Es ist eine Steilvorlage für den Bund der Versicherten (BdV), als die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vor etwa einer Woche eine Studie präsentierte, wonach die Effektivkosten von Lebensversicherungs-Verträgen zu hoch seien. Damit berührt die Aufsichtsbehörde ein Kernthema des Verbandes: seit Jahren prangert er die -aus seiner Sicht- zu hohe Kostenlast der kapitalbildenden Verträge an. Es ist der Verband, der schon 1983 ein Urteil erstritt, wonach die Lebensversicherung zur Altersvorsorge als „legaler Betrug“ bezeichnet werden darf.

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Die BaFin-Zahlen greift BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein nun auf, um -darauf aufbauend- eigene Berechnungen zu präsentieren. Er will wissen, welchen Anteil die Versicherer ihren Kundinnen und Kunden als Zahlbeitrag abziehen. Denn die BaFin hat in ihrer Studie lediglich die sogenannten Effektivkosten ausgewiesen, wie es die Versicherer auch in ihren Verträgen handhaben. Eine eher intransparente Größe: Sie gibt an, um welchen Prozentsatz sich die Rendite eines Vertrages aufgrund der Kosten mindert. Die wenigsten Kundinnen und Kunden wissen aber, was das genau für sie bedeutet, so kritisieren Verbraucherverbände ebenfalls bereits seit Jahren: Die Sparenden würden im Dunkeln tappen, was sie tatsächlich für einen Vertrag bezahlen.

Fondsgebundene Verträge haben höhere Kosten

Eine Erkenntnis aus der BaFin-Studie: Für fondsgebundene Verträge, die mittlerweile das Neugeschäft der Anbieter dominieren, müssen die Kundinnen und Kunden im Schnitt mehr zahlen. „Bei einem durchschnittlichen fondsgebundenen Vertrag kassieren die Versicherer etwa ein Viertel der eingezahlten Beiträge nur für Kosten ein“, erklärt Kleinlein. Überraschenderweise sei die Kostenbelastung geringer, wenn es sich um klassische Verträge handelt, also solche Verträge, die auch garantierte Leistungen umfassen.

So hat die BaFin zum Beispiel berichtet, dass bei einem fondsgebundenen Vertrag, der 30 Jahre laufen soll, Effektivkosten von 1,9 Prozent anfallen: die Rendite folglich um 1,9 Prozent sinke. Das sei gerade bei einem Abzug von 29,2 Prozent auf jede Einzahlung der Fall. „Effektivkosten von 1,9 Prozent klingen nicht hoch und verbergen, dass tatsächlich knapp ein Drittel der Sparleistung unmittelbar von Kosten aufgefressen werden“, kritisiert Kleinlein.

Bei einem klassischen Versicherungsvertrag, der auch Garantien umfasst, liegen die tatsächlichen Kosten laut Kleinlein im Durchschnitt bei 16 Prozent des Beitrags. Bei fondsgebundenen Verträgen jedoch bei knapp 26 Prozent, obgleich hier die Versicherten das volle Anlagerisiko tragen müssen. „Es widerspricht dem Versicherungsprinzip, wenn die Lebensversicherer bei den für die Versicherten riskantesten Angeboten die höchsten Kosten ansetzen“, kritisiert Kleinlein. Und spitzt polemisch zu: „Die Unternehmen belohnen sich mit hohen Kosten dafür, dass sie noch weniger Leistung in Form von Garantien liefern. Das ist absurd.“

bundderversicherten.de

Auch BaFin äußerte Zweifel an der Angemessenheit mancher Produkte

Kritik hatte tatsächlich auch die BaFin an der Angemessenheit mancher Altersvorsorge-Produkte der Lebensversicherer geäußert: und durch die Blume argumentiert, dass es einige der Angebote gar nicht geben dürfte, wenn man das Kundeninteresse im Blick hat. „Die im Mittel zu beobachtenden Effektivkosten erscheinen bei den längeren Laufzeiten angesichts dieser Zielsetzung vertretbar. Die höheren Effektivkosten in der Spitze lassen aber ernsthaft daran zweifeln, dass die Produktfreigabeverfahren den Interessen, Bedürfnissen und Merkmalen des Zielmarktes ausreichend Rechnung getragen haben – so, wie es die Wohlverhaltensregeln vorgeben“, schreibt die Behörde. Zugespitzt formuliert, wären die teuersten Angebote dann als Altersvorsorge-Instrument ungeeignet.

Weshalb aber gerade Fondsverträge im Schnitt höhere Kosten haben, darauf liefert die BaFin zumindest Hinweise. Zum einen werden die Sparenden an den Vertriebs- und Verwaltungskosten der Fonds beteiligt. Und zum anderen gibt es Hinweise, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei diesen Angeboten doppelt Provision zahlen. So würden die Lebensversicherer teils Kick Backs von den Fondsgesellschaften erhalten: Folglich eine extra Provision, dass sie in bestimmte Fonds das Geld der Kunden stecken und diese halten. Nur bei etwa einem Viertel der Verträge würde das Geld komplett an die Sparenden zurückfließen, zudem „nur bei einem positiven übrigen Ergebnis“.

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Bei etwa 19 Prozent des Neugeschäfts (nach Beitragssumme) zahlen die Kapitalverwaltungsgesellschaften sogar Rückvergütungen direkt an die Vermittler, hebt die BaFin weiter hervor. Hier besteht die Gefahr, dass die Sparenden doppelt zur Kasse gebeten werden: für die Vermittlung des Leben-Vertrages und für die Vermittlung der Fonds. Nur in etwas weniger als der Hälfte dieser Fälle kennen die Lebensversicherer die konkrete Höhe dieser Provision. Sie schaffe zudem Fehlanreize, nicht in besonders gut laufende Fonds das Geld der Kundinnen und Kunden zu stecken, sondern in solche, die eben besonders hohe Kick Backs zahlen: unabhängig von ihrem Erfolg.

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