Am Anfang war alles gut. Die vorher als Einzelmakler tätigen Karl-Heinz S. und Thomas K.* aus Sachsen (Namen geändert) waren voller Tatendrang. Man mochte sich persönlich und so wurde die Idee einer gemeinsamen Makler-GmbH Anfang der 2000er Jahre umgesetzt. Jeder hatte seine Spezialdisziplin, in der die Kunden beraten wurden. Die Beratung zu privaten Versicherungen wurde zunehmend auch von den ersten Mitarbeiterinnen übernommen. Es dauerte auch nicht lange, dass eine Umsatzgröße von einer halben Million anvisiert wurde.

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Eigentlich hätte alles gut weiterlaufen können, aber in den Routinen der Tage und Wochen schlichen sich immer häufiger Meinungsverschiedenheiten über die Anteile am Erfolg ein. Verbale Sticheleien mündeten sukzessive in heftigen Wortgefechten, die dann durch wochenlanges Schweigen und aneinander vorbeiarbeiten abgelöst wurden. Es dauerte nicht lange, bis das „gemeinsame Tischtuch der Firma“ durchschnitten werden sollte. Eine Aufspaltung der gemeinsamen GmbH stand an und wurde durch eigenmächtige Bestandsverschiebungen der einen Seite immer mehr vertieft.

Streitigkeiten der Gesellschafter wirken sich auf Kunden und Mitarbeiter aus

Streitigkeiten von Gesellschaftern von Firmen, in Vorständen von Großunternehmen oder unter Großaktionären entwickeln sich teilweise so heftig, dass diese es sogar in die Medien schaffen. Denke wir nur an die Auseinandersetzungen vor einigen Jahren bei Volkswagen, wo sich die Großaktionäre Porsche und das Land Niedersachsen vor Gericht wiederfanden, als es um die Kontrolle bei dem Autobauer ging.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Ebenfalls aus der Vergangenheit im Gedächtnis geblieben sind die Auseinandersetzungen der Großaktionäre von EADS. Damals waren die Großaktionäre Daimler-Chrysler, Lagardère und der französische Staat über einen Aktionärspakt verbunden. Daimler und Lagardère wollen damals ihre Aktienanteile reduzieren und es kam vor dem Hintergrund des enormen Finanzbedarfs für die EADS-Tochter Airbus und das damalige Großprojekt A350 zu massiven Auseinandersetzungen. So die Erinnerungen an Auseinandersetzungen zwischen den Gesellschaftern beziehungsweise Aktionären aus der globalen Wirtschaft der Vergangenheit.

Doch auch im Segment der Versicherungs- und Finanzanlagevermittler entwickeln sich in deren GmbHs oder GmbH & Co. KGs im Laufe der Tätigkeit Spannungen, die – wenn nicht rechtzeitig gegengesteuert wird – schnell eskalieren können. Das Rad der Auseinandersetzung dreht sich immer schneller. So auch in diesem Praxisfall. Die Streitigkeiten zwischen den Gesellschaftern begannen zu eskalieren, auch nach fast 10 Jahren gemeinsamer Arbeit bei Karl-Heinz S. und Thomas K.

Es dauert dann nicht lange, dass auch die Mitarbeiterinnen und Kunden mit einbezogen werden. Mitarbeiter werden „gezwungen“ sich zur einen oder anderen Seite zu positionieren. Kunden müssen sich entscheiden, von welchem der Gesellschafter/Geschäftsführer man betreut werden möchte.

Emotionale Verhärtungen führen zu langwierigen gerichtlichen Auseinandersetzungen

Mit jedem Tag, an dem man nicht mehr miteinander spricht, sich nicht mehr grüßt und auch bisherige Absprachen zur Arbeitsteilung nicht mehr eingehalten werden, vertiefen sich die Gräben zwischen Karl-Heinz S. und Thomas K.*. Kleine Gemeinheiten zwischen den ehemals befreundeten Maklern zogen in den Alltag ein. Größere Teile der Umsätze des einen oder anderen wurden nicht mehr in die gemeinsame Firma eingebracht, wie die späteren Auseinandersetzungen zeigten.

