Bei Wasserschäden an Gebäuden denkt man zunächst häufig an jene tückischen Leitungswasserschäden, die mittlerweile den Gebäudeversicherern jährlich 3,1 Milliarden Euro an Schäden verursachen (Versicherungsbote berichtete). Oder man denkt an reißende Flüsse und großflächige Überschwemmungen wie bei der Hochwasserkatastrophe durch Unwettertief Bernd. Die Kraft des Wassers kann aber auch unterirdisch großen Schaden an Gebäuden anrichten. Dann aber greift der Versicherungsschutz in der Regel nicht, wie zwei Streitfälle vor Gericht veranschaulichen.

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In einem ersten Rechtsstreit musste das Oberlandesgericht (OLG) Hamm in Berufung über die Klage einer Frau entscheiden, deren Keller überflutet wurde. Im Haus dieser Frau war eine Pumpe ausgefallen. In der Folge drang Wasser aus einem vor dem Haus gelegenen Schacht durch das Leitungssystem zurück und trat aus einem Rohrstutzen aus.

Der Schaden war beachtlich: Laut Angabe der Hausbesitzerin stand das Wasser im Keller vier bis fünf Zentimeter hoch. Zum Glück, so meinte die Betroffene, greife für solch einen Fall ihre Gebäudeversicherung. Definiere Paragraf 3 der Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen doch genau so einen Nässeschaden: Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden.

Die Versicherung nahm an: Der Schaden entstand auch durch Wasser aus dem Erdreich

Die Frau meinte, Wasser hätte sich aus Verbrauchsstellen im Keller angesammelt und hätte sich gestaut. Dann wäre es aufgrund der defekten Pumpe über die Rohre zurück ins Haus geflossen. Also wollte die Frau den Schaden nun als Leitungswasserschaden von ihrer Wohngebäudeversicherung ersetzt haben.

Der Wohngebäudeversicherer aber verweigerte die Zahlung. Denn er zweifelte an, dass so viel Wasser in den Keller dringen könne ohne Wasser aus dem Erdreich. Also berief sich das Unternehmen auf Paragraf 3 Nr. 4 der Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen: Nicht versichert sind, ohne Rücksicht auf mitwirkende Ursachen, Schäden durch Grundwasser.

Der Grundwasserstand war zum Schadentag niedrig

Die Frau akzeptierte diese Begründung nicht und klagte vor dem Landgericht (LG) Bielefeld – ohne Erfolg. Denn das Landgericht wies die Klage ab (Az. 7 O 261/16). Die Hausbesitzerin wollte jedoch nicht aufgeben: Sie ging vor dem Oberlandesgericht Hamm in Berufung. Mit Urteil vom 09.10.2019 musste nun das Oberlandesgericht entscheiden, ob die Versicherung einstandpflichtig ist (Az. 20 U 80/10).

Die Klägerin war sich ihrer Sache schließlich ziemlich sicher: der Grundwasserstand war zum Zeitpunkt des Wasserschadens äußerst niedrig. Demnach schied aus Sicht der Frau ein Grundwasserschaden aus, der nicht durch ihre Gebäudeversicherung gedeckt wäre.

Der zuständige Senat des Oberlandesgerichts aber ließ das Schadens-Szenario durch einen Sachverständigen prüfen. Und diese Prüfung ergab: Die Frau irrte sich mit ihrer Vorstellung der Schadensursache. Denn hätte sich wirklich Wasser aus Verbrauchsstellen im Keller angestaut, wäre es irgendwann einfach nicht mehr abgeflossen, statt schlagartig zurückzufließen. Auch hätte sich durch einen Stau gar nicht so viel Wasser ansammeln können – schon eine Wasserhöhe im Keller von einem Zentimeter mache ein solches Szenario, wie die Frau es schildert, unwahrscheinlich.

Die Lösung des Problems: Schichtenwasser verursachte einen Teil des Schadens

Wenngleich es sich hierbei nicht um Grundwasser handelte, muss das Wasser also doch von außen gekommen sein. Statt durch Grundwasser, so erklärte der Experte, wäre der Schaden durch Schichtenwasser verursacht. Der Unterschied zwischen Grundwasser und Schichtenwasser besteht einzig darin, in welcher Tiefe das Wasser auf eine wasserundurchlässige Schicht trifft und nicht mehr weiter versickern kann. Schichtenwasser drang demnach in den Schacht und dann, aufgrund der defekten Pumpe, in die Rohre.

