Wie vergangene Woche berichtet, haben die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg einen Entschließungsantrag im Bundesrat gestellt. Der Antrag in seiner derzeitigen Form stützt sich auf acht Punkte, die im Folgenden zitiert werden. Änderungen daran sind nicht ausgeschlossen. Die endgültige Beschlussfassung soll am 31. März im Bundesrat erarbeitet werden.

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1. Die vergangenen Monate und Jahre haben gezeigt, dass Extremwetterereignisse immer häufiger auftreten. Die schrecklichen Bilder der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021 mahnen zum Handeln. Menschenleben, Gesundheit und verlorene Erinnerungen sind unersetzlich. Der materielle Schaden sollte aber niemanden in Existenzangst versetzen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es an der Zeit ist, systematisch Maßnahmen zu ergreifen und zu fördern, damit nach einer Hochwasserkatastrophe oder anderen Großschadenereignissen kein Mensch vor dem finanziellen Ruin stehen muss.

2. Der Bundesrat stellt fest, dass die Versicherung von privaten Gebäuden gegen Elementarschäden noch nicht ausreichend ist und Handlungsbedarf besteht. Bundesweit verfügt nur rund die Hälfte der privaten Gebäudeeigentümer über eine Elementarschadenversicherung, wobei die Versicherungsdichte – vor allem historisch bedingt – im Ländervergleich stark schwankt. Zu oft wird das Thema nach einer Unwetterkatastrophe wieder verdrängt, weil man darauf vertraut, selbst nicht betroffen zu sein. Auch die Erwartung, dass im Notfall staatliche Ad-hoc-Hilfen den Schaden auffangen, führt zu einer geringeren Versicherungsbereitschaft.

3. Der Bundesrat erkennt, dass private Eigentümer, die sich gegen Elementarschäden versichern, auf eigene Kosten Verantwortung übernehmen. Sie unterstützen damit die Solidargemeinschaft, deren Leistungsfähigkeit bei immer häufigeren Großschadenereignissen an Grenzen stößt.

4. Der Bundesrat teilt die auf Grundlage des vorgelegten Arbeitsgruppenberichts gewonnene Einschätzung der Justizministerinnen und Justizminister der Länder, wonach der Einführung einer bundesweiten Elementarschaden-Pflichtversicherung keine grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken entgegenstehen. Diese rechtliche Bewertung hat sich auch die Bundesregierung in ihrem Bericht aus Dezember 2022 zu eigen gemacht.

5. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben einstimmig beschlossen, das Ziel einer Elementarschaden-Pflichtversicherung voranzutreiben. Die Bundesregierung befürchtet demgegenüber eine zu hohe Belastung privater Haushalte. Dies erscheint allerdings kurzsichtig: Die Belastung im Schadensfall ist um ein Vielfaches höher und kann – wie die Flut im Sommer 2021 gezeigt hat – teilweise sogar existenzbedrohend sein.

6. Der Bundesrat ist davon überzeugt, dass eine Elementarschaden-Pflichtversicherung bundesweit gelten muss. Katastrophen machen nicht an Landesgrenzen halt. Sie stellen eine gesamtstaatliche Aufgabe dar und werden auch als solche wahrgenommen. Der mit der Einführung einer Pflichtversicherung verknüpfte Solidargedanke erfordert eine zeitgleiche, flächendeckende und einheitliche Vorgehensweise. Die nötige Akzeptanz findet eine Pflichtversicherung nur dann, wenn von Beginn an klar ist, dass sie bundesweit gilt. Die nähere Ausgestaltung einer Versicherungspflicht dürfte zudem Anpassungen im Bundesrecht erfordern, so dass eine Regelung allein auf Länderebene auch rechtlich nicht ohne Weiteres möglich erscheint.

7. Ein Warten auf bessere Zeiten – oder auf das nächste Großschadenereignis – ist keine Option. An die Stelle spontaner staatlicher Ad-hoc-Hilfen muss eine langfristige Risikoprävention durch eine Pflichtversicherung für Elementarschäden treten.

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8. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, unter Fortführung der Diskussion mit den Verbänden und der rechts- und wirtschaftswissenschaftlichen Fachöffentlichkeit kurzfristig einen konkreten bundesgesetzlichen Regelungsvorschlag zur Einführung einer Elementarschaden-Pflichtversicherung zu erarbeiten. Bei der Ausgestaltung soll der finanzielle Aufwand für private Haushalte in zumutbaren Grenzen gehalten und zugleich der Schutz vor existenzbedrohenden Belastungen im Schadensfall sichergestellt werden. Das anschließende Gesetzgebungsverfahren sollte zeitnah abgeschlossen werden.

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