Richtigstellung, 24.08.2022, 17.55:

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Im ursprünglichen Beitrag wurde geschrieben, dass der Bund der Versicherten (BdV) Versicherungen vermitteln würde. Das trifft nicht zu. Richtig ist, dass innerhalb der BdV-Gruppe allein die Tochtergesellschaft 'BdV Mitgliederservice GmbH' (BMS) über eine entsprechende Erlaubnis als Versicherungsvertreter (§34d Abs. 1 GewO) verfügt. Anders als im ursprünglichen Beitrag geschrieben, wird dabei keine Provision vom Risikoträger an die BdV Mitgliederservice GmbH gezahlt. Richtig ist: Die BMS bietet den Mitgliedern des BdV in diversen Sparten Gruppenversicherungen an, denen diese freiwillig beitreten können. Hierbei ist die BMS als Gruppenspitze Versicherungsnehmerin dieser Versicherungsverträge. Für die Verwaltung der Gruppenversicherungen erhält die BMS ein geringes Entgelt von den denjenigen BdV-Mitgliedern, welche sich für einen Beitritt zu den Gruppenversicherungen entschieden haben.

Nachträglich ergänzt wurde zudem folgender Satz: Allerdings ist umstritten und bislang nicht abschließend geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gruppenspitze einer echten Gruppenversicherung (darum handelt es sich bei der BMS) überhaupt ein Versicherungsvermittler im Sinne der IDD sein kann.

Es war eine Nachricht, die Aufsehen erregte: Im Juni teilte der Bund der Versicherten (BdV) mit, dass Axel Kleinlein Ende September sein Amt als Vorstandssprecher aufgibt. Kleinlein gilt als einer der meinungsfreudigsten Kritiker der Branche, und auch, wenn seine Standpunkte umstritten sind: Er bescherte dem Verein Reichweite. Selbst als Aktuar ausgebildet, vertrat der 52-Jährige seine Ansichten in Medien wie der FAZ, dem Handelsblatt, der Süddeutschen Zeitung oder in Dokumentationen des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks. Man kennt ihn auch außerhalb der Fachwelt.

“BdV ist keine One-Man-Show“

In einem Interview mit AssCompact hat sich Kleinlein nun noch einmal zu den Gründen seines Rücktritts geäußert - und den Zukunftsplänen. „Der BdV ist keine One-Man-Show“, sagt er mit Blick auf seine prominente Rolle. Hinter dem BdV stehe ein großes und engagiertes Team, das sich gemeinsam für dessen Ziele einsetze.

Kleinlein tritt Gerüchten entgegen, es könne Zwist im Verein gegeben haben. „Ich gehe nicht, weil mich etwas beim BdV stört. Ich bleibe auch gerne Mitglied des Vereins. Das Einzige, was mich stört, ist, dass ich nicht die Möglichkeit habe, mich mit ausreichend Zeit und Engagement der wissenschaftlichen und inhaltlichen Arbeit bei den Themen zu widmen, wie ich es mir wünschte“, sagt der Mathematiker. Es sei der richtige Zeitpunkt, sich nochmals in diese Richtung zu entwickeln.

Die Vermutung, es könnte hinter den Kulissen gekracht haben, kommt aber nicht von ungefähr. Schon einmal war Kleinlein im Streit gegangen: Im Jahr 2013 tobte ein Machtkampf zwischen ihm und anderen Vorstands-Mitgliedern, der darin mündete, dass er im März besagten Jahres entlassen wurde. Nur, um wenige Monate später erneut an die Spitze des Verbandes gewählt zu werden. Die BdV-Mitglieder schlugen sich auf die Seite Kleinleins und der Aufsichtsrat entband seinen damaligen Konkurrenten Tobias E. Weissflog von dessen Aufgaben. Im Herbst 2013 war Kleinlein wieder fest im Sattel: nach dem Machtkampf sogar gestärkt.

Nun will der Aktuar sich also neu orientieren: und deutet auch an, in welche Richtung. Auf die Seite der Versicherer wolle er nicht wechseln, hatte sich Kleinlein bereits positioniert. Er liebäugelt nun mit einem eigenen Beratungshaus. „Bevor ich zum BdV gekommen war, hatte ich bereits als selbstständiger Versicherungsmathematiker ein kleines Beratungsunternehmen in Berlin namens MathConcepts. Während dieser Tätigkeit entwickelte ich unter anderem auch die Studie zur Riester-Rente. Außerdem habe ich damals schon Studien oder Gutachten für einzelne Versicherte, für Rechtsanwälte und auch für Fraktionen erstellt“, so Kleinlein.

Mitglieder-Abrieb - und mögliche Interessenskonflikte?

In dem Interview äußert sich Kleinlein auch zum Status Quo des BdV. Aktuell habe der Verein circa 45.000 Mitglieder: auch wenn man schon mal mehr als 50.000 gezählt hatte. „Wie bei vielen anderen Vereinen, Verbänden und Gewerkschaften ähnlich verzeichnet auch der BdV einen gewissen Abrieb, selbst wenn wir neue Mitglieder gewinnen können. Die Demografie geht auch am BdV nicht vorbei“, so Kleinlein.

Auch befragt wird Kleinlein zur BdV Mitgliederservice GmbH (BMS). Diese ist unter anderem als Versicherungsvertreter nach § 34d Abs. 1 GewO registriert und vermittelt folglich selbst Versicherungen. Ein Widerspruch zum Selbstverständnis als Verbraucherverband?

Einen Interessenkonflikt sieht Kleinlein nicht. Der BdV besitze eine dreiteilige Organisationsstruktur: „Der BdV e. V. ist der politische Verbraucherschutz. Unter diesem Dach befinden sich dann die Beratungsgesellschaft, die die Versicherungsberatung für die Mitglieder übernimmt, und der Bereich der Gruppenversicherungen; eine strikte organisatorische Trennung also“, positioniert sich der Aktuar.

Doch die organisatorische Trennung überzeugt längst nicht alle: auch angesichts der Tatsache, dass der BdV selbst oft hart gegen Versicherungsvermittler schießt. Vor Jahren hatte bereits Versicherungsmakler Matthias Helberg scherzhaft vorgeschlagen, dass sich der Bund der Steuerzahler ein Vorbild am BdV nehmen könnte - und sein eigenes Finanzamt gründen. Zur Erinnerung: Versicherungsvertreter stehen rechtlich auf der Seite eines Versicherers, nicht des Kunden. Allerdings ist umstritten und bislang nicht abschließend geklärt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Gruppenspitze einer echten Gruppenversicherung (darum handelt es sich bei der BMS) überhaupt ein Versicherungsvermittler im Sinne der IDD sein kann.

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Versicherungsmakler: "noch schwarze Schafe unterwegs"

Auch im aktuellen Interview äußert sich Kleinlein kritisch gegenüber Versicherungsmaklern. Er antwortet auf die Frage, ob Makler als Sachverwalter des Kunden nicht auch Verbraucherschutz-Aufgaben wahrnehmen: "Die zentrale Frage beim Thema Verbraucherschutz ist für mich: Wo liegen Interessenkonflikte und wie gehen die Beteiligten damit um? Daher schätze ich Versicherungsmakler – Stichwort Provision – nicht als ideale Verfechter des Verbraucherschutzes, auch wenn ich Makler kenne, die sehr engagiert sind und wirklich die Ziele des Versicherten, ergo der Verbraucher, verfolgen. Allerdings sind hier auch noch schwarze Schafe unterwegs". Hier versage die Selbstregulierung der Branche, weshalb sich der BdV eine strengere Regulierung wünsche.

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