Denkt man an Absicherung von Risiken, denkt man zumeist an einen Versicherungsschutz für Erwachsene. Eine mögliche Behinderung der Kinder hingegen liegt jenseits der Vorstellungskraft vieler Eltern. Das hat auch statistische Gründe. So weist die Pflegestatistik des Statistischen Bundesamts (Destatis) rund 214.000 pflegebedürftige Kinder bis 14 Jahre aus (Stand Ende 2021). Der Anteil Pflegebedürftiger an der gleichaltrigen Bevölkerungsgruppe liegt bei 1,8 Prozent.

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Und doch kann es eine Familie schwer treffen, wenn ein Kind zum Invalide wird. Zu dem Schicksalsschlag kommen dann finanzielle Belastungen hinzu – die Wohnung oder das Haus muss eventuell umgebaut werden, Reha-Maßnahmen sind notwendig. Ebenso ist es wahrscheinlich, dass ein Elternteil sogar den Beruf aufgibt, um sich der Pflege zu widmen, weswegen Einkommen in der Familie wegfällt – hohe 99,86 Prozent aller pflegebedürftigen Kinder werden daheim gepflegt. Ein wichtiges Vorsorgeprodukt gegen das Risiko der Kinderinvalidität ist demnach die Kinderinvaliditätsversicherung.

„Eine der wichtigsten Versicherungen überhaupt“

Die Kinderinvaliditätsversicherung bietet Schutz, falls das Kind aufgrund von Krankheit oder Unfall dauerhaft beeinträchtigt bzw. invalid wird. So kann eine Einmalzahlung, aber auch eine dauerhafte Rente vereinbart werden. In der Regel gilt ein Invaliditätsgrad ab 50 Prozent als Leistungsauslöser.

Empfohlen werden die Policen auch von Verbraucherschützern. So schreibt zum Beispiel die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz: Die Kinderinvaliditätsversicherung sei „eine der wichtigsten Versicherungen überhaupt“ und „ebenso bedeutend wie die Berufsunfähigkeitsversicherung für Eltern.“ Denn wenn ein Kind „nach einem schweren Unfall oder einer verheerenden Krankheit invalide wird, hat das gravierende Folgen. Zum Verlust von Lebensqualität können hohe Belastungen beispielsweise für notwendige Umbaumaßnahmen der Wohnung und finanzielle Einbußen durch zusätzliche Kinderbetreuungskosten kommen“.

Gegenüber der Unfallversicherung die bessere Wahl

Aus Sicht der Verbraucherschützer ist die Kinderinvaliditätsversicherung insbesondere gegenüber der (beliebten und weit verbreiteten) Unfallversicherung für Kinder die bessere Wahl. Denn die Unfallversicherung leistet nur, wenn das versicherte Kind den bleibenden Gesundheitsschaden durch ein plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis erleidet (und damit durch ein Unfallereignis nach Paragraf 178 Versicherungsvertragsgesetz). Weit häufiger aber wird die Invalidität bei Kindern durch eine Krankheit statt durch einen Unfall ausgelöst.

Das höhere Risiko durch Krankheiten veranschaulicht auch eine Auswertung von Leistungsfällen der Barmenia:

  • Nur bei neun Prozent der Leistungsfälle war ein Unfall Auslöser der Invalidität.
  • Ebenfalls wurde die Invalidität zu neun Prozent durch Autoimmunerkrankungen verschuldet.
  • 18 Prozent der Leistungsfälle wurden durch eine Fehlbildung oder Erkrankung des Gehirns ausgelöst; ebenfalls verursachten allgemeine Entwicklungsstörungen 18 Prozent der Leistungsfälle. Und weitere 18 Prozent waren durch Epilepsie verursacht.
  • Hauptgrund für eine Invalidität im Kindesalter ist aber Diabetes – diese verursacht 28 Prozent aller Leistungsfälle.

Die Liste verdeutlicht: in nur neun Prozent der Fälle, die zur Invalidität in der Kindheit führen können, besteht durch eine Unfallversicherung Versicherungsschutz. Eine Invaliditätsversicherung sichert die Kinder hingegen weit umfangreicher vor Risiken der Invalidität ab.

