Dabei ging es zunächst darum, wann die Verjährungsfrist für Schadenersatzansprüche in Lauf gesetzt wurde, ab wann die Betroffenen also alle Umstände kannten, um ihre Ansprüche geltend machen zu können. Ob sie etwa wegen der komplexen Tatsachen- und Rechtslage und der Frage der Verantwortlichkeit des Herstellers und seiner Organe erst noch obergerichtliche Entscheidungen zur Frage einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung abwarten durften. Es stellte sich später schließlich die Frage, welche Anforderungen bei verjährten Schadensersatzansprüchen an die Darlegung und Berechnung von erst nach zehn Jahren verjährenden Ansprüchen auf die Abschöpfung des Gewinns aus unerlaubter Handlung zu stellen sind. Ein weiteres Beispiel: Ob eine Rechtsschutzdeckung für ein Schadenersatzbegehren schon dann zugesagt werden muss, wenn das Betroffensein des eigenen Fahrzeugs von manipulierter Abgastechnik noch nicht näher, über Pressemeldungen hinaus, konkretisiert werden konnte.

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Welche Funktion kommt Ihnen bei einer solch undeutlichen Rechtslage zu?

Solange diese Fragen noch nicht durch eine weitgehend einheitliche und gefestigte oder höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt waren, haben wir in den meisten Fällen Schlichtungsvorschläge unterbreitet. Diese beinhalteten die Übernahme der Kosten der rechtlichen Interessenwahrnehmung zu einer bestimmten Quote. Dem lag eine Einschätzung der Prozessrisiken bei einer etwaigen Deckungsklage zugrunde. Aber mittlerweile sind aus dem Dieselaffären-Komplex viele solcher Fragen geklärt.

Ihr Vorgänger kritisierte am deutschen Musterfeststellungsverfahren, dass der Einzelne selbst dann keinen automatischen Anspruch auf Schadenersatz hat, wenn der klagende Verbraucherverband das Verfahren gewinnt. Haben sich die Befürchtungen bestätigt?

Natürlich muss der einzelne betroffene Verbraucher, der sich ins Klageregister hat eintragen lassen, seinen Anspruch dann der Höhe nach noch individuell geltend machen. Hier steckt weiteres Streitpotenzial. Nach meiner Einschätzung ist die Abwicklung in den VW-Fällen allerdings relativ problemlos verlaufen. Die Parteien des Musterfeststellungsverfahrens hatten dort auch hierzu ein spezielles Schlichtungsverfahren vereinbart, an dem auch mein Vorgänger als Ombudsmann, Professor Günter Hirsch, beteiligt war.

Haben Sie Vorschläge, wie man Verbrauchern bei Ereignissen wie dem VW-Abgasskandal die Durchsetzung der Ansprüche erleichtern könnte?

Hier bleibt der Vorschlag auf dem Tisch, den mein Vorgänger ins Spiel gebracht hat: Nach dem gerichtlichen Musterfeststellungsverfahren zum Anspruchsgrund eine Schlichtung zur Anspruchshöhe vorzusehen. Das betroffene Unternehmen muss dazu allerdings bereit sein. Ob eine verpflichtende Teilnahme dem Unternehmen gesetzlich vorgeschrieben werden sollte, ist nach wie vor in der Diskussion.

Ab wann ist eine Beschwerde der Versicherungsnehmer aus Ihrer Sicht erfolglos?

Der klassische Fall ist der, dass die Bewertung durch den Versicherer nicht zu beanstanden ist, aber die Gründe bis dahin nicht besonders einsichtig erläutert worden sind. Das können wir dann laienverständlich und mit der Überzeugungskraft der unabhängigen Prüfung nachholen.

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Hinweis: Das Interview mit Wilhelm Schluckebier erschien zuerst in der neuen Print-Ausgabe 2/2021 unseres Fachmagazins. Das Magazin ist kostenlos und kann auf unserer Webseite abonniert werden.

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