Die Allianz Private Krankenversicherung (APKV) kann derzeit Anfragen von Kunden nicht rechtzeitig bearbeiten, weil es bei der IT-Umstellung hakt. Das berichtet Versicherungskorrespondent Herbert Fromme in der Süddeutschen Zeitung. So würden sich Kunden in Onlineforen beschweren, dass Gelder nicht rechtzeitig bezahlt und Anfragen nicht beantwortet werden.

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Servicehotline – Wartezeiten von 30 bis 40 Minuten

Als Beispiel wird im Artikel eine leitende Angestellte genannt, die seit Jahren unter Rückenschmerzen leidet und vom Krankenversicherer wissen will, ob sie die Kosten für eine Therapie mit dem Vibrationsgerät übernimmt. Erst im dritten Anlauf hat sie Erfolg und wird mit einer Servicemitarbeiterin verbunden: nach Wartezeiten von 30 bis 40 Minuten. Doch dort habe man ihr nicht weiterhelfen können, sie stattdessen auf die Webseite verwiesen. Aber auch die Abfragemöglichkeiten auf der Webseite hätten nicht funktioniert: dort sei nur die Sparte Tierkrankenversicherung wählbar gewesen.

Im Beschwerdeforum der Allianz würden andere Kunden von ähnlichen Problemen berichten. Krankentagegeld seien nicht rechtzeitig gezahlt, Leistungen nicht rechtzeitig erstattet worden. Einige klagten auch, sie müssten Rechnungen und Belege erneut einreichen, die sie bereits eingereicht hätten: Sie seien im System verschwunden. Kritisiert wird die Informationspolitik des Versicherers: dieser habe seine Kunden nicht ausreichend über eventuelle Verzögerungen informiert. Viele seien verärgert.

Sprecher bestätigt Verzögerungen bei der Abarbeitung von Anträgen

Wie viele Kunden genau von den Problemen betroffen sind, ist nicht bekannt. Dennoch musste die Allianz einräumen, dass bei der Umrüstung ihrer IT-Systeme nicht alles glatt läuft.

"Wir stellen zurzeit unser IT-System in der Allianz Private Krankenversicherung um. Das Ziel ist es, unseren Kunden künftig noch umfassendere Services und schnellere Bearbeitung bieten zu können. Das kann tatsächlich dazu führen, dass in der Übergangszeit einige Vorgänge nicht sofort bearbeitet werden können. Gerade in der Leistungsabrechnung kann es dadurch zu Verzögerungen kommen, ebenso bei der telefonischen Erreichbarkeit", sagte Unternehmenssprecher Franz Billinger dem Versicherungsboten. Man habe externe Service-Dienstleister dazugenommen, um die Engpässe abzubauen.

Aktuell seien „fast alle Verträge“ umgestellt, beschwichtigte der Allianz-Sprecher zugleich. Und versicherte, dass die Hälfte der Fälle innerhalb einer Woche bearbeitet werden. "Bei mehr als der Hälfte der Fälle ist die Bearbeitung auch jetzt innerhalb einer Woche erledigt, wie mir die Kollegen aktuell nochmal bestätigt haben. Leider gibt es auch Fälle, bei denen es länger dauert", sagte Billinger.

Dennoch: Es droht erneut ein Imageschaden für einen großen deutschen Versicherer aufgrund der IT. Mit diesem hatte 2015 bereits die Ergo zu kämpfen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Versicherer hunderttausende Lebensversicherungen falsch berechnet hatte. Bei dem Wettbewerber aus Düsseldorf waren Probleme mit veralteter IT und Rechenkernen die Ursache (der Versicherungsbote berichtete).

Große Digital-Offensive

Die Engpässe infolge der Umstellung könnten auch jene Stimmen im Konzern bestärken, die der Meinung sind, Allianz-Chef Oliver Bäte treibe die Digitalisierung im Unternehmen zu schnell und rigoros voran. Über entsprechende Vorwürfe im Konzern hatte im Oktober letzten Jahres ebenfalls die "Süddeutsche" berichtet.

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Damals hatten ranghohe Allianz-Manager anonym den Vorwurf gegen Bäte erhoben, er achte zu wenig auf die Belange der Landes-Gesellschaften. Auch arbeite die hauseigene IT-Tochter AMOS zu teuer und die Technik würde nicht zuverlässig genug funktionieren. Bäte will mit der Allianz Vorreiter bei der weltweiten Digitalisierung der Versicherungsbranche sein. Dafür hat er unter anderem eine 700 Millionen Euro teure "Single Digital Agenda" angeschoben (der Versicherungsbote berichtete).

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