Invaliditätsversicherung für Kinder: Was zu beachten ist

Was aber ist zu beachten? Wie bei vielen Versicherungen stehen am Anfang des Abschlusses einer Invaliditätsversicherung für Kinder die Gesundheitsfragen. Diese müssen nach bestem Wissen und Gewissen beantwortet und Vorerkrankungen dürfen nicht verschwiegen werden. Ansonsten kann der Versicherer schlimmstenfalls bei Eintreten einer Invalidität die Leistung verweigern.

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Bei den Gesundheitsfragen müssen auch alle angeborenen Krankheiten angegeben werden – die Versicherungsbedingungen schließen Invalidität durch angeborene Erkrankungen und zum Teil auch Erkrankungen im ersten Lebensjahr aus (das trifft insbesondere für Policen zu, die erst ab dem ersten Lebensjahr abgeschlossen werden können). Der Bundesgerichtshof urteilte aber, dass eine Versicherung dennoch zahlen muss, falls eine angeborene Erkrankung bei Abschluss der Police noch nicht erkennbar war (Az. IV ZR 252/06). Wichtig ist auch, dass Unfälle angegeben werden müssen, die das Kind vor Abschluss der Police schon erlitten hatte.

Auf Ausschlüsse achten

Bei einem Produkttest stellten die Verbraucherschützer der Stiftung Warentest fest, dass alle Policen Ausschlüsse für verschiedene Krankheiten enthielten. Es sollte also darauf geachtet werden, dass die Policen nicht zu viele Krankheiten ausschließen. Empfehlenswert ist laut Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz , dass psychische Erkrankungen im Versicherungsschutz inbegriffen sind. Allerdings muss man bei einem doch überschaubaren Angebot erst einmal solche Policen finden.

Denn die meisten Versicherer zahlen nicht bei Invalidität aufgrund von Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Verhaltensstörungen sowie von Psychosen oder Intelligenzminderung, erklären die Experten von worksurance. Versicherungsschutz bestehe jedoch, wenn die Beeinträchtigung durch einen Unfall oder eine Erkrankung mit hirnorganischen Schäden oder durch eine Vergiftung oder Infektion verursacht wurde.

Eine vereinbarte Rente sollte bei mindestens 1.000 Euro liegen. Die Versicherer bieten Verträge in der Regel ab dem ersten Geburtstag an, in manchen Fällen auch schon sechs Wochen nach der Geburt. Ein Vertragsabschluss ist meist nur bis zum 14. oder 16. Lebensjahr möglich. Empfehlenswert ist, wenn der Versicherer für später einen Wechsel in eine Berufsunfähigkeitsversicherung ermöglicht.

Beachtet werden sollte für ältere Kinder: Eine Berufsunfähigkeitsversicherung wird bereits für Schüler empfohlen – ab dem 10. Lebensjahr ist die Berufsunfähigkeitsversicherung gegenüber der Invaliditätsversicherung auf jeden Fall die bessere Wahl.

Invaliditätsversicherung: ein Stiefkind der Branche

Bedauerlich ist freilich: Die wichtige Invaliditätsversicherung ist ein Stiefkind der Branche und wird nur von wenigen Unternehmen angeboten. Einige Versicherer haben sich aus dem Geschäft verabschiedet – zum Beispiel hat laut Stiftung Warentest die HUK-Coburg das Neugeschäft mit den Policen eingestellt. Auch erregte vor einigen Jahren die Basler die Kritik der Verbraucherschützer, weil sie versicherungsseitig ihren kompletten Bestand an Invaliditätsversicherungen kündigte (Versicherungsbote berichtete).

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Dennoch konnte die Stiftung Warentest immerhin noch 11 Angebote für ihren Test einholen. Ein Tarif schloss mit "Sehr Gut" ab (Preis: 275 Euro im Jahr), die anderen mit "Gut" oder "Befriedigend". Es ist also noch ein Markt mit den wichtigen Invaliditätsversicherungen vorhanden.

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