Volker Büscher: Wie wichtig das ist? Es ist überlebenswichtig! Wenn die Menschen „draußen“ uns nicht kennen, dann können sie ja auch nicht unseren Mehrwert kennen und verstehen, warum es eine super Sache ist, Teil des Hera-Netzwerks zu sein. Auch abseits des Themas Tierversicherung ist es natürlich sinnvoll und auch möglich, sich zu positionieren. Dafür gibt es in meinem Netzwerk mit Sebastian Heithoff einen ausgemachten Experten, mit dem ich mich seit 2017 regelmäßig berate. Wir beide haben gemeinsam schon viele Leute in der Branche mit der uns eigenen westfälischen Direktheit aufgescheucht – aber immer zu ihrem eigenen Besten! Seb sagt immer: Das Gegenüber muss bereits vor dem ersten persönlichen Kontakt erkennen können, wer wir sind, wofür wir stehen und warum es eine super Sache ist, mit uns zu arbeiten. Genau dafür gibt es Positionierung. Wobei die ja nicht zwingend auf ein Produkt bzw. eine Versicherung gemünzt sein muss. Man kann sich auch auf die Zielgruppe Ärzte, Bauhandwerker, Schüler oder Großeltern konzentrieren. Wichtig ist immer, dass wir denen aber auch einen Mehrwert bieten. Heithoff würde sagen, ein „Warum“. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass mein Team und ich uns auch als Menschen und als Tierfreunde klar positionieren.

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Wo sehen Sie Grenzen, nach dem Motto — persönliche Beiträge ja, aber das hat auf einer Agentur-Webseite nichts verloren? Gibt es für Sie Tabuthemen?

Darf ich jetzt „Schalke 05“ sagen, oder bekomm ich dann Ärger?! Also, Revierrivalitäten einmal beiseite gelassen: Über Politik und Religion sollten wir in unserer Online-Kommunikation eher nicht sprechen. Fußball ist natürlich auch ein Reizthema, aber da kann ich einfach nicht anders. Schlussendlich wird ja auch niemand gezwungen, mit Inhalten zu interagieren, die einem mal nicht gefallen. Eine Marke darf Ecken und Kanten haben und sollte das wohl auch. Ich kann und will mich einfach nicht verstellen! Man muss zu dem stehen, wie man ist. Und im positiven Sinne ein Stück bekloppt zu sein, das schadet im Vertrieb nur äußerst selten. Im Übrigen habe ich auch einige Tiere aus Gelsenkirchen ohne Risikozuschlag versichert. ☺

Ihre Zielgruppe finden Sie unter Tierliebhabern bundesweit. Ich nehme an, Sie haben sich bereits zeitig auf digitale Beratung spezialisiert? Hat Ihnen das geholfen, durch die Corona-Pandemie zu kommen?

Wir beraten bereits seit Mitte der 2010er Jahre digital. Für uns war das nie eine Frage, sondern von Anfang an eine tolle Möglichkeit, um durch die Online-Beratung einen weiteren Kanal zu Messenger, Telefon und E-Mail zu eröffnen, der den Kunden auch sehr gut gefällt. Wir arbeiten zwar auch nach wie vor viel über das Telefon, aber Messenger und Online-Beratung sind ebenso wichtige Standbeine im Umgang mit unserem Netzwerk und der Kundschaft. Die Corona-Pandemie hat sich insofern nur sehr wenig auf unser Geschäft ausgewirkt. Um ehrlich zu sein überhaupt nicht, da alle unsere Kunden uns weiterhin über die digitalen Kanäle erreichen konnten. Für uns war „von überall arbeiten“ und mit dem Smartphone das Büro „immer dabei haben“ bereits seit Jahren normal. Doch für manche braucht es eben erst eine Krise oder einen Zwang von außen, um veraltete Denkweisen zu überkommen. Schade eigentlich! Denn so lässt man sich jedwede Möglichkeit von Pionierarbeit und Pioniergewinnen entgehen.

