Derzeit gibt es Knatsch zwischen Deutschlands größtem Verbraucherverband für Versicherungen, dem BdV, und Vermittlern des größten Allfinanzvertriebs, der DVAG, die exklusiv Verträge der AachenMünchener vertreiben. Der BdV wirft der DVAG-lern vor, einen kleinen Shitstorm initiiert zu haben. Die DVAG-ler wiederum klagen, der BdV habe Falschmeldungen in die Welt gesetzt, obwohl sie bereits dementiert worden seien. So weit, so verwirrend? Von Anfang an:

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Am 28.09. meldete sich der Bund der Versicherten (BdV) per Pressemeldung zu Wort. Darin kritisiert BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein mehrere Lebensversicherer für ihre mutmaßlichen Pläne, große Bestände klassischer Leben-Policen an externe Investoren abzustoßen. „Wie aus jüngsten Berichten bekannt, beabsichtigen und prüfen Ergo-, Axa-, Generali- und AachenMünchener-Lebensversicherungen mehr als 10 Millionen klassische Lebensversicherungsverträge zu verkaufen“, heißt es zum Einstieg in den Text. „Wenn ein Investor diese Bestände kauft, dann tut er das mit dem Ziel, möglichst viel Rendite zu erwirtschaften. Das geht aber nur, wenn er den Versicherten möglichst viele Überschüsse vorenthält und in die eigene Tasche steckt“, schreibt Kleinlein. Er befürchte negative Folgen für die Verbraucher.

Verkaufspläne sind bisher spekulativ – und wurden dementiert

Das Problem hierbei: Während es bei der Konzernmutter Generali und der Ergo als gesichert gelten kann, dass sie einen Verkauf von Leben-Beständen zumindest prüfen, sind diese Informationen bei der AachenMünchener und Axa spekulativ. Es gibt kein offizielles Bekenntnis von Seiten der Konzernführung, dass man einen Verkauf der AachenMünchener Leben in Betracht ziehe.

Im Gegenteil: Nachdem in der Presse und beim BdV über einen möglichen Verkauf der AachenMünchener Leben spekuliert worden war, antwortete der Versicherer am 16. Oktober ebenfalls per Pressemeldung: mit einem Dementi. „In der Presse sowie in den Sozialen Medien finden sich aktuell eine Reihe von zum Teil bewusst falsch lancierten Meldungen, wonach die AachenMünchener ihren Lebensversicherungsbestand veräußern könnte. Diese Meldungen sind falsch und entbehren jeder Grundlage!“, schreibt der Versicherer.

Die AachenMünchener Leben wolle auch künftig Lebensversicherungen anbieten; ein Verkauf oder eine Auslagerung von Beständen stünde nicht zur Diskussion. Ein Sprecher der Generali hatte zuvor bereits dem Handelsblatt gesagt, dass die AachenMünchener weit besser mit der Niedrigzinsphase zurecht komme als die Konzernschwester Generali Leben, weil man sich früh auf fondsgebundene Policen und Risikolebensversicherungen konzentriert habe. Dadurch sei die Gesellschaft in einer „gesünderen Lage“ - Worte, die gegen einen Verkauf sprechen. Die Solvenzquote: 504 Prozent, ein gutes Ergebnis.

“Haarsträubende Falschmeldungen“ - und Shitstorm

Die AachenMünchener hatte also dementiert, einen Verkauf von Leben-Beständen zu erwägen. Dennoch findet sich in der Pressemeldung des BdV nach wie vor die Behauptung, der Versicherer prüfe einen Verkauf seiner Leben-Bestände. Das zog offenbar auch den Unmut einiger DVAG-Vermögensberater auf sich, die die Leben-Policen der AachenMünchener exklusiv vertreiben.

Wie Axel Kleinlein auf dem Blog des BdV berichtet, wurde der Verbraucherverein Anfang Oktober Ziel eines Shitstorms von Vermögensberatern. Die Berichterstattung zu den Run-off-Plänen diverser Lebensversicherer habe „so einigen DVAGlern anscheinend nicht gepasst“, schreibt Kleinlein. Ausgangspunkt sei der bekannte Unternehmensberater Reinhard Kreisel gewesen, der dem BdV per Social Media „haarsträubende Falschmeldungen“ vorgeworfen habe. Dem hätten sich „andere aufgebrachte DVAG-ler“ angeschlossen, es sei sogar das Wort „Lügenpresse“ gefallen.

Dann biegt es Kleinlein so hin, als habe es ein Dementi von Seiten des Versicherers nicht gegeben - was geradezu als Beleg der BdV-Behauptung dienen könnte, die AachenMünchener prüfe den Verkauf von Leben-Beständen. „Den aufgebrachten DVAG-lern hätte aber auch auffallen können, dass sie von ihrem Unternehmen - und von der AachenMünchener und der Generali - in ihrer Empörung alleine gelassen werden. Keines der betroffenen Unternehmen hat sich seinerseits bei uns beschwert. Auch etwa in Sachen Pressemeldung mit einer Gegendarstellung: Fehlanzeige!“, schreibt Kleinlein.

Nutznießer des DVAG-Shitstorms seien die Unternehmen, „die auch weiter ihre Pläne im Verborgenen halten und unbehelligt von einer kritischen Diskussion das Bestmögliche für die Aktionäre ausbaldowern“, schreibt Kleinlein. Einige DVAG-ler wollten anscheinend nicht wahrhaben, „dass auch in Sachen AachenMünchener große Unsicherheit herrscht und die Unternehmen die unterschiedlichsten Planspiele prüfen“, argumentiert der streitbare Aktuar an anderer Stelle. Und weiter: „Anstatt selbst Klarheit beim eigenen Unternehmen einzufordern, beschimpfen uns nun einige DVAG-ler, weil wir das Problem benennen.“

Offener Brief an AachenMünchener-Chef Schmallenbach

Kleinlein beendet seinen Blog-Beitrag mit einem offenen Brief an Christoph Schmallenbach, Vorstandsvorsitzender der AachenMünchener. Darin verlangt Kleinlein ein deutliches Bekenntnis zum Lebensversicherungs-Geschäft. Kleinlein schreibt: „Sehr geehrter Herr Schmallenbach, es besteht leider derzeit Unklarheit darüber, ob und in welchem Umfang Sie oder die Generali-Lebensversicherung das Lebensversicherungsgeschäft bzgl. der Verträge der AachenMünchener Lebensversicherung auch mittel- und langfristig betreiben wollen (und können). Ich möchte Sie daher bitten, sich zur Fortführung ihres Lebensversicherungsgeschäfts zu bekennen.“

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Aber dieses Bekenntnis besteht bereits mit dem Dementi vom 16. Oktober. "Eine Auslagerung oder ein Verkauf von Lebensversicherungsbeständen stand und steht bei der AachenMünchener zu keinem Zeitpunkt zur Diskussion", heißt es im Pressetext der AachenMünchener vom 16. Oktober. Schmallenbach lässt sich mit den Worten zitieren: „„Wir werden selbstverständlich verlässlicher Partner unserer Kunden bleiben und möchten aktiv weitere neue Kunden gewinnen“. Sollte die AachenMünchener tatsächlich irgendwann Leben-Verträge outsourcen oder ihre Konzernmutter Generali dies entscheiden, wird sie an diesem Versprechen zu messen sein.

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