Es geht im Grunde um nicht viel. Zwischen 430 und 3.100 Euro erhielten die Vertreter der Allianz Deutschland in den letzten Jahren als Sonderzuwendung, eine Tradition, die seit Jahrzehnten Bestand hat. Tatsächlich eilte die Allianz in den letzten Jahren von Rekord zu Rekord - Erfolge, an denen auch die Vertreter einen gewichtigen Anteil hatten. Ohnehin erhielten die meisten einen Extraaufschlag von weniger als 1.000 Euro. Doch nun wird diese Sonderzuwendung gestrichen - ersatzlos. Das berichtete am Montag die „Süddeutsche Zeitung“. Eine Konzernsprecherin hat den Vorgang gegenüber dem Versicherungsboten bestätigt.

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Versicherer beruft sich auf steigende Vertriebskosten

Die „Süddeutsche“ zitiert aus einem Schreiben der Allianz Beratungs- und Vertriebs-AG (AVB), in dem der Wegfall der Sonderzuwendung begründet wird. Die Vertriebskosten der Allianz seien in den letzten Jahren weiter angestiegen. Diese Entwicklung müsse man nun umkehren, um zum Beispiel gegenüber neuen Wettbewerbern wie Insurtechs und Direktversicherern konkurrenzfähig zu bleiben. Nicht nur in diesem Jahr wird es keine Sonderzuwendung geben - auch in den kommenden Jahren müssen die Vertreter auf diesen Obolus verzichten.

Eine Unternehmenssprecherin der Allianz bestätigte den Vorgang gegenüber dem Versicherungsboten. „Wir wollen in der Allianz Deutschland unsere Kosten weiter reduzieren, um dauerhaft in wettbewerbsfähige Produkte, in Werbung und digitale Services für unsere Kunden zu investieren. Damit wollen wir gemeinsam mit unseren Agenturen neue Kunden gewinnen. Zudem hat sich in den letzten Jahren der politische Druck, die Vertriebskosten zu senken, deutlich erhöht“, begründet die Sprecherin, dass die Sonderzuwendung nun wegfällt.

Weiter berichtet sie: „Im Interesse unserer Kunden und der langfristigen Stärkung unserer Agenturen achten wir – neben einer kontinuierlichen Steigerung der Vertriebsproduktion – unvermindert streng auf einen vernünftigen Kostenanteil unserer Produkte. Unter diesem Gesichtspunkt haben wir auch die freiwilligen Leistungen der Gesellschaft an die Vertreterinnen und Vertreter überprüft und werden ab diesem Jahr die Sonderzuwendung einstellen.“

“Demotivierend und unangebracht“: Vertreter haben wenig Verständnis

Mag die Argumentation zunächst nachvollziehbar klingen - den Vertretern stößt sie sauer auf. Das zeigt ein Rundschreiben der Interessengemeinschaft der Vertretervereinigungen der Allianz-Gruppe (IG Allianz), die nach eigenen Angaben aktuell rund 7.600 Vertreterinnen und Vertreter repräsentiert. Dem Versicherungsboten liegt das Rundschreiben vor.

Es nicht der Verlust des Geldes, der am meisten schmerzt: es ist der Symbolcharakter. Man fühlt die eigene Arbeit von der Konzernleitung nicht wertgeschätzt. Die Vertreter hätten „ihren Beitrag zur Zukunftssicherung des Unternehmens nicht nur gewährleistet, sondern übererfüllt“, heißt es in dem Schreiben. Dass die Sonderzuwendung nun eingestellt werde, sei „demotivierend und unangebracht“.

Im Schreiben nennen die Vertreter Erfolge, die ohne ihr Engagement nicht möglich gewesen wären. So hätten sie zum Beispiel dazu beigetragen, in der Altersvorsorge die beratungsintensiven Produkte mit neuen Garantien zu etablieren. Auch im Kfz-Geschäft habe man der Konkurrenz mit den neuen Tarifen Kunden abwerben können.

Allianz zeigte auf dem Heimatmarkt Stärke

Tatsächlich zeigte die Allianz im abgelaufenen Geschäftsjahr Stärke auf ihrem Heimatmarkt. Um einige Zahlen zu nennen: Die Allianz Deutschland AG konnte in der Schaden- und Unfallversicherung 2017 ein Umsatzwachstum von 1,7 Prozent erzielen und erlöste 10,1 Milliarden Euro. In der Kfz-Versicherung konnte der Versicherer 156.000 Fahrzeuge neu versichern, auch dank überarbeiteter Tarife. Die Beitragseinnahmen stiegen in Kfz um 2,8 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Selbst in der Lebensversicherung, wo die gesamte Branche schwächelt, setzte die Allianz ein Ausrufezeichen. Die Prämieneinnahmen stiegen um 11,9 Prozent von 18,9 auf 21,1 Milliarden Euro. Erfolge, an denen die Vertreter einen großen Anteil haben.

In dem Rundschreiben der Vertreter ist nun auch eine Spitze gegen die Konzernleitung enthalten. Allianz-Chef Oliver Bäte hat dem Konzern ein radikales Digitalisierungs-Programm verordnet. Das führt mitunter zu technischen Problemen, weil die IT noch nicht ausgereift ist, aber schon zum Einsatz kommt. Unter anderem hatte die PKV-Tochter Allianz Kranken zum Jahresende 2017 mit IT-Problemen zu kämpfen, viele Anträge konnten nicht zeitnah bearbeitet werden (der Versicherungsbote berichtete).

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Treibt Bäte die Digitalisierung zu schnell voran? Die Kritik der Agenturen lässt dies nun vermuten. Die „Kolleginnen und Kollegen seien "durch massive technische Unzulänglichkeiten“ gehindert worden, ihrer „eigentlichen Bestimmung“ nachzugehen, argumentiert die Interessengemeinschaft der Vertreter - nämlich Kundenbeziehungen zu pflegen und auszubauen. Gegenüber dem Versicherungsboten wollte die IG Allianz jedoch nicht zu ihrem Rundschreiben Stellung beziehen.

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