Bereits im Teil 1 zum Thema Umwelt und Klima, also dem E wie Environment im Begriff ESG, habe ich deutlich gemacht, dass es für den ehrbaren Kaufmann oder die ehrbare Kauffrau der früheren oder längeren Vergangenheit zum Ethos gehörte, dass man ehrlich arbeitet, mit Mitarbeitern und Kunden verantwortlich umgeht, die Ressourcen und damit die Umwelt schont oder sich sozial engagiert.

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Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Im heutigen Teil 2 geht es um das S wie Social (Soziales) in ESG. Zunächst wird damit schon deutlich, dass es mit dem Themen des ESG nicht nur um die grünen Fragen von Klima und Umwelt geht. Deshalb sind die Ziele der Weltgemeinschaft mit der Agenda 2030 und auch der Europäischen Union richtig und sollten von jedem Unternehmen unterstützt werden. Das gilt für -das von der demografischen Situation besonders beeinflusste- Europa und für Deutschland im Besonderen.

ESG und soziale Verantwortung der Unternehmer

Legendär zum Thema soziale Verantwortung ist sicher ein Spruch von Robert Bosch geworden, der gesagt haben soll:

Ich zahle nicht gute Löhne, weil ich viel Geld habe, sondern ich habe viel Geld, weil ich gute Löhne zahle.

Aber es geht nicht nur um eine angemessene Bezahlung der Mitarbeiter im Punkt Soziales. Vielmehr geht es um die Verbindung von wirtschaftlicher, ökologischer und sozialer Verantwortung mit unternehmerischem Denken.

Durch die gestiegenen Ansprüche und das wachsende ökologische Bewusstsein vor allem junger Menschen haben ökologische und soziale Aspekte in Deutschland und Europa stärkeren Auswirkungen auf geschäftliche Beziehungen und Entscheidungen, die wiederum auch Einfluss auf das Geschäftsmodell und damit auf den wirtschaftlichen Erfolg haben. Dementsprechend macht es Sinn, sich nicht nur für die Mitarbeiter mit möglichen Aspekten sozialen Unternehmertums zu befassen und den persönlich passenden Weg zu suchen.

Schauen wir uns zunächst einige selbstverständliche Punkte zum Thema eigene Mitarbeiter (Human Resources) stichpunktartig an, die auch von Maklerunternehmer umgesetzt werden sollten:

  • Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards
  • Umsetzung der Maßnahmen des Arbeitsschutzes
  • Vergütung nach Tarifvertrag der Versicherungswirtschaft
  • Realisierung der Weiterbildungspflichten

Zu diesen Pflichtelementen können weitere Zusatzelemente kommen, die es ermöglichen, die Mitarbeiterbasis auf Dauer zu sichern und den Kunden zu zeigen, dass man es bei der Beratung und Produktauswahl für Kunden auch selbst ernst mit sozialer Verantwortung meint. Wie kann das praktisch umgesetzt werden? Beginnen wir mit der Beratung der Kunden und Produktauswahl.

Soziale Kriterien mit der Produktauswahl umsetzen

Seit dem 2. August 2022 sollen Investmentberater ihre Kunden nach Vorlieben bei nachhaltigen Investmentprodukten fragen. Dazu gehören auch soziale Kriterien bei der Produktauswahl. Einfach die Nachhaltigkeitspräferenzen abfragen, den Punkt S wie Soziales ein wenig erläutern und dann bei der Produktauswahl berücksichtigen. Die Kunden, denen eine lebenswerte Zukunft der Kinder und Enkel wichtiger ist als der Preis des Produktes, werden das dann auch berücksichtigen wollen. In dem Sinne muss man vielen Kunden auch nichts „einreden.“

Seit Jahren gibt es Kunden, denen nicht nur bei Anlageprodukten wichtig ist, dass bestimmte Branchen, Geschäftsfelder und damit auch Unternehmen nicht von Kapitalanlagen oder den angelegten Versicherungsbeiträgen profitieren sollen. Zahlreiche Kunden haben vielfältige Abneigungen beispielsweise gegen die Folgen von Kohleverbrennung zur Energie- und Wärmeerzeugung, gegen Gentechnik oder auch das oft diskutierte Thema der Nutzung der Atomkraft.

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Der Versicherungs- und Finanzmakler sollte sich dementsprechend auch freimachen von persönlichen ideologischen Standpunkten. Wenn es dem Kunden wichtig ist, dass er mit den ausgewählten Produkten den Schutz von Klima und Umwelt fördern kann und/oder einen aktiven Beitrag zu mehr sozialer Gerechtigkeit leisten kann, dann sollte der Vermittler dem folgen. Inzwischen gibt es immer mehr Produktlösungen, die genau auf diese Punkte größeren oder ausschließlichen Wert legen.

Angebote nach sozialen Kriterien selektieren

Auf zahlreichen Fondsplattformen können die Vermittler inzwischen sehr gut Produkte selektieren, die ethische und und soziale Kriterien berücksichtigen. Auswahlkriterien für eine solche Produktauswahl können beispielsweise sein:

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  • Beitrag zur Minimierung der Treibhausgasemission
  • Achtung der Menschenrechte und Menschenwürde
  • Keine Investments in Produkte aus Kinder- und Zwangsarbeit
  • Keine Zusammenarbeit mit autoritären Regierungen
  • Keine Investments in Rüstungsgüter u.s.w.

Zu beachten ist, dass es auch innerhalb streng nachhaltiger Anlageklassen Unterschiede gibt, die Finanzanlagenberater bewusst einsetzen können. So gibt es nachhaltige Produkte, die nachhaltig, aber eher technologielastig sind. Andere betonen soziale Faktoren stärker als Nachhaltigkeit. Die Vermittler haben also die Wahl und gleichzeitig die Verantwortung, echt nachhaltige Produkte nach ESG-Kriterien von Greenwashing-Produkten zu unterscheiden.

Ähnliche Ansatzpunkte nach den ESG-Aspekten finden sich auch bei den Anbietern von Lebens- und Rentenversicherungen sowie zur Absicherung biometrischer Risiken. Schwieriger wird die Umsetzung bei der Auswahl von Produkten im Bereich Sach und Gewerbe. Bei den Produkten im Bereich Sach Privat werden zwar durch Versicherer und Assekurateure immer mehr „grüne“ Produkte angeboten, die sozialen Aspekte sind aber nicht so leicht zu erkennen.

Nicht zuletzt sind auch Immobilienmakler sowie die Vermittler von Immobiliendarlehen gefragt, das Thema Nachhaltigkeit umzusetzen. Nicht neu ist es, dass Immobilienkunden auf eine langlebige und nachhaltige Nutzung aus sind. Hinzugekommen sind stärkere Anforderungen an eine Wartungsminderung, an den Einsatz erneuerbarer Energieformen oder an Anlagentechnik, die für Wärme und Kühlung geeignet ist. Nachhaltige Immobilien- entwicklung bedeutet heute mehr denn je, auch den sozialen Bedürfnissen heutiger und zukünftiger Generationen gerecht zu werden.

Nachholbedarf hat die Versicherungsbranche besonders im Bereich Produkte für Sach Gewerbe und Industrie. Bei einer Nachhaltigkeitsanalyse beim Finanz- und Versicherungsmakler MIRAfinanzen GmbH konnte ich beispielsweise feststellen, dass nur zirka jede zehnte Gewerbeversicherung erkennbaren Nachhaltigkeitskriterien gerecht wird. Im Gegensatz dazu kann dieser Makler seinen Kunden, wenn diese es wollen, im Bereich Sach Privat zu 100 Prozent auch nachhaltige („grüne") Produkte anbieten.

Dennoch, auch bei Gewerbeversicherungen bewegt sich etwas. So ist in der Gewerbepolice eines in Köln ansässigen Versicherers jüngst ein Relaunch genutzt worden, Nachhaltigkeits-Aspekte einzubeziehen. So werden in Elektronik- und Photovoltaikversicherungen auch Ladesäulen und Wallboxen für Elektrofahrzeuge mitversichert. Interessant, dass man dieses Update gleich für Neu- und Bestandskunden umgesetzt hat.

Der Wettbewerb um gute und loyale Mitarbeiter nimmt zu

Die demografische Situation in Deutschland ist uns allen bekannt. Und die Lage zur Gewinnung von Mitarbeitern für die Büros von Vermittlern von Versicherungen und Finanzanlagen auch. Um so mehr kann die Profilierung des eigenen Unternehmens über den ESG-Bereich Soziales die Gewinnung neuer und die Festigung der Loyalität der bereits im Unternehmen tätigen Mitarbeiter fördern.

Schaut man sich bei Analyse der Nachhaltigkeit des Geschäftskonzeptes unter dem Punkt Soziales bei Versicherungsmakler um, dann findet man viele interessante Ideen und Aktivitäten, die ich hier gerne auszugsweise teilen möchte:

  • Möglichkeit für Homeoffice (auch außerhalb der pandemischen Lage)
  • Einrichtung ergonomisch gestalteter Arbeitsplätze im Büro
  • Teilhaberschaft am Unternehmenserfolg oder am Unternehmen
  • Unterstützung der E-Mobilität der Mitarbeiter (E-Bike, E-Scooter)
  • Bereitstellung biologisch wertvoller Verpflegung und Getränke
  • Fachliche und gesundheitspolitische Weiterbildung

Besonders interessant finde ich auch ein Modell der oben bereits erwähnten MIRAfinanzen GmbH. Hier stellt der Inhaber, Michael Rauch, seinen Mitarbeitern zwei zusätzliche Urlaubstage zur Verfügung, wenn sich seine Mitarbeiter im sozialen Bereich beispielsweise als ehrenamtlicher Trainer oder bei der Pflege von Angehörigen engagieren. Das trägt auch dazu bei, dass Mitarbeiter der Nachhaltigkeitsphilosophie des Inhabers gerne folgen.

p> Schaut man sich aufmerksam die Webseiten von großen Unternehmen an, dann muss man nicht lange nach Nachhaltigkeitsberichten suchen. Teilweise sind diese ein Bestandteil der veröffentlichten Jahresbilanzen, meist aber gibt es diese als separaten Bericht. Dem Thema Aktivitäten zur Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells wird auch auf den entsprechenden Bilanz-Pressekonferenzen immer mehr Raum eingeräumt.

Natürlich sind solche Berichte und Erklärungen immer auch ein Beitrag zum Marketing und der Image-Pflege des Unternehmens. Dennoch wäre es zu kurz geschlussfolgert, dass man damit nur ein soziales oder grünes Mäntelchen um ein schlechtes Geschäftsmodell legt. Denn in diesen Nachhaltigkeitsberichten wird meist genau gezeigt, was das Unternehmen in den einzelnen ESG-Bereichen leistet, welche Maßnahmen durchgeführt werden und welche Ergebnisse erzielt werden. Das können Vermittlerunternehmen auch tun.

Fazit für diese ESG- Serie

Als spezialisierte Unternehmensberatung für Versicherungsmakler unterstützen wir Makler mit Nachhaltigkeitsanalysen, daraus resultierenden Nachhaltigkeitsberichten und Möglichkeiten der Dokumentation der Ergebnisse gegenüber den Kunden. Dort, wo man erst am Anfang eines eigenen Nachhaltigkeitskonzeptes steht, bringen wir mögliche Maßnahmen und deren Priorisierung ein. Dafür vergeben wir für nachhaltig arbeitenden Maklerfirmen ein Qualitätssiegel in Sachen Nachhaltigkeit.

Jeder der ESG-Punkte hat auch Wirkungen auf den Wert des Bestandes oder des Unternehmens. Sie öffnen sich neuen Zielgruppen, denen das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit besonders wichtig ist. Mit einer Modifizierung oder Neuaufstellung des Geschäftsmodell in Richtung Nachhaltigkeit ergeben sich zusätzliche Impulse zur Wertsteigerung, Ressourcenschonung und Profilierung in verschiedenen Bereichen der Marktpräsenz. Sei es durch nützliche betriebswirtschaftliche Ergebnisse oder durch ein Alleinstellungsmerkmal in der Region oder in der Sparte.

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Im dritten Teil wird es dann um die Möglichkeiten der Umsetzung des nächsten ESG-Begriffs – G wie Good Governance (Unternehmensführung) gehen.

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