Lange gab es Diskussionen darum, diese Grenze im Grundgesetz festzuschreiben. Umgesetzt wurde dies freilich nie, obgleich die Politik zum Wohle des Wirtschaftsstandortes Deutschland und der arbeitenden/einzahlenden Bevölkerung weiter laufend beteuert, die Beiträge nicht ausufern lassen zu wollen.

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Der reflexartige Ruf nach einer durch den Staat finanzierten Pflegevollkasko ist aus dem Blickwinkel des Sozialstaatsprinzips ohnehin nicht mehr nachvollziehbar. Die Sozialstaatlichkeit setzt eine entsprechende Leistungsfähigkeit und -kraft voraus. Da diese Voraussetzungen nur begrenzt vorliegen, besteht die Gefahr einer wirtschaftlichen Überforderung. Um individuelle Verantwortung nicht schon per se auszublenden, ist der Staatsbeitrag zu dosieren, damit ein Gleichgewicht zwischen kollektiver Vorsorge und individueller Eigenverantwortung bestehen bleibt.

Es reicht schon der Blick auf das Bildungssystem, um zu erkennen, dass dort umfassend investiert werden muss. Das gilt sowohl für die schulische als auch die berufliche Bildung – gerade auch in der Pflege. Was bringt uns die tollste im Sozialgesetzbuch festgelegte Pflegeabsicherung, wenn diese

  • nur „auf Pump“ funktioniert und
  • ohnehin die Pflegekräfte fehlen, um das theoretisch Gewollte für die Pflegebedürftigen zu ermöglichen?

Das System der 1995 eingeführten Teilkasko-Logik ist aus meiner Sicht zeitlos gut. Eine gewisse Grundabsicherung – gedeckelt durch Höchstsummen je nach Pflegegrad – verbunden mit dem Hinweis, dass nur durch eigene Vorsorge ein individuell gewünschter Pflegestandard finanziert werden kann, bringt Systemstabilität. Versicherungsvermittler obliegt die wichtige Aufgabe, die Möglichkeiten und Vorteile der kapitalgedeckten privaten Vorsorge darzulegen. Die Politik hält hier keine Lösung bereit und es wäre unverantwortlich auf Derartiges zu warten.

Eckdaten zur Pflegereform 2023/2024

Nachdem die obigen Gedanken dem galten, was bislang nicht umgesetzt wurde, folgt nun die Zusammenfassung der geplanten Beitragssatzanpassung zur Sozialen Pflegeversicherung (SPV) ab Juli 2023 und der geldlichen Mehrleistungen an Januar 2024:

  • SPV-Beitragsanstieg um 0,35 Prozentpunkte auf insgesamt 3,4 Prozent
  • Zuschlag für Kinderlose um 0,25 auf 0,6 Prozent auf dann insgesamt 4,0 Prozent (Hintergrund ist eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Beitragsdifferenzierung je nach Kinderzahl zu erfolgen hat)
  • Eigenanteilreduzierung im Pflegeheim: für die reine Pflege künftig im ersten Jahr um 15 statt 5 Prozent, im zweiten um 30 statt 25 Prozent, im dritten um 50 statt 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 75 statt bisher 70 Prozent
  • Pflegegeld wird um 5 % erhöht

Die Eigenteilreduzierung darf als Mogelpackung bezeichnet werden, da für die Heimbewohner beispielsweise noch die Zahlungen für Unterkunft und Verpflegung hinzuzurechnen sind.

Seit der letzten Anpassung der Leistungen für Pflegegeld im Jahr 2017 sind die Kosten für Pflege explodiert. Nach Schätzung der Deutschen Stiftung Patientenschutz betrug die Teuerung alleine in den letzten fünf Jahren über 40 Prozent.

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Auch ohne Nutzung eines Taschenrechners wird klar, dass die Eigenbeteiligungen weiter enorm ansteigen und die Reform zu 2024 nicht zu einer spürbaren Verbesserung führt.

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