Zum Ende des Jahres konnte ich einige Maklermeetings für einen Lebensversicherer im Norden und Osten Deutschlands mit Vorträgen und interessanten Diskussionsrunden begleiten. Da es sich bei den Teilnehmern fast ausschließlich um Inhaber größerer Maklerunternehmen handelte, waren die Erwartungen an die Inhalte der Treffen und auch die diskutierten Themen und Fragen natürlich andere als bei Beratungsthemen für Einzelunternehmer. Daher möchte ich in der letzten Kolumne des Jahres 2023 meine Gedanken zu fünf ausgewählten Themen von allgemeinem Interesse darlegen.

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Frage: Wie können wir uns den Maklermarkt 2030 vorstellen?

Natürlich ist es ein wenig wie in die Glaskugel zu schauen, wenn man über den Maklermarkt in knapp sieben Jahren nachdenkt. Aber es gibt bereits Trends und Entwicklungen, die Erwartungen möglich machen. Zunächst wird sich die gesamte Volkswirtschaft in Deutschland weiterhin im Spannungsbogen der Megatrends befinden, die sich auch gegenseitig beeinflussen. Dazu gehören Tendenzen zur Vertiefung, aber auch des möglichen Rückzuges aus der Globalisierung, abhängig von den geopolitischen Entwicklungen.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Auf Kunden und Mitarbeiter der größeren Maklerfirmen wirken die Megatrends des New Works ebenso wie der weiter zunehmenden Konnektivität, der Individualisierung und der Wissenskultur, die durch die Künstliche Intelligenz (KI/AI) wesentlich beschleunigt werden wird.

Dazu kommen die Trends in Europa und Deutschland selbst, die (auch) durch die Politik verursacht oder beeinflusst werden. Dazu gehören die zunehmende Regulierung des Versicherungs- und Finanzanlagemarktes, steigende Anforderungen an den Verbraucherschutz, ein wachsendes Sicherheitsbedürfnis und natürlich auch die demografische Entwicklung in zahlreichen Ländern, so auch in Deutschland.

All diese und weitere Trends werden ihre Spuren im Maklermarkt hinterlassen. Deshalb gehe ich heute davon aus, dass die demografische Entwicklung mittelfristig zu einem Rückgang der Zahl der Maklerinnen und Makler in Deutschland führen wird und dass die Konsolidierung des Marktes zu mehr mittelständischen und größeren Maklerunternehmen mit mehr Kunden und mehr betreuten Verträgen führen wird.

Die Rolle der Maklerpools und einiger Verbände und Genossenschaften als digitale Dienstleister wird zunehmen. Auf dem aufsteigenden Ast sehe ich auch Online-Plattformen und InsureTechs. Diese werden das Potenzial haben, die Kunden zunehmend im „einfachen“ Geschäft abzuholen und zu betreuen. Die Versicherer reagieren darauf bereits mit immer mehr standardisierten Produktangeboten, welche Kunden per Selfservice auf verschiedenen Vertriebswegen selbst abschließen können.

Mittlere und größere Maklerunternehmen haben das Potenzial und die Ressourcen, diese Trends umzusetzen und das Feld nicht ganz den „Großen“ zu überlassen, wenn jetzt die Weichen für die entsprechende technische Infrastruktur und entsprechend ausgebildetes und motiviertes Personal gestellt werden.

Frage: Ist es wirtschaftlicher jetzt Bestände zu kaufen oder sollte man eher im eigenen Bestand zu arbeiten?

Grundsätzlich sind die Chancen und Potenziale, die sich aus der Konsolidierung des Maklermarktes ergeben, natürlich reizvoll. Viele Maklerinnen und Makler werden in den nächsten sieben Jahren die Möglichkeit einer Nachfolge durch Verkauf, Verrentung oder andere Übergabeformen nutzen. Dadurch können junge und mittlere Maklerunternehmen schneller wachsen und sich regionale oder überregionale Marktanteile sichern. Hinzu kommt, dass auch in den Beständen der Ausschließlichkeitsvermittler die Spanne zwischen Vermittlern und Kundenzahl immer größer wird und eine verstärkte Kundenwanderung zu den „noch“ bestehenden Maklerunternehmen zu erwarten ist.

