Die Allianz setzt bei ihren Vertretern den Rotstift an. Sie will ihren Agenturen die sogenannte Bestandssicherungsprovision (BSP) streichen. Das berichtet heute die „Süddeutsche Zeitung“ und geht aus internen Mails und Foreneinträgen enttäuschter Allianz-Vertreter hervor, die dem Versicherungsboten vorliegen.

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Wenig Storno - hohe BSP

Brisant ist der Vorgang in mehrfacher Hinsicht. Während in der Branche über zu hohe Abschlusskosten diskutiert, wird die BSP gerade dafür gezahlt, dass die Vertreter ihre Kundinnen und Kunden erfolgreich an sich binden. Die Höhe hängt wesentlich von der Stornozahl ab: Wer wenige Vertragskündigungen hat, der bekommt die Extra-Provision zum Jahresende ausgezahlt. Es spricht für zufriedene Kunden, wenn sie einem Vertreter treu bleiben und er keinen hohen Vertragsabfluss zu beklagen hat.

Nun soll diese Provision zunächst stark eingeschränkt werden und nach einer vierjährigen Frist ganz entfallen. Betroffen wären mehr als 4.000 Agenturinhaber. Im Schnitt würden sich die Zahlungen auf 10.000 Euro im Jahr belaufen, so berichtet die „Süddeutsche“. Besonders erfolgreiche Vermittler mit hohem Bestand könnten auch mehr als 20.000 Euro erzielen. Die Vertreter sollen auf ein neues Provisions-Modell umsteigen, das diesen Extra-Obolus nicht mehr vorsieht. Laut „Süddeutscher Zeitung“ hat die Allianz die geplante Abschaffung der Provision bestätigt.

Wütende Vertreter - und gewollte Kündigungen?

Zur Brisanz des Vorganges trägt darüber hinaus bei, dass die Allianz einige ihrer Vertreter mit den Sparplänen ernsthaft gegen sich aufbringt. Dem Versicherungsboten liegen mehr als dreißig Druckseiten aus internen Allianz-Vertretergruppen vor. Sie sprechen eine deutliche Sprache: Viele sind enttäuscht und wütend. Einige überlegen sogar, sich vom Versicherer zu trennen. Die Vorwürfe richten sich vor allem gegen den Vorstand der Allianz sowie die Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG (AVB), Vertriebstochter der Münchener.

“Prüft die ABV, wie viele Vertreter nach der BSP-Streichung das sinkende Schiff verlassen werden, und glaubt die miese Stimmung nicht?“, schreibt zum Beispiel ein Vertreter. Angeblich habe die Vertriebstochter der Allianz mit einer telefonischen Umfrage ermitteln wollen, wie viele Agenturen bereit seien, nach dem Streichen der Provision sich vom Versicherer zu trennen oder weiterzumachen. Gefragt werde unter anderem: „Können Sie sich vorstellen, mit geringerem Einkommen auch die nächsten 5 Jahre für die ABV zu arbeiten?“ Die Umfrage habe die Firma Institut Data Field im Auftrag der Vertriebsgesellschaft durchgeführt. Auch andere Vertreter berichten von derartigen Anrufen.

Einige Vertreter vermuten sogar, dass die Allianz sehr bewusst ihre Agenturen verärgere. So wolle der Versicherer seinen Vertrieb verschlanken, ohne ein bewusstes Jobabbau-Programm umsetzen zu müssen. Sie haben das Gefühl, sie sollen regelrecht aus dem Unternehmen gemobbt werden. Ein Vertreter schreibt, die "eingesparte Kohle" solle vermutlich in "verbesserte Direkvertriebs-Produkte" investiert werden. "Da hat man es nicht mit aufmüpfigen Vertretern zu tun, die auch noch so undankbar sind und es einfach nicht einsehen können, dass ihnen langsam aber sicher...die finanzielle Grundlage entzogen wird".

"Einstelliger Anteil an Provisionseinnahmen"

Vorwürfe, die die Allianz gegenüber der Süddeutschen Zeitung zurückweist. Es gehe bei vielen Vertretern um einen „einstelligen Anteil an Provisionseinnahmen“, weitere Absenkungen der Provision müssten die Agenturen nicht fürchten. Mit anderen Worten: Für viele sind die Einbußen verkraftbar, argumentiert der Versicherer. Die Kosten müssten sinken, damit die Digitalisierung und der Ausbau neuer Angebote vorankomme.

Doch es ist nicht das erste Mal, dass die Agenturen Einbußen erleiden. Rund 8.300 Vertretern strich die Allianz in diesem Jahr bereits ersatzlos die Erfolgsprämie für 2017 - obwohl der Versicherer ein Rekordergebnis einfuhr (der Versicherungsbote berichtete). Zudem müssen die Vertreter bald weitere Verluste bei ihren Einnahmen befürchten. Im ersten Quartal 2019 will die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem die Abschlussvergütung in der Lebensversicherung gedeckelt werden soll (der Versicherungsbote berichtete).

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Es sind nicht allein die finanziellen Einbußen, die die Vertreter beklagen - viele sehen ihre Arbeit nicht ausreichend wertgeschätzt. Zudem klagen die Vertreter über massive technische Probleme beim Umbau der IT-Struktur. Viele Anträge und Geschäftsvorfälle würden "doppelt oder dreimal so lange wie früher" dauern, schreibt ein Allianz-Vertreter. Es sei "nicht mehr akzeptabel", wie viel Zeit die Vertreter mit "Kontrolle, Berichtigung, Korrektur oder ähnlichem" verbringen müssten, weil die IT-Systeme nicht wie geplant arbeiten würden. Es gehe nicht um Einzelfälle: "Wir sollten Fakten sammeln und diese der GD präsentieren. Da dürften einige hundert Fälle in der Woche zusammenkommen."

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