Sie vertreiben neben Tierversicherungen auch Hausrat-, Rechtsschutz- und Haftpflicht-Policen. Oft hört man aus Branchenkreisen, Versicherungen zu bewerben, sei „unsexy“, was die Zielgruppen-Ansprache erschwere. Haben Sie Tipps für andere Kolleginnen und Kollegen, die vielleicht nicht auf die Unterstützung eines charmanten Boxer-Hundes zurückgreifen können?

Wir haben ja schon darüber gesprochen, dass wir am besten so wenig wie möglich über das Produkt an sich reden sollten. Gerade in den Postings haben die Konditionen eines Versicherungstarifs nichts verloren, außer bei Veränderungen, die wir positiv hervorheben wollen. So etwas kann man aber über eine Werbung (Ad) sehr viel besser und zielgerichteter machen, als über ein Posting. In den Postings machen wir Storytelling, wir erzählen nur am Rande etwas von Versicherungen, wir erzählen dafür lieber was vom Pferd, vom Hund oder von der Katze. Sich dabei selbst auch nicht all zu ernst zu nehmen, ist überaus hilfreich. Das hat auch nix damit zu tun, ob wir ne Krawatte tragen oder nicht – der Mensch hinter der Krawatte ist entscheidend. Wir selbst sind die Marke und es ist an uns, diese Marke, ihren Inhalt und ihren Mehrwert für die Kundschaft sichtbar und erlebbar zu machen. Wenn wir das nicht machen, wer soll es sonst tun? Wer darauf wartet, dass uns die Versicherungsgesellschaft zur individuellen Marke macht, der glaubt auch an den Eifel-Yeti. Die können uns vielleicht unterstützen; aber MACHEN müssen wir selbst.

Es ist kein Geheimnis, dass auch die Allianz verstärkt auf digitale Kanäle setzt: und beim Vertrieb sparen will. Mit Allianz Direct wurde ein mächtiger Direktversicherer ins Rennen um Kunden geschickt. Wie schätzen Sie die Zukunft des Vertreter-Vertriebs ein? Würden Sie Schulabgängern raten, sich für eine Karriere im Versicherungsvertrieb zu entscheiden?

Der Direktvertrieb hat natürlich den charmanten Vorteil, dass man als Gesellschaft keine Provisionen zahlen muss. Andererseits kostet Direktvertrieb auch Geld, etwa für Werbung, für Lead-Funnels und für Landingpages. Die bisherige Verteilung der Vertragsabschlüsse zwischen persönlichem Vertrieb und Direktvertrieb zeigt aber auch deutlich – Menschen kaufen bei Menschen. Der Direktvertrieb hat seine Berechtigung, aber er wird nach meiner Auffassung nur einen Teil des Kuchens erhalten. Gerade die Vermittler, die ihren Mehrwert haben, kennen und kommunizieren können, werden sich auch in den kommenden Jahrzehnten behaupten. Diejenigen, auf die das nicht zutrifft, können sich ja dann im Innendienst bewerben. Aber um sich mit Allianz Direct, CHECK24 und anderen messen zu können, braucht es Unternehmer und es braucht Marken. Und eine Marke ist nicht jemand, der allein die Fahne der Gesellschaft hochhält, sondern jemand, der daneben noch seine eigene Fahne hängt und sagt, „Schaut her, was mein Produktpartner UND ich für euch leisten!“ Gerade dieses Umfeld profitiert enorm von jungen Leuten, von Visionären und Querdenkern (nein, nicht die Corona-Leugner). Es ist ein radikales Umdenken in der Branche erforderlich. Wer darauf Lust hat, wirklich etwas zu bewegen, der ist in der Versicherungsbranche richtig. Wer einen lahmen Schreibtischjob haben will und nur gut verdienen, wird es durch Digitalisierung und Prozessoptimierung eher schwer haben. Womit wir wieder bei der Pionierarbeit wären …

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Die Fragen stellte Mirko Wenig

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