Die Wirtschaft fürchtet lange Koalitionsverhandlungen

Die Koalitionsbildung ist also äußerst schwierig – und könnte lange Verhandlungen provozieren. Dies aber fürchten Vertreter der Wirtschaft. Denn Deutschland findet sich in einer wirtschaftlich fragilen Situation nach Corona – und das mit einer Vielzahl an Aufgaben, die keinen Aufschub zulassen. So warnt mit Martin Klein der Vorstand des Branchenverbands VOTUM Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa: Die Politik dürfe sich jetzt nicht „in ewiglangen Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen über Randthemen verlieren“, sondern müsse „schnell zusammenfinden, um die großen Herausforderungen anzugehen: Klimaschutz, Multilateralismus, Freihandel, aber auch Rente und Bürokratieabbau.“

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Klein fordert im Namen des Verbands: Lieber “sich gemeinsam auf den Weg machen und das dringend benötigte Modernisierungsjahrzehnt einläuten“, statt „wieder monatelang einen 174-seitigen Koalitionsvertrag auszuhandeln, der das Papier nicht wert ist, auf dem er geschrieben ist!“

Die Themen warten nicht

Weniger polemisch, aber ähnlich fordernd klingt der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Versicherungswirtschaft (GDV) Jörg Asmussen. Wäre es doch wichtig, dass die Parteien jetzt rasch eine handlungsfähige Regierung bilden: „Die Themen warten nicht: Im November findet die UN-Klimakonferenz COP 26 statt. Ab 1. Januar übernimmt Frankreich die EU-Präsidentschaft. Und aus Sicht der Versicherer stehen zentrale Dossiers wie die Solvency-II-Review auf der Tagesordnung“, mahnt der Funktionär des Verbands.

Deutschland steht „vor den schwierigsten Herausforderung seit langer Zeit“

Noch drastischer bewertet Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), die Gefahr langer Koalitionsverhandlungen: Deutschland stehe „vor den schwierigsten Herausforderung seit langer Zeit.“ Demnach müsse die neue Bundesregierung „schnell wegweisende Entscheidungen zum Klimaschutz, zur digitalen Transformation und zur sozialen Erneuerung treffen“. Ansonsten würde nicht weniger als „Deutschlands wirtschaftlicher Wohlstand" auf dem Spiel stehen.

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Sogar Europa wäre beim langen Hinauszögern einer Regierungsbildung gefährdet – und könne „im Systemwettbewerb mit China und den USA ins Hintertreffen geraten". Aus diesem Grund mahnt der Experte: Die Bundesregierung solle sich „schnell finden und in den ersten 100 Tagen ein überzeugendes Programm mit Schwerpunkt Zukunftsinvestitionen, Entbürokratisierung und einer stärkeren Integration Europas angehen“.

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