Irgendwann war der Punkt erreicht, dass sich Gesellschafter aus der gemeinsamen Firma verabschieden wollten und sich mit einem Teil des Kundenstamms wieder „selbständig“ machen wollen. Und an diesem Punkt erfolgte inzwischen die Kommunikation nur noch über die Anwälte und deren Steuerberater. Oftmals ist es mir in solchen Auseinandersetzungen gelungen, im Interesse der beiden Seiten, des Unternehmens und der Kunden moderierend einzugreifen und den Gang vor Gericht zu vermeiden. In diesem Falle aber nicht.

Ist sprichwörtlich „die Karre erstmal in den Dreck gefahren“, kommt man selbst kaum noch heraus. Denn diese Auseinandersetzungen haben nicht nur eine monetäre Seite, es geht nicht nur um Anteile an gemeinsam geschaffenen Werten, im Endeffekt um Geld. Es geht auch um persönliche Verletzungen, verlorenes Vertrauen und um festgefahrene Kommunikation.

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Um gar nicht erst an diesen Punkt bei Meinungsverschiedenheiten zu kommen, gilt es bei neuzugründenden Makler-GmbHs mit mehreren Gesellschaftern, den Gesellschaftsvertrag (GmbH-Satzung) auch vom worst case her zu bedenken. Diese gilt auch in Gesellschaften, die zum Start sich nur einen Gesellschaftsvertrag aus dem Web gezogen haben.

Ein guter Gesellschaftsvertrag regelt auch Auseinandersetzungen und Abfindungen

Der geschilderte Fall zeigt – bevor wir uns hier mit Regelungen im Gesellschaftsvertrag befassen – ein von Beginn an mangelhaftes professionelles Kommunikationsverhalten sowie ein nicht ausgeprägtes Konfliktmanagement. Ein wenig erinnert dies auch an Auseinandersetzung in Partnerschaften, die im Endeffekt aus mangelnder Kommunikation und Kompromissbereitschaft sowie fehlenden gemeinsamen Zielen resultieren.

Oftmals gibt es keine regelmäßigen Geschäftsführer – und/oder Gesellschaftermeetings, in denen Ziele, Aufgaben und Probleme besprochen werden. Dies setzt sich in der Führung der Mitarbeiter fort, wo wochen- und monatelang keine strukturierten Gespräche geführt werden, wenn man einmal den Small-Talk an der Kaffeemaschine vernachlässigt. All das lässt sich aber organisieren und auch lernen. Und das ermöglichen meine Beratungen diesen Unternehmern.

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In den in letzter Zeit von mir beratenen Maklerunternehmen wurden beispielsweise Muster für Stellenbeschreibungen in Maklerunternehmen oder der Leitfaden für Jahresgespräche mit Mitarbeitern als Anregungen gerne aufgenommen, weil man als Vermittler diese Themen noch nicht auf der Tagesordnung hatte.

Wenden wir uns auch der Vereinbarung zwischen Gesellschaftern oder Aktionären zu. Ein guter Gesellschaftsvertrag regelt auch die Lösung von Auseinandersetzungen, bestimmen das Konfliktmanagement beispielsweise über einen GmbH-Beirat oder einen Mediator, bevor die Situation so verfahren ist, dass man aus dem Konflikt nicht mehr herauskommt. Nichts ist kontraproduktiver, als wenn sich Gesellschafter/Geschäftsführer wie Karl-Heinz S. und Thomas K.* per Standard-Satzung gegenseitig versuchen abzuberufen oder sich die Gesellschaftsanteile zu entziehen.

Standard-Satzungen aus dem Internet, in denen das Thema des Ausscheidens von Gesellschaftern, die damit verbundene Art der Wertermittlung für die Abfindung, eine Regel für eine mögliche Aufspaltung des Unternehmens und des Bestandes nicht oder unzureichend geregelt sind, verschärfen die Konfliktsituation massiv. Greifen wir deshalb exemplarisch das Thema Wertermittlung für das Ausscheiden eines Gesellschafters über eine Abfindung oder für den Fall der Vererbung von Gesellschaftsanteilen heraus.

In zahlreichen Gesellschafterverträgen für Makler-GmbHs wird als Basis für Abfindungen die Formulierung „zum Verkehrswert“ herangezogen. In der Literatur und Praxis für Wirtschaftsprüfer wird zur Ermittlung des Verkehrswerts im sogenannten IDW.S1-Verfahren ein Gutachten erstellt. Liegt nur das vor, ist keine Seite glücklicher, da über diesen Weg nur selten die Spezifik der Wertermittlung von Maklerfirmen und/oder deren Beständen möglich ist.

Ein reines Ertragswertverfahren wird der Branche der Versicherungs- und Finanzanlagemakler einfach nicht gerecht. Deshalb ist es besser, hier ein der Branche entsprechendes Verfahren konkret in die Satzung aufzunehmen. Und so geht das durch mehrere mögliche Konfliktfelder bei einer Trennung zwischen Gesellschaftern, fast wie in einer Scheidungsauseinandersetzung im Privaten.

Aufspaltung einer GmbH und Vorkaufsrecht

Ist der Konflikt zwischen Gesellschaftern einer Makler-GmbH nicht mehr zu lösen, dann kann eine vorab definierte Aufspaltung der Gesellschaft in verschiedenen Formen erfolgen, die nach § 123ff. UmwG gesellschaftsrechtlich möglich sind. Vorab in der GmbH-Satzung definiert kann beispielsweise heißen, dass im Gesellschaftsvertrag eine Regelung zu den Kundenbeständen im Fall einer Trennung der Gesellschafter oder die Aufspaltung der GmbH erfolgt. Möglichkeiten wären:

  • Jeder auch bei der Beratung und Vermittlung tätige Gesellschafter kann seine ursprünglich eingebrachten Kundenverbindung bei der Aufspaltung der GmbH wieder mitnehmen. Dazu ist der Ursprungsbestand zu sichern und zu dokumentieren.
  • Alle gemeinsam gewonnenen und beratenen Kunden werden nach Umsatz entsprechend der Gesellschaftsanteile aufgeteilt. Auf eine Berechnung von unterschiedlichen Beratungsleistungen mit höherem oder niedrigerem Umsatz wird verzichtet.
  • Bis zum Stichtag noch nicht ausgeschüttete Erträge werden entsprechend der Gesellschaftsanteile aufgeteilt, in gleicher Weise wird mit möglichen Firmendarlehen verfahren.
  • Es gibt eine Regelung zu Namens- und Lizenzrechten, Technik und Mitarbeitern.

Sinnvoll ist für diesen Konfliktfall auch die steuerliche Betrachtung einer Aufspaltung nach aktueller Gesetzgebung nach § 15 UmwStG. „Das Ganze ist grundsätzlich steuerneutral möglich, es gilt aber das sogenannten. doppelte Teilbetriebserfordernis, was ein nicht unerheblicher Aufwand in der Darstellung und auch ein relativ großes Risiko in der steuerlichen Beurteilung durch das Finanzamt ist“, wie Steuerexperte Maxim Hauch hervorhebt.

Schauen wir uns ein letztes Beispiel für eine Konfliktvermeidung in einer GmbH-Satzung an. Hier das Thema Vorkaufsrecht, wenn ein Gesellschafter ausscheiden will oder durch Krankheit oder Tod das Thema Übernahme von Gesellschaftsanteilen auf die Tagesordnung rückt. Auch für diesen Fall ist eine Regelung in der Satzung besser als keine Regelung. Je exakter diese ausformuliert ist, umso besser. Gilt das Vorkaufsrecht auch beim Verkauf von Teilbeständen oder nur bei kompletter Abgabe von Gesellschaftsanteilen? Welche Fristen sind dazu einzuhalten?

Bei den aufgezeigten Details wird deutlich, welches Potential für juristische Auseinandersetzungen in einer „schlechten“ Satzung besteht. Gerade bei 2-Personen-Gesellschaften ziehen sich diese Auseinandersetzung sehr lange hin, denn der Richter wird darauf schauen, was beide Seiten wollen. Bis dann ein Kompromiss gefunden ist, vergehen Jahre, werden Gutachter eingeschalten und die Rechtsanwälte freuen sich über die Honorare.

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Dem an Details zur GmbH-Gründung und der Ausfertigung der Satzung interessierten Leser empfehle ich die ausführlicheren Darlegungen in „Neuer Kurs für Maklerunternehmen“, die Startern und „alten Hasen“ wichtige Hinweise auch zum heutigen Thema geben können – meint Ihr AssekuranzDoc.

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