Laut einem Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichtes sind Versicherungsmakler verpflichtet, im Beratungsgespräch die Kunden aufzuklären, wenn ein Versicherer im Ausland sitzt und dem dortigen Insolvenzrecht unterliegt: andernfalls verletzt er seine Beratungspflicht. Auch wenn es im vorliegenden Fall um eine Wohngebäude-Police ging, könnte das Urteil auch mit Blick auf die Altersvorsorge interessant sein: denn der vermittelte Versicherer stammte aus Liechtenstein, wo auch viele -in Deutschland tätige- Lebensversicherer residieren (Saarländisches OLG, Urteil vom 05.03.2021 - 5 U 37/20).

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Rohrbruch: und der Versicherer ist insolvent?

Geklagt hatte im verhandelten Rechtsstreit ein Versicherungsnehmer, der bei seinem Makler am 11. August 2016 eine Wohngebäude-Police mit Elementarschutz abgeschlossen hatte: und dafür seinen bisherigen Altvertrag gekündigt. Der Versicherungsmakler vermittelte über einen deutschen Assekuradeur einen Vertrag, dessen Risikoträger die „G. Insurance AG“ aus Liechtenstein war. Die vierteljährliche Prämie betrug 80,96 Euro: ein sehr günstiger Schutz. Andere angebotene Verträge wären weitaus teurer gewesen.

Als der Kläger einen angeblichen Rohrbruchschaden meldete, musste er jedoch feststellen, dass die dortige Finanzmarkt-Aufsicht dem Versicherer im September 2016 das Neugeschäft untersagt hatte und im November ein Konkursverfahren eröffnet wurde. Eine entsprechende „Kanalsanierung“ in Höhe von 10.066,84 Euro (inklusive Mahnkosten) musste der Kläger selbst zahlen, obwohl ein Gutachter den Rohrbruchschaden bereits begutachtet hatte.

Für diesen Schaden wollte der enttäuschte Hausbesitzer nun seinen Versicherungsmakler haftbar machen. Das Argument: Ein verantwortungsbewusster Versicherungsmakler hätte die G. Insurance AG in keinem Sachgebiet als Versicherer vorschlagen dürfen, eine gebotene Marktanalyse sei ausgeblieben. Ein Angebot verschiedener Versicherungen sei nicht erfolgt, der beklagte Makler habe sich blind auf die Vorgaben des Assekuradeurs gestützt und den Kläger nicht darüber informiert, dass zwischen der Beklagten und der Versicherung gleich zwei weitere Beteiligte gestanden hätten, die in erster Linie Eigeninteressen verfolgten. Er hätte aber -gerade, weil der Versicherer im Ausland sitzt- die Solvenz prüfen müssen, was nicht erfolgt sei.

Beratungspflicht verletzt, aber…

Anders als zuvor das Landgericht Saarbrücken bestätigte das Saarländische Oberlandesgericht, dass im vorliegenden Fall der Versicherungsmakler seine Beratungspflichten verletzt hat. Im Urteilstext heißt es hierzu: „Schon auf der Grundlage des unstreitigen Geschehensablaufes steht fest, dass dem Kläger die besonderen Risiken des angebotenen Vertrages, die ihm offenkundig nicht bewusst waren und über die die Beklagte ihn aufzuklären hatte, nicht hinreichend deutlich gemacht wurden; darin liegt ein Verstoß gegen die Beratungspflicht aus § 61 Abs. 1 VVG.“

Der Umfang der Beratungspflicht richte sich nach dem Beratungsbedarf des künftigen Versicherungsnehmers, hob das OLG weiter hervor. Es bestehe die Pflicht zur „anlassbezogenen“ Beratung. Das heißt, der Makler müsse alle Umstände offenlegen, die für den Entschluss des Versicherungsnehmers von wesentlicher Bedeutung sein können, einen Vertrag abzuschließen oder nicht.

Explizit hob das Gericht hervor, dass sich die Beratungspflicht des Maklers nicht auf den vermittelten Vertrag beschränkt. „Allgemein muss der Versicherungsvermittler den Versicherungsnehmer vor allem dann aufklären, wenn er erkennen oder mit der naheliegenden Möglichkeit rechnen muss, dass dieser aus mangelnden versicherungsrechtlichen oder versicherungstechnischen Kenntnissen nicht die für ihn zweckmäßigste Vertragsgestaltung gewählt hat“, heißt es.

Hier hätte der Versicherungsmakler das Risiko ansprechen müssen, dass die Absicherung von Zahlungsausfällen bei einem ausländischen Versicherer eingeschränkt sein kann - und zwar unabhängig davon, ob er von der drohenden Insolvenz des Versicherers hätte wissen können. Der bloße kleingedruckte Hinweis auf den Risikoträger in der Beratungsdokumentation reiche hier nicht aus, um den Antragsteller angemessen aufzuklären.

Versicherungsnehmer in Beweispflicht, das ihm ein Schaden entstand

Obwohl das Oberlandesgericht eine Falschberatung bestätigt hat, ging der Kläger leer aus. Er hätte nämlich beweisen müssen, dass ihm tatsächlich ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist, was ihm über zwei Instanzen hinweg nicht gelang. Hierfür hätte er glaubhaft darlegen müssen, was er getan hätte, wenn er richtig über den Sitz des Versicherers im Ausland informiert worden wäre. Die Beweislast liegt in diesem Fall beim klagenden Versicherungsnehmer.

“Ein ersatzfähiger Schaden ist erwiesen, wenn der Kläger im Falle ordnungsgemäßer Beratung anderweitigen Versicherungsschutz erworben und wegen eines hiernach gedeckten Versicherungsfalles Entschädigung in geltend gemachter Höhe erhalten hätte. Weil jedoch mehrere Möglichkeiten bestehen, dieses Ziel zu erreichen, muss der Versicherungsnehmer nachvollziehbar dartun, wie er sich bei ordnungsgemäßer Beratung durch den Makler verhalten hätte und wie sich seine Vermögenslage dann insgesamt - und nicht lediglich bezogen auf einzelne Schadenspositionen (…) gestaltet hätte“, heißt es im Urteilstext.

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Denkbar wäre zum Beispiel gewesen, dass der Versicherungsnehmer seinen Vorvertrag gar nicht gekündigt hätte: Jedoch wäre beim Vorversicherer der Schaden womöglich gar nicht gedeckt gewesen, gab das Gericht zu bedenken. Denkbar wäre auch, dass er sich für einen anderen Versicherungsvertrag entschieden hätte, wenn er über das Risiko eines ausländischen Versicherers informiert worden wäre. Möglicherweise hätte der Kunde den Vertrag auch trotzdem genau in der angebotenen Form abgeschlossen, da die Prämie besonders günstig gewesen sei im Vergleich zu Wettbewerbern. Dem Kläger gelang es nicht, vor Gericht glaubhaft darzustellen, für welche Option er sich entschieden hätte und ob er folglich Versicherungsschutz genossen hätte - Bedingung für das Vorliegen eines Schadens. Deshalb wurde die Klage zurückgewiesen, der Makler kommt trotz Falschberatung davon.

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