Seit seinem Start in Deutschland setzt der Digitalversicherer Lemonade auf möglichst einfache Versicherungsbedingungen. Doch die Verbraucherschutzorganisation ‚Bund der Versicherten‘ (BdV) stört sich an den Details der Bedingungswerke. Nach Auffassung des BdV verwendet das Unternehmen in seiner kombinierten Hausrat- und Privathaftpflicht-Police Klauseln, die „absolut branchenunüblich sind und die Kund*innen in unangemessener Weise benachteiligen“.

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Konkret geht es zum einen um die Umzugsregelung (siehe Screenshot).

Screenshot Lemonade

Wer umzieht, muss seinen Vertrag kündigen und einen neuen abschließen. Andernfalls endet der Versicherungsschutz nach einem Monat automatisch - im Kombiprodukt auch für den PHV-Vertrag. Darin erkennt der BdV eine ungewöhnliche und unangemessen benachteiligende Vorgehensweise. Insbesondere der wichtige Privathaftpflichtschutz dürfe nur durch eine ausdrückliche und verständliche Kündigung enden, so der BdV.

Hausrat bei Lemonade: Es kommt auf Eigentumsverhältnisse an

Der zweite Kritikpunkt des BdV betrifft einen Ausschluss in der Hausratversicherung des Digitalversicherers. Demnach sind in der Lemonade-Police Gegenstände vom Versicherungsschutz ausgenommen, die sich versicherten Haushalt befinden, aber Eigentum einer anderen Person sind. Nach Auffassung des BdV gehört es jedoch zum Wesensmerkmal einer Hausratversicherung, dass es auf die Eigentumsverhältnisse gerade nicht ankommt. Maßgeblich sei allein, dass die Sachen der privaten Nutzung (Gebrauch bzw. Verbrauch) der Versicherungsnehmer dienen, so der BdV.

Stephen Rehmke, Vorstand des BdV, geht davon aus, dass der Versicherer die Auffassung der Verbraucherschützer teilt und die Versicherungsbedingungen entsprechend nachbessert.

Update: Lemonade sieht keinen Handlungsbedarf

Doch ganz so einfach ist die Angelegenheit nicht. Versicherungsbote konfrontierte den Digitalversicherer mit den Vorwürfen und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Die Argumentation der Verbraucherschützer sei in diesem Maße nicht zutreffend, so Lemonade gegenüber Versicherungsbote. Die angemahnte Formulierung zum Umzug (siehe Screenshot oben) beziehe sich ausschließlich auf den Hausratschutz, so der Versicherer. Deutlich würde das dadurch, so die Argumentation von Lemonade, dass immer die Rede von 'deine Sachen' ist.

Auch dem zweiten Kritikpunkt widerspricht Lemonade. Dass geliehene Gegenstände vom Schutz der Hausratpolice ausgeschlossen sind, sei erstens nicht unüblich im deutschen Versicherungsmarkt und zweitens klar und nachvollziehbar in den Versicherungsbedingungen dargelegt, so Lemonade auf Anfrage von Versicherungsbote.

Erfolgreiche Klausel-Anpassungen dank Verbraucherschutz in der Vergangenheit

Wie wichtig und sinnvoll die Arbeit der Verbraucherschutzorganisationen sein kann, zeigt ein Blick in die Vergangenheit. So kippten 2015 BdV und Verbraucherzentrale gemeinsam Klauseln, die HDI bei Riester-Tarifen verwendete, nach Hinweisen der Stiftung Warentest passte die Allianz Rechtsschutzversicherung Klauseln in rekordverdächtigem Tempo an und erst vor kurzem mahnte die VZ Hamburg eine Telefon-Klausel der Württembergischen ab.

Sollte Lemonade dennoch der Argumentation des BdV folgen und die abgemahnte Klauseln anpassen, müssten Kunden darüber informiert werden. So erklärte der Bundesgerichtshof erst in diesem Jahr, dass Versicherer ihre Kunden über die Verwendung unwirksamer Klauseln aufklären müssen.

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Hinweis: In einer älteren Version des Textes fehlte der Abschnitt 'Update'. Er wurde nach Erhalt der Stellungnahme des Versicherers ergänzt.

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