Dennoch hängt die Entscheidung für oder gegen einen Kauf von einer Reihe von Faktoren ab, die potenzielle Käufer berücksichtigen müssen. Neben den finanziellen Herausforderungen der Investition sind die technischen Möglichkeiten für eine effiziente Bestandsübernahme, die Ressourcen für die Betreuung, die eigenen Spezialisierungen auf Sparten oder Zielgruppen sowie das generelle Beratungs- und Vermittlungsmodell zu berücksichtigen.

Betriebswirtschaftlich sind Bestandskunden meist die wichtigste Ressource für Unternehmen, so auch für Maklerfirmen. Sie stellen eine stabile Umsatzquelle dar, die meist auch der Träger der laufenden Personal- und Sachkosten sind oder sein sollten. Bestandskunden sind oft loyaler und offener, wenn es um neue Beratungsthemen und Vermittlungen geht. Die Vertrauensbasis zum Unternehmen ist größer als bei Neukunden oder bei übernommenen Kunden. Deshalb rate ich Maklerinnen und Maklern vor einem Kauf sich mit den Potentialen im eigenen Bestand zu befassen und Potentiale durch eine Bewertung aufdecken zu lassen.

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Im Meinungsaustausch mit den Inhabern von mittleren Maklerfirmen wurde immer wieder deutlich, dass man Potentiale – oft unbewusst - liegen lässt. Das gilt besonders für spezialisierte Maklerunternehmen auf bestimmte Zielgruppen oder Sparten. Wenn ein Makler beispielsweise Sanitärfirmen als Zielgruppe hat und bisher grundsätzlich Privat- und KFZ-Geschäft abgelehnt hat, dann ist es eine Überlegung wert, wie man seinen Zielgruppen-kunden auch in diesem Bereich Lösungen anbieten kann. Das kann durch eine Aufstockung des eigenen Personals, durch technische Lösungen wie Onlineberatung und Onlineabschlüsse oder durch Kooperationen mit passenden Maklerkollegen erfolgen, die dem Prinzip Facharzt und Allgemeinarzt folgen kann.

Frage: Wann sollte man sich als Inhaber einer Makler-GmbH mit der Nachfolge befassen?

Wann sollte sich eine Makler-GmbH mit dem Thema Nachfolge befassen? Je nach Situation kann die erforderliche Zeit zwischen zehn und zwei oder drei Jahren liegen. Wird ein interner Nachfolger oder Geschäftsführer aufgebaut, dann kann dies eben deutlich länger dauern als die Vorbereitung auf einen Verkauf. Ich denke da auch an das Heranziehen von Kindern des Maklers oder der Maklerin zu Nachfolgern, besonders dann, wenn diese zunächst einen anderen beruflichen Weg als der Vater oder die Mutter eingeschlagen haben und sich später dann doch für das elterliche Unternehmen interessieren.

Für die Vorbereitung eines Unternehmens zum Kauf empfehle ich mindesten zwei Jahre an Vorbereitungszeit, die mit der Ermittlung des Wertes, der Stärken und Schwächen des Unternehmens oder Bestandes sowie möglicher Stellschrauben zur Wertsteigerung beginnen sollte. Dazu kommen dann noch notwendige Regelungen für den Notfall und Verfügungen, wenn plötzlich verlorene Grundfähigkeiten eine weitere Arbeit als Makler nicht mehr zulassen. Eine gute Vorbereitung einer umfassenderen individuellen Beratung kann auch die Fachbroschüre „Nachfolge- gewusst wie“ darstellen.

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Besteht schon eine GmbH oder GmbH & Co. KG, dann können für eine mittelfristige Nachfolgeplanung auch die Möglichkeit der Gründung einer Holding oder die Überprüfung der Satzung in Sachen Abfindung und Bewertung wichtige Themen sein. Eine Holdingstruktur kann beispielsweise zur Sicherung des Unternehmensvermögens in Frage kommen. Hinzu kommt die Möglichkeit, Steuern zu sparen. Unter dem Stichwort „Holding-Gewinnabführung“ sollt man sich dann einmal beraten lassen.

