Krankenkassen können seit 2015 einen individuellen Zusatzbeitrag erheben, der zusätzlich zum allgemeinen Beitragssatz von 14,6 Prozent des Bruttoeinkommens berechnet wird. Damit sollen sie ihre Kosten ausgleichen, wenn das Geld aus Versicherten-Beiträgen und Zuschüssen aus dem Gesundheitsfonds nicht ausreicht. Beide Beitragsteile werden von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Hälfte getragen. Dabei gilt: Familienversicherte (Kinder, Partner) zahlen keinen Zusatzbeitrag.

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Wie sich die Zusatzbeiträge für das Jahr 2022 entwickeln, war mit Spannung erwartet worden. Selbst der GKV-Spitzenverband hatte im Frühjahr des letzten Jahres vor einer Kostenexplosion gewarnt. Teure Reformen der Bundesregierung, eine alternde Gesellschaft und die Mehrkosten der Corona-Krise sind nur drei potentielle Ursachen hierfür.

Fast keine Senkungen des Zusatzbeitrages

Das Onlineportal krankenkassen.net präsentiert nun einen Überblick der aktuellen Zusatzbeiträge. Das Ergebnis: Insgesamt 19 der 96 betrachteten Kassen hoben zum Januar 2022 die Zusatzbeiträge an, wobei der Anstieg zwischen 0,01 und 0,90 Prozent lag. Von höheren Beiträgen betroffen sind 29,3 Prozent aller Mitglieder beziehungsweise 16,6 Millionen Versicherte.

Den Zusatzbeitrag gesenkt haben hingegen nur elf Anbieter: zumeist kleinere Betriebskrankenkassen mit wenigen Versicherten. Sie stehen oft auch nur Mitarbeitern der jeweiligen Firmen und ihren Angehörigen offen oder sind regional begrenzt tätig. Zu ihnen gehört die Bertelsmann BKK, die ihren Zusatzbeitrag von 1,25 Prozent auf 1,00 Prozent absenkt. Ein anderes Beispiel ist die BKK Dürkopp Adler in Nordrhein-Westfalen: Sie verlangt künftig 0,88 Prozent statt 1,20 Prozent und steht zumindest allen Menschen in dem rheinischen Bundesland offen.

Den mit Abstand niedrigsten Zusatzbeitrag aller Krankenkassen hat im Jahr 2022 die BMW BKK, die statt 0,80 Prozent nun 0,30 Prozent berechnet. Aber auch diese Krankenkasse ist eine geschlossene Veranstaltung. Die rund 192.000 Versicherten sind alle für den bayrischen Autobauer tätig bzw. deren Verwandte.

Beinahe alle Ortskrankenkassen heben Beitrag an

Auffällig ist, dass fast alle Ortskrankenkassen ihren Zusatzbeitrag anheben mussten. Das betrifft neun von elf Anbietern: Lediglich die AOK Plus in Sachsen und Thüringen (Zusatzbeitrag unverändert 1,20 Prozent) und die AOK Niedersachen (1,30 Prozent) halten ihren Beitrag im Vergleich zum Vorjahr stabil. Doch auch die Ortskrankenkassen zeigen teils große Unterschiede bei dem, was sie zusätzlich verlangen. Folgende Kassen setzen den Zusatzbeitrag rauf:

  • AOK Baden-Württemberg (1,30 Prozent statt 1,10 Prozent)
  • AOK Bayern (1,30% statt 1,10%)
  • AOK Bremen/ Bremerhaven (1,60% statt 1,30%)
  • AOK Hessen (1,50% statt 1,30%)
  • AOK Nordost (1,70% statt 1,50%)
  • AOK Nordwest (1,70% statt 1,30%)
  • AOK Rheinland/ Hamburg (1,60% statt 1,10%)
  • AOK Rheinland- Pfalz/Saarland (1,30% statt 0,90%)
  • AOK Sachsen-Anhalt (0,80% statt 0,60%)
  • BKK PriceWaterhouseCoopers (1,48% statt 1,26%)
  • BKK B. Braun Aesculap (1,50% statt 1,30%)
  • BKK BPW Bergische Achsen KG (1,60% statt 1,10%)
  • BKK exklusiv (1,29% statt 0,99%)
  • BKK Public (1,30% statt 1,10%)
  • BKK Scheufelen (1,10% statt 0,90%)
  • BKK Würth (0,90% statt 0,20%)
  • Handelskrankenkasse hkk (0,69% statt 0,39%)
  • TUI BKK (1,35% statt 1,25%)

Durchschnittlicher Zusatzbeitrag: 1,27 Prozent

Der durchschnittliche Zusatzbeitrag liegt 2022 bei 1,27 Prozent, so hat krankenkassen.net errechnet. Das ist deutlich mehr als zum Jahresbeginn 2021, wo im Schnitt noch 1,22 Prozent gezahlt werden mussten. Gewichtet nach Mitgliederzahl der Krankenkassen klettert der Zusatzbeitrag gar auf 1,36 Prozent. Das liegt vor allem auch an den Mitgliederstarken Ortskrankenkasssen. Am teuersten sind die Beiträge nun für die über 3,6 Millionen Mitglieder der AOK Nordost und der AOK NordWest mit je 1,70 Prozent. Die Zahlen spiegeln den Stand zum 03.01.2022 wider.

Immerhin: Stabil bleiben die Prämien bei den größten überregionalen Anbietern. Die Techniker Krankenkasse (TK), mit mehr als 11 Millionen Versicherten größter Krankenversicherer Deutschlands, berechnet wie im Vorjahr 1,2 Prozent Zusatzbeitrag. Die Barmer zählt ebenfalls zu den großen überregionalen Krankenkassen: neun Millionen Versicherte vertrauen der Ersatzkasse mit Sitz in Berlin. Auch sie werden 2022 nicht mehr zahlen müssen. Laut Webseite des Versicherers bleibt der kassenindividuelle Zusatzbeitrag stabil bei 1,5 Prozent.

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Doch die aktuellen Zusatzbeiträge könnten sich schon im kommenden Jahr deutlich erhöhen. „Wenn die Politik nicht aktiv gegensteuert, wird es 2023 einen Beitrags-Tsunami geben“, sagte der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, der "Welt am Sonntag". So hat der Bund im Vorjahr schon Milliardenlöcher bei den Kassen mit einem Sonderzuschuss von 14 Milliarden Euro stopfen müssen.

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