In der Wohngebäudeversicherung war das zurückliegende Jahr geprägt von nachgelagerten Anpassungen an Schadensaufwendungen, u.a. durch dynamische Baukosten und gestiegene Preise für Handwerkerleistungen. Zunehmende Wetterextreme, wie die zwei Sommerunwetter „Lambert“ und „Kay“ mit versicherten Schäden von rund 740 Mio. EUR, die Ostseesturmflut in Norddeutschland im Oktober, sowie das Weihnachtshochwasser in Nord- und Mitteldeutschland mit schätzungsweise 200 Millionen Euro an versicherten Schäden, führten im vergangenen Jahr zu hohen Schadenlasten und führen auf politischer Ebene erneut zu Diskussionen rund um eine Pflichtversicherung gegen diese Extremwetterlagen.

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Die Ministerpräsidentenkonferenz in Berlin im März hat sich wie erwartet erneut für die Einführung einer bundesweiten Pflichtversicherung gegen Elementarschäden ausgesprochen. Diese solle auch Sturmflutschäden umfassen, so der Beschluss. Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fordert indessen mit Nachdruck ein Gesamtkonzept, das klimaangepasstes Planen, Bauen und Sanieren berücksichtigt, anstatt einer singulären Pflichtversicherung, welche die zukünftigen Kosten für Naturgefahren ausschließlich auf Eigentümer und Mieter umlegt. Die Anhörung am 11.3.24 zu dem Thema im Bundestag führte zu keiner abschließenden bzw. einheitlichen Vorgehensweise.

Die vorläufige CR-Quote für 2023 von 98 Prozent in der verbundenen Wohngebäudeversicherung (VJ 106 Prozent) macht indessen deutlich: Die Wohngebäudesparte bleibt neben der Kfz-Versicherung nach wie vor das Sorgenkind der deutschen Versicherungswirtschaft.

Aktuelle Situation:

Der Preisanstieg durch den gleitenden Neuwertfaktor für das Jahr 2024 mit 7,41 Prozent (Anpassungsfaktor +7,53 Prozent) ist im Vergleich zum Vorjahr zwar moderater ausfallen, jedoch liegt im langfristigen Vergleich der Anstieg immer noch deutlich über dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre. Die Immobilienwirtschaft steht somit auch in 2024 vor einer Vielzahl von Herausforderung: Die Kosten, die für Reparatur oder Wiedererrichtung eines Gebäudes benötigt werden, steigen seit Jahren im Rahmen der Inflation. Hinzu kommen eine Vielzahl von regulatorischen Anforderungen, der Negativtrend beim Wohnungs(neu)bau sowie die vom Bund, im Rahmen des neuen GEG und der EU geplanten Anforderungen, an die Energieeffizienz von Neu- und Bestandsimmobilien, welche unmittelbare Auswirkungen auf das individuelle Risiko und den notwendigen Versicherungsschutz haben.

Da sich die Inflation auch in diesem Jahr bei den Versicherungssummen und Baukosten niederschlagen wird, ist von weiteren Anpassungen und Sanierungen im Bestand auszugehen. Festzustellen ist auch, dass die Versicherer ihre Zeichnungskapazitäten bei hohen Versicherungssummen zurückfahren. Über die Indexanpassung hinaus wird es bei schadenbelasteten Verträgen weitere Beitragsanpassungen und Sanierungsbemühungen geben müssen, um die schlechten Schadenquoten in den Griff zu bekommen. Hier kommt der Schadenprävention - auch unter Nachhaltigkeitsaspekten - eine immer größere Bedeutung zu. Denn: Schäden zu vermeiden ist (fast) immer nachhaltiger, als Schäden zu regulieren.

Ausblick:

Während viele Versicherer ihren operativen Betrieb, die Schadenregulierung und die Kapitalanlagen auf mehr Nachhaltigkeit trimmen, rückt auch im Vertrieb die Schadenverhütung und der Einsatz von ESG-Kriterien mehr und mehr in den Fokus. Die Versicherbarkeit von einigen Risiken wird aufgrund des Klimawandels und dem damit verbundenen Schadenpotenzial durch Extremwetterereignisse zunehmend schwieriger. Bis 2025 sollen ESG-Kriterien auch in die Zeichnungspolitik integriert werden. Versicherer müssen dafür dem „Prinzip der risikogerechten Prämienkalkulation“ folgen.

Damit ändern sich auch die Anforderungen an Versicherungsprodukte: Nachhaltigkeit wird bei der Gestaltung neuer Versicherungsprodukten und bei der Schadenregulierung eine bedeutende Rolle spielen. Immer wichtiger werden innovative Versicherungskonzepte, sowie eine wirksame Klimafolgenanpassung bei Reparatur und Wiederaufbau von zerstörten Sachwerten. Das Angebot an Versicherungslösungen für neue Risiken, etwa Anlagen der erneuerbaren Energien und andere umweltschonende Technologien, sowie „Klimaversicherungen“ gegen Extremwetterereignisse, wird weiter ausgebaut werden müssen.

Insofern befindet sich die Gebäudesparte zeitgleich in einer politisch & wirtschaftlich angespannten Lage – in der „Kopf in den Sand stecken“ keine Option für nachhaltig agierende Versicherer und Vermittler ist. Unsere Empfehlung: Chancen sehen & Risiken vorausschauender als bisher managen, statt die scheinbar unlösbaren Probleme der Vergangenheit vor sich her zu schieben. Auch wenn es viel Aufwand auf allen Seiten (Eigentümer, Mieter, Versicherer, Bau- und Energiebranche) bedeutet - wir kommen am Thema Gebäudesektor bei der Energie- und Wärmewende nicht vorbei.

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Wir müssen dafür „Risiko“ neu denken, Schaden-Prävention fördern & fordern. Anreize dafür setzen, dass Eigentümer von sich aus energetisch sanieren, um etwa bei der Gebäudeprämie und den Nebenkosten zu profitieren. Im Vertrieb über unser Netzwerk Mehrwerte – wie zum Beispiel eine Energieberatung – schaffen, die wir bisher aus unserem Denken ausgeklammert haben. Kooperation statt Konkurrenz, eines unserer Mottos bei ASSPICK Versicherungsmakler. Und wir müssen als Branche klar kommunizieren, dass die Energiewende im Gebäudesektor sich nur im Schulterschluss aller Beteiligten erfolgreich umsetzen lassen wird.

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