Frage: Was sind die Stellschrauben für die Wertsteigerung in meiner Makler-GmbH?

Aus den Erfahrungen der Beratung und Zusammenarbeit mit Maklerfirmen gibt es immer unter mehreren Möglichkeiten zwei oder drei Stellschrauben, die relativ schnell zur Wertsteigerung beitragen. Das beginnt mit ganz einfachen organisatorischen Maßnahmen im Unternehmen wie einer effektiveren Arbeitsteilung, einem zur Firma passenden Zeitmanagement, einem wirksamen Konzept für Kundenkontakte oder dem Erschließen von Ressourcen durch Online-Beratung.

Als zweite Stellschraube würde ich die aktuellen technischen Möglichkeiten des Maklerverwaltungsprogramms sowie der effektiven Datenpflege und Kundenkommunikation unter die Lupe nehmen. Zahlreiche Umsatzthemen können damit positiv beeinflusst werden. Perspektivisch kommen neue Möglichkeiten über die System der Künstlichen Intelligenz dazu.

Die dritte Stellschraube stellt für mich das Beratungskonzept und dem folgend die Anzahl der Verträge pro Kunde dar. Diese Stellschraube ist bei den wenigsten mittelständischen Maklerfirmen auf 100 Prozent gestellt. Besonders bei langjährigen Kunden hat die Betreuungsintensität nach dem Start der Kundenbeziehung nachgelassen und verdient es wieder aufgefrischt zu werden.

Exemplarisch möchte ich noch Stellschraube Nummer 4 aufführen, die ich in der Schwerpunktlegung auf wiederkehrende Einkünfte, auskömmliche Vergütungen und zusätzliche Einnahmen aus Beratungen gegen Honorar bzw. aus Servicevereinbarungen mit den Kunden sehe. Gerade zum Jahresbeginn oder mit der Übernahme von Neukunden oder übernommenen Kunden lassen sich solche Veränderungen im Beratungskonzept gut umsetzen.

Frage: Welche Chancen und Risiken ergeben sich aus unserer Spezialisierung?

Grundsätzlich sind Spezialisierungen meist umsatz- und ertragsträchtiger als Allround-Geschäftsmodelle. Das ist auch in anderen Berufssparten so. Allerdings gilt es jährlich aufmerksam zu prüfen, ob sich daraus Risiken ergeben könnten, denen man gegensteuern muss. Deshalb sollten Abhängigkeiten von einzelnen Kunden, Kundengruppen und Sparten durch ein Mindestmaß an Diversifizierung bzw. einen Plan B abgefedert werden.

Eine 100%ige Abhängigkeit kann bei Änderungen von rechtlichen Maßgaben sehr schnell zu einem Fiasko führen. Dazu kommt auch ein wachsender Grad an Betriebsblindheit, der eine Neuorientierung oder Rückkehr zu einem anderen Beratungsschwerpunkt erschwert.

Bei hoher Spezialisierung wurde zudem oft ein spezielles Kundengewinnungs- und Beratungskonzept entwickelt, das zwar effektiv, aber eben auch starr ist, wenn man ein Geschäftsmodell zur Gewinnung von Zielkunden nur über das Internet, über Leads, denkt. Denn auch Suchmaschinen wie Google werden durch die neue Konkurrenz der KI einem Veränderungsprozess unterliegen.

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Fazit: Wie bei den anderen Themen auch, können individuelle Handlungsempfehlungen auf Fragen von Firmeninhabern nur im konkreten Kontext gegeben werden. Was dem einen Unternehmen gut tut, kann dem anderen Unternehmen schaden. Auf jeden Fall lohnt es sich, über strategische Fragen mindestens einmal im Jahr nachzudenken und sich aufzumachen, zu einem neuen Kurs. In dem Sinne Dank allen Lesern 2023 mit besten Grüßen von Ihrem @AssekuranzDoc.

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