Versicherungsbote: Sie haben sich als Direktversicherer auf White-Label-Lösungen spezialisiert. Was ist der Vorteil von White Label aus Ihrer Perspektive: Vielleicht auch im Gegensatz dazu, dass man den Endkunden mit einer eigenen Marke direkt anspricht?

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Eric Schuh: Es stimmt, dass wir uns auf den White-Label-Ansatz spezialisiert haben, dennoch sind wir kein Direktversicherer, denn Vertrieb und Marketing der Versicherungsprodukte liegen immer bei unseren Partnern. Wir sind ein reiner B2B-Versicherer und Partner.
White-Label-Produkte bieten viele Vorteile. Wichtig ist für uns dabei, dass wir frei in der Wahl unserer Kooperationspartner sind. Wir können und wollen nicht nur einen Mehrwert für die Versicherungsbranche leisten, denn wir sind überzeugt davon, dass Versicherungsprodukte in vielen Kontexten einen Mehrwert für die Kunden leisten.

…daran anknüpfend: Das Modell, als „neuer“ Onlineversicherer mit eigener Marke den Endkunden anzusprechen, scheint mir auf dem deutschen Markt nicht einfach zu sein: Manch hoffnungsvoller Anbieter hat Probleme, Kunden zu binden, ein Anbieter wie Astra hat soeben auf Omnikanal-Vertrieb umgestellt. Würden Sie zustimmen? Was braucht ein Direkt- bzw. Digitalversicherer für den Erfolg?

Im August dieses Jahrs haben wir vom Meinungsforschungsinstitut Civey eine repräsentative Umfrage durchführen lassen, dabei kam unter anderem raus, dass über 72 Prozent der Befragten im Schaden- und Unfallbereich überhaupt nicht planen, die bestehenden Versicherungen in nächster Zeit zu wechseln.

In diesem Ergebnis zeigt sich, dass Neugeschäft eine zeitintensive Aufgabe ist, die kaum noch als neuer Versicherer zu bewältigen ist – egal, wie digital die Angebote auch sein mögen. Dafür braucht es Produkt- und Tech-Partner wie ELEMENT, das gilt sowohl für neue Versicherer als auch für die “Großen” - wir haben doch alle mehr Ideen als Zeit und wir helfen Partnern, noch mehr Wachstumsideen umzusetzen, indem wir gemeinsam Versicherungsprodukte und -lösungen realisieren.

Element hatte im Jahr 2020 mit den Auswirkungen der Coronakrise zu kämpfen, was sich u.a. -trotz sehr guter Schaden/Kosten-Quote- in einem negativen versicherungstechnischen Ergebnis niederschlug. Können Sie uns einen Einblick geben, wie sich das Geschäftsjahr 2021 bisher entwickelt hat?

Tatsächlich ist unsere Schadenquote sehr gut und dies auch weiterhin. Über 2021 lässt sich bislang sagen, dass wir unser stärkstes Jahr seit der Gründung 2017 erleben. Mit über 20 Produkten und über 40 Partnern sind wir klar auf Wachstumskurs.
Was außerdem positiv ist, über 70 Prozent unserer Mitarbeiter haben während der Coronakrise bei uns angefangen, sodass wir inzwischen 135 Köpfe zählen. Digitale Finanzdienstleistungen sind nicht nur für die Verbraucher attraktiv, sondern auch für Experten aus den traditionellen Versicherern und vor allem für Tech-Fachleute.

Sie kooperieren selbst mit zahlreichen Versicherern, die Ihre Plattformen und White-Label-Lösungen nutzen. Warum gibt es diesen Trend hin zu Kooperationen? Oder anders gefragt: Weshalb sind diese Versicherer auf Ihre Services angewiesen?

Wir schaffen Kapazitäten für die Fachbereiche oder den Vertrieb, indem wir beispielsweise ein Produkt schnell und digital realisieren oder auf Zielgruppen zuschneiden. Die gemeinsamen Projekte, die wir realisieren oder starten, komplettieren strategische Vorhaben, die entweder ohne die zusätzlichen Ressourcen einer Partnerschaft nicht umsetzbar sind oder die auch mal ganz kurzfristig benötigt werden, als Reaktion auf einen Marktimpuls. Immer wieder gibt es technisch sehr komplexe und anspruchsvolle Projekte, die ein Versicherer unter Umständen eben nicht selbst abbilden kann. ELEMENT hat auch für solche Fälle Spezialisten. Dann liefern wir komplette Produkte sowie Antrags- und Abschlussstrecken. Zudem kümmern wir uns um die technische Integration auf allen Ebenen.

Eine Studie aus dem Hause Senacor zeigt, dass junge, onlineaffine Menschen einerseits Versicherungen gern online abschließen: ihnen zugleich aber persönliche Beratung wichtig ist. Gerade bei der Schadenbearbeitung wird ein persönlicher Ansprechpartner gewünscht (81 Prozent Zustimmung). Wie kann dieser Schulterschluss gelingen?

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Zum einen müssen Versicherer, Vermittler und Berater einen guten Online-Service anbieten. Ein Q&A-Bereich auf der jeweiligen Website oder ein Chatbot reicht da einfach nicht. Bei Schadenfällen muss ein kompetenter Ansprechpartner erreichbar sein, schließlich bedeutet ein Schadenfall Stress für den Versicherungsnehmer.
Ebenfalls können parametrische Lösungen sehr hilfreich sein: Wir haben Lösungen im Markt, bei denen die Schadenauszahlung eine vorher festgelegte Summe ist, die automatisiert, also ohne persönliche Schadenmeldung ausgezahlt wird, beispielsweise bei der Cloud-Ausfall-Versicherung mit unserem Partner Parametrix. Damit ist der Schadenfall sehr unkompliziert und schnell abzuwickeln.

...auch Makler können ein eigenes Ökosystem schaffen

Versicherungsbote: Oft ist davon die Rede, dass Versicherer nun ein eigenes Ökosystem werden müssten: auch Ihre Webseite wirbt damit. Können Sie uns einen Einblick geben: Was gehört dazu? Welche Mehrwerte muss ein Versicherer über das „eigentliche“ Versicherungsgeschäft hinaus bieten?

Eric Schuh: Nicht jeder Versicherer muss ein eigenes Ökosystem begründen, das ist nicht unser Anliegen und das wird unserer Meinung nach auch nicht passieren. Vielmehr geht es darum, Versicherungsprodukte als ein Teil von kundenzentrierten Ökosystemen zu begreifen. Das heißt, es muss ein generelles Verständnis geben, in welchen Kontexten Versicherungen einen Mehrwert stiften. Das kann in vielen Bereichen der Fall sein, Vorreiter sind beispielsweise die Bereiche „Home“ und „Mobility“ – es formieren sich gerade in vielen anderen Segmenten große Ökosysteme. Die Digitalisierung und der technische Fortschritt machen es möglich, dass Versicherungslösungen nativ in existierende Produktlandschaften eingebettet werden können. Das wird in den nächsten Jahren ein Mega-Trend werden.

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Was Versicherer in Ökosystemen leisten können und hier vor allem die Digitalversicherer: Wir können, zusätzlich zu unseren Kern-Versicherungsleistungen, sozusagen als “Daten-Bank” agieren und eine Infrastruktur für einen sicheren Datenaustausch gewährleisten. Versicherer verfügen schon über sehr große Datensätze ihrer Kunden und haben diese immer gut geschützt. Woran es fehlt, ist die noch konsequentere und anonymisierte Auswertung und Augmentation, um Versicherungsprodukte und dann die weiteren Produkte und Dienstleistungen eines Ökosystems zielgruppengerecht zuzuschneiden. InsurTechs haben diese Fähigkeiten.

Können aus Ihrer Sicht auch Versicherungsmakler ein solches Ökosystem schaffen, um Kundinnen und Kunden zu binden? Müssen auch sie -gerade angesichts zunehmender Konkurrenz aus dem Netz- umlernen?

Absolut. Sie haben bereits den Wunsch nach Beratung der Gen Y und Gen Z angesprochen. Und warum sollten derartige Dienstleistungen nicht von einem Makler übernommen werden, inklusive der Abschlüsse? Wir arbeiten viel und gerne mit Vermittlern und Assekuradeuren zusammen. Neu ist für viele Makler sicherlich die Umstellung auf kontaktlose Beratung, nur sind wir ehrlich, das wird in den nächsten fünf Jahren natürlich immer mehr ein Thema werden. Positiv ist, dass viele Makler und Makler-Versicherer bereits sehr planvoll ihre Online- und Direktabschluss-Kompetenzen aufbauen.

Eines Ihrer bekannteren Produkte: Gemeinsam mit Signal Iduna haben Sie die Versicherung09 für Fans von Borussia Dortmund auf den Markt gebracht. Können Sie uns einen Einblick in Ihre Produktschmiede geben: Wie kam es zu der Idee für diese Versicherung? Was sind die Vorteile, auf diese Art speziell Fans anzusprechen?

Die Versicherung09 ist fast unser ältestes Produkt und es läuft immer noch sehr gut. Signal Iduna platziert oftmals Werbung bei den Heimspielen des BVB, was sich sehr positiv auswirkt. Das Produkt wurde bis ins Detail zusammen mit der Signal erarbeitet. Die sogenannte „Gamification“ wurde dann Stück für Stück realisiert. Die Vorteile liegen hier in der vertikalen Produktstrategie. Das bedeutet, dass die Fans, die die Versicherung09 abschließen, dies auch tun, da sie sich mit dem Verein identifizieren. Es ist ein klassisches Beispiel für gelungene “Embedded Insurance”.

Es ist denkbar, dass in Zukunft mehr Vereine und andere große Interessensgruppen auf uns zukommen, um eine personalisierte Versicherung für ihre Fans und Mitglieder anzubieten. Ich kann verraten, dass ich, obwohl ich kein flammender Fußball-Fan bin, das Produkt für unsere Wohnung in Berlin selbst abgeschlossen habe, da ich Preis-Leistung gut und den Abschluss super einfach und schnell fand. Wenn der BVB jetzt noch fleißig Tore schießt, dann bekomme ich sogar Geld zurück. Also wird nicht nur mancher Fußballfan Versicherungskunde, sondern ein Versicherungskunde wie ich möglicherweise noch zu einem richtigen Fußballfan!

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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