Schließt die Klausel in Paragraf drei auch Schäden durch Schichtenwasser aus?

Aber ist die Klausel aus Paragraf drei Absatz vier auch so formuliert, dass Leistungen durch Schichtwasser-Schäden vom Versicherungsschutz ausgenommen sind? Laut Gericht trifft dies zu. Das Gericht bemüht für seine Urteilsgründe jenen oft zitierten Obersatz aus der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH): Allgemeine Versicherungsbedingungen (AVB) sind so auszulegen, wie ein „durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer“ sie „bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs“ versteht. Wichtig: Hierbei kommt es auf Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers „ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse“ an. Aber auch weitere Spezialkenntnisse sind laut Gericht bei der Auslegung der Versicherungsbedingungen zu vernachlässigen.

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Gebäudeversicherer haften nicht für Wasserschäden aus dem Erdreich

Das betrifft zum Beispiel den Unterschied zwischen Grund- und Schichtenwasser. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer würde den Ausschluss für „Grundwasser“ – ausgehend vom Sprachgebrauch des täglichen Lebens – derart verstehen, dass der Versicherer „nicht für Schäden haften will, die (auch) durch Wasser entstehen, welches natürlicherweise im Erdreich vorhanden ist.“ Und weil es sich bei „Schichtenwasser“ ebenso wie bei dem „Hauptgrundwasser“ um im Erdreich gestautes Wasser aufgrund vorangegangener Niederschläge handelt, greift die Klausel – und der Schaden ist nicht durch die Gebäudeversicherung gedeckt. Aus diesem Grund wurde auch die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Wasser aus dem Erdreich – die Deckungslücke (auch der Elementarschadenversicherung)

Ein Satz des Berufungsurteils aber erstaunt. Denn der Versicherungsnehmer müsste anhand der Klausel auch erkennen, „dass der Versicherer nur im Rahmen einer Elementarversicherung für die Folgen von Natureinwirkungen einstehen will, die menschlich nicht beherrschbar sind“. Das legt nahe, eine Elementarschadenversicherung hätte für den gleichen Schaden geleistet – was aber nicht zutrifft, wie ein anderes Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg mit Datum vom 30.04.2015 (Az. 1 U 87/14) veranschaulicht.

Auch hier hatte der Kunde gegen die Versicherung geklagt. Und auch hier war der Kläger in zweiter Instanz vor dem Berufungsgericht gelandet. Anders als die Frau vor dem Gericht in Hamm aber hatte dieser Mann nicht nur eine Wohngebäudeversicherung abgeschlossen, sondern außerdem noch einen Zusatzbaustein gegen erweiterte Elementarschäden.

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Der Versicherungsfall setzt voraus, dass sich erhebliche Wassermengen auf dem Gelände befinden

Der Mann hatte einen Schaden durch ein Unwetter mit sintflutartigen Regenfällen erlitten. Auch in diesem Fall aber war kein Wasser aber über die Oberfläche in das Haus eingedrungen, sondern es kam aus dem Erdreich. Demnach handelte es sich hier ebenfalls um Schichtenwasser, wie das Gericht darlegte. Der Schaden aber war auch durch die Elementarschadenversicherung nicht gedeckt. Das Gericht erklärte: Der Versicherungsfall setze voraus, dass sich erhebliche Wassermengen auf dem das versicherte Gebäude umgebenden Gelände befinden, die auf das Gebäude einwirken. Für die – oftmals synonym verwandten – Begriffe „Überschwemmung“ und „Überflutung“, die durch die Elementarschadenversicherung gedeckt sind, sei nach der Rechtsprechung ein Hinaustreten des Wassers über die Erdoberfläche kennzeichnend.

Das Wasser darf nicht "erdgebunden" sein

Das Wasser dürfe demnach nicht mehr „erdgebunden“ sein. Nur dann müsse die Elementarschadenversicherung leisten. Aus diesem Grund wurde auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht Bamberg abgewiesen, da keine Aussicht auf Erfolg für den Versicherungsnehmer besteht. Das Urteil des Oberlandesgerichts Bamberg ist beim Rechtsportal Rewis verfügbar.

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