Die Pensionskasse der Steuerberater befindet sich schon seit längerer Zeit in Schieflage. Bereits im Dezember 2018 hatte die Pensionskasse der Steuerberater einräumen müssen, dass sie seit einem Jahr die Solvenzanforderungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht erfüllen kann. Der Versicherer verfügte einfach nicht über genug Eigenkapital, um die Renten seiner Mitglieder auch langfristig zu garantieren.

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Im Zuge der Sanierung vermeldete die Pensionskasse im Juni 2019, dass sich die rund 8.000 Versicherten auf höhere Beiträge und gekürzte Renten einstellen müssen. Auch die Inhaber von nachrangigen Schuldverschreibungen der Gesellschaft sollen auf Zinsen verzichten. Im Dezember 2019 wurde schließlich der Garantiezins auf 2,25 Prozent begrenzt. Von den Kürzungen betroffen sind alle Verträge.

Die Kürzung der Zinsen an Nachranggläubiger war nun Thema vor dem Landgericht Frankfurt. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man sich die Höhe der Inhaberschuldverschreibungen anschaut. So hatte das Bonner Unternehmen Nachrangdarlehen im Wert von insgesamt knapp zehn Millionen Euro zu 4,375 Prozent Zins pro Jahr und mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2024 begeben.

Um neben den Versicherten auch die Nachranggläubiger zur Sanierung heranzuziehen, verweigerte sie diesen gegenüber die Zahlung der laufenden Zinsen. Sie berief sich dabei auf die Anleihebedingungen, die ein „der Abwendung der Insolvenz dienendes Verfahren" als Nachrangfall vorsehen. Doch dieser Schritt ist nicht so einfach. Denn Nachranggläubiger können in der Regel erst in der Insolvenz des Schuldners in Anspruch genommen werden. Auf der anderen Seite sieht das Versicherungsaufsichtsgesetz (in § 314 Abs. 2) sowie die Satzung vieler Pensionskassen die Möglichkeit vor, Leistungen an die Versicherungsnehmer bereits vor Eintritt der Insolvenz zu kürzen.

Das Landgericht Frankfurt gibt in seinem aktuellen Urteil (Az. 3-14 O 11/20) der Deutsche Steuerberater-Versicherung im Umgang mit ihren Nachranggläubigern Recht. Das Landgericht führte als Begründung an, die Nachranggläubiger könnten nicht besser gestellt werden als die Versicherungsnehmer der Deutsche Steuerberater-Versicherung, die zur Sanierung der Pensionskasse Leistungskürzungen hinnehmen mussten.

„Wir freuen uns, dass das Landgericht unserer Argumentation gefolgt ist. Sollte dies auch in weiteren Instanzen Bestand haben, hätte dies weitreichende Auswirkungen auch für andere Lebensversicherungen und Pensionskassen“ so Alexander Knauss, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht des Bonner Büros der Meyer-Köring Rechtsanwälte Steuerberater Partnergesellschaft mbB, der die beklagte Pensionskasse in diesem Fall vertreten hat.

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Es ist ein wegweisendes Urteil. Denn viele Versicherer und Pensionskassen nutzten derartige Finanzinstrumente. Laut Zahlen der Bundesregierung hätten von 2008 bis 2017 insgesamt 25 Pensionskassen Nachrangdarlehen und Genussrechte in Höhe von 455 Millionen Euro begeben. „Nach diesem Urteil sollten Lebensversicherer und Pensionskassen, die Nachrangdarlehen aufgenommen haben, ihre Verträge nun darauf überprüfen lassen, ob ihre vorhandenen Klauseln so ausgelegt werden können, dass die Nachranggläubiger nicht mehr bedient werden müssen“, empfiehlt der erfahrene Bank- und Kapitalmarktrechtler.

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