen Grund, warum uns das nicht auch gelingen sollte, sofern es uns gelingt, in den nächsten zwei Jahren dem Markt ein konkurrenzfähiges Angebot präsentieren zu können. Die Nachfrage scheint auf jeden Fall vorhanden zu sein.

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