Orientierung bieten ein klares Zielbild, wohin sich das Unternehmen bewegen soll sowie das Bewusstsein und die ehrliche Reflektion der Ausgangslage als Startpunkt. Viele Unternehmen folgen traditionellen Mustern wie starren Hierarchien, funktionsorientierten Abteilungen, einer klaren Top-down-Führung und zeigen eine geringe Fehlertoleranz. Um sich einem moderneren Organisationsmodell anzunähern, könnte der Fokus zunächst auf der Einführung und Etablierung agiler Projektorganisation liegen. Es ist auch sinnvoll, die Verantwortung für die Organisationsentwicklung als eigene Rolle, eigenes Team oder eigener Bereich im Unternehmen zu etablieren, ausgestattet mit einem entsprechenden Mandat.

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In Unternehmen, in denen die organisatorische Evolution weiter fortgeschritten ist, findet man oft flachere Hierarchien und erste selbstorganisierte Teams. Agile und Lean-Methoden haben bereits in verschiedenen Abteilungen Anwendung gefunden. Zudem werden eine offene Kommunikation und transparente Entscheidungsfindung zumindest in ersten Ansätzen gelebt. In solch fortgeschrittenen Organisationen sind die Erfolgsaussichten für die Transformation von Pilotgruppen oder einzelnen Gesellschaften eines Konzerns, im Sinne der organisatorischen Ambidextrie, deutlich größer.

Die organisatorische Veränderung als „Big Bang“ sollten nur Unternehmen wagen, die schon eine hohe Reife bezüglich des organisatorischen Rahmens aufweisen können. Auch hier wird die modell-romantische Organisationsentwicklung auf eine unternehmens-wirtschaftliche Realität treffen: Wenn bspw. festgestellt wird, dass es weiterhin Kompetenzen wie Marktforschung, IT oder Aktuariat gibt, die nicht als volle Kapazität in jedes einzelne crossfunktionale Team gesteckt werden können. Aber auch in solchen Fällen werden, mit Blick auf ein gemeinsames Ziel, tragfähige Lösungen und Kompromisse gefunden werden.

Strategie als stabilisierender Rahmen

Rückblickend auf unsere Fahrzeug-Metapher bedeutet dies, dass ein notwendiger Umbau des Fahrzeuges auf der Reise von A nach B durchaus möglich ist. Voraussetzung ist, dass das Auto beispielsweise von einem Zug, Lkw oder sonstigen rahmengebenden Transportmittel gestützt wird. Dabei muss den Fahrzeugführenden klar sein, dass die Reise in dieser Zeit nicht in gewohnter Geschwindigkeit erfolgen kann. In der Praxis ist dieser stabilisierende Rahmen für die organisatorische Transformation das bereits genannte Zielbild. Das beinhaltet eine klare Vision, Werte und eine Unternehmenskultur, die entsprechend der gewählten Organisationsansätze integrativer und fehlertoleranter ist.

Dazu gehört, dass Führungskräfte sich weniger auf disziplinarische Führung, Delegation und Überwachung fokussieren. Vielmehr stehen Orientierung, Unterstützung und Befähigung im Mittelpunkt und prägen damit das Mindset und die Kultur des gesamten Unternehmens. Zu diesem Rahmen gehören aber auch die hybriden Arbeitswelten und neuen Formen der Zusammenarbeit, um den Transformationsprozess bestmöglich zu begleiten.

Intrinsische Motivation der Mitarbeitenden ist entscheidender Erfolgsfaktor

Veränderungsprozesse im Unternehmen erfordern eine hohe Belastbarkeit der Mitarbeitenden. Die Belastbarkeit korreliert verständlicherweise mit der Motivation aller, diese Veränderung erfolgreich (mit) zu gestalten. Verschiedene, mittlerweile auch belegte, Theorien zeigen, dass insbesondere die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden im direkten Zusammenhang mit dem Grad der Selbstbestimmung steht. Motivation wird idealerweise nicht durch Angst vor Sanktionen oder durch die Erwartung von Belohnung erzeugt. Denken wir an ehrenamtliche Tätigkeiten, Helfen in der Gemeinschaft oder riskante Hobbys. Diese ziehen zumindest keine direkte Belohnung nach sich. Externe Anreize können durch den sogenannten Korrumpierungseffekt hier sogar die intrinsische Motivation verringern. Das bedeutet, dass die Erzeugung intrinsischer Motivation ein entscheidender Erfolgsfaktor für jeden Transformationsprozess ist.
Wir wissen, dass die Komplexität, in der wir und unsere Unternehmen agieren, weiter steigen wird. Daher ist eine Veränderung der Organisation keine Option, sondern ein unvermeidlicher Zug.

Über den Autor:
Robert Rieckhoff, Leiter Team Prozesse, Organisationsentwicklung & neue Geschäftsmodelle Versicherungsforen Leipzig

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