Deutsche Versicherer müssen für durchschnittlich 80 Prozent ihrer Bestände eine Zinszusatzreserve (ZZR) bilden. „In der Spitze unterliegen bei einzelnen Anbietern bereits mehr als 90 Prozent der Bestände der Nachreservierung“, erläutert Lars Heermann von der Ratingagentur Assekurata. Die bisher angehäuften 60 Milliarden Euro entsprechen den Angaben zufolge fast dem gesamten bilanziellen Eigenkapital der Unternehmen.

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Damit belasten Gelder, die in die ZZR fließen die Ertragslage der Lebensversicherer zunehmend und beschneiden deren finanziellen Spielraum für höhere Überschüsse. Allein für die Zuführung im Jahr 2017 hätten die Lebensversicherer rechnerisch 1,70 Prozent Nettozins aus ihren Kapitalanlagen erwirtschaften müssen, habe Assekurata berechnet.

Bis 2023 könnte die ZZR 130 Milliarden Euro bis 180 Milliarden Euro ansteigen, warnte der Versicherer-Verband GDV bereits Ende Mai 2018. In einer Kolumne forderte Jörg von Fürs­ten­werth die Politik zum Handeln auf. Die Regeln für die ZZR müssten noch in diesem Sommer auf den Prüfstand und entsprechend angepasst werden. Schließlich basiere die Formel auf den Marktbedingungen von anno 2011. Damals galten Zinsen zwischen zwei und drei Prozent als niedrig.

In die gleiche Kerbe schlägt der stellvertretender Vorsitzende der Deutschen Aktuarvereinigung (DAV) Guido Bader. Die Politik müsse möglichst schnell das Tempo beim Aufbau der Zinszusatzreserve bremsen. „Wenn es bei dem Tempo und der aktuellen Tiefzinsphase bleibt, wüsste ich nicht, ob jedes Unternehmen die nächsten Jahre handelsrechtlich überlebt“, sagte der Vorstand der Stuttgarter Versicherungen der "Deutschen Presse-Agentur". Inzwischen käme die Branche "in den Bereich, wo es weh tut“, sagte Bader.

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Auch die Verbraucherschützer vom Bund der Versicherten fordern nun eine umgehende Anpassung der Rechenformel für die Zinszusatzreserve. Dies sei absolut dringend, da ein Zinsanstieg am Anleihemarkt in naher Zukunft nicht zu erwarten sei. Deshalb dürfe die Politik die nötigen Sofortmaßnahmen zum Schutz der Lebensversicherungs-Kunden nicht länger ignorieren. Denn die aktuellen Regeln für die Berechnung der Zinszusatzreserve würden vor allem die Jüngeren massiv schlechterstellen, moniert der BdV via Pressemitteilung.

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