Im Bereich der Verbraucherinsolvenzen zeichnet sich nach 10 Jahren sinkender Fallzahlen eine deutliche Trendwende ab. So gab es in den ersten drei Monaten 2021 31.821 private Insolvenzen. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 20.328 - ein Anstieg um 56,5 Prozent. Zu diesen Ergebnissen kommt das ‚Schuldenbarometer‘ aus Auskunftei Crifbürgel.

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Deren Geschäftsführer Dr. Frank Schlein geht von bis zu 110.000 Privatinsolvenzen in diesem Jahr aus. Verglichen mit 2020 entspräche das fast einer Verdopplung der Zahlen: 2020 kam es zu 56.324 Privatinsolvenzen in Deutschland.

Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens

Der Anstieg bei den Privatinsolvenzen sei aber nicht unmittelbar auf die Folgen der Corona-Pandemie zurückzuführen. Crifbürgel erwartet ab dem 2. Halbjahr 2021 eine Insolvenzwelle, die bis in das Jahr 2022 hinreichen wird.

Hintergrund des jetzigen Anstiegs sei vielmehr die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre. „Der deutliche Anstieg an Insolvenzen ist derzeit vor allem darauf zurückzuführen, dass viele Privatpersonen letztes Jahr entsprechende Anträge zurückgehalten haben. Sie wollten von einer Gesetzesreform profitieren, die Betroffenen von Privatinsolvenzen künftig, statt wie bisher nach sechs, schon nach drei Jahren eine Restschuldbefreiung ermöglicht. Da diese Reform ein großer Vorteil ist, haben viele Antragssteller auf den entsprechenden Beschluss des Bundestages gewartet“, erklärt Dr. Schlein. Das verkürzte Restschuldverfahren gilt rückwirkend für alle Insolvenzverfahren, die ab dem 1. Oktober 2020 beantragt wurden.

Deutliches Nord-Südgefälle

Im Bundesdurchschnitt kam es im ersten Quartal 2021 zu 38 Privatpleiten je 100.000 Einwohner. Die deutlichsten Abweichungen von diesem Durchschnittswert lassen sich in Bremen und Hamburg feststellen. Dort wurden 76 Fälle je 100.000 Einwohner (Bremen) bzw. 57 Insolvenzen je 100.000 Einwohner verzeichnet. Auch die nördlichen Bundesländer Niedersachsen (52), Schleswig-Holstein (49) und Mecklenburg-Vorpommern (47) finden sich weit über dem Durchschnitt. Die wenigsten Privatinsolvenzen verzeichneten im 1. Quartal 2021 Bayern (26 Fälle je 100.000 Einwohner), Hessen (29) und Thüringen (30).

Privatinsolvenz bleibt Männersache

Wertet man die Zahlen von Crifbürgel nach Geschlecht aus, zeigt sich, dass Privatinsolvenzen eine ‚Männerdomäne’ bleiben: 59,1 Prozent (18.813) der Privatinsolvenzen wurden von Männern gemeldet. Auch im relativen Vergleich der Geschlechter sind die Männer führend. Auf 100.000 Männer entfielen 46 Privatinsolvenzen. Demgegenüber stehen 31 Privatpleiten je 100.000 weibliche Einwohner, schreibt die Auskunftei.
Auffällig: Der Anstieg bei den Frauen fällt mit einem Plus von 61,2 Prozent stärker aus als bei Männern. Als Hauptgrund für die höhere Anzahl von Privatinsolvenzen bei Männern gibt Crifbürgel an, dass Männer im Fall einer ‚Familieninsolvenz‘ weiterhin als Hauptverdiener und Haushaltsverantwortlicher gelten und damit meist auch die Insolvenz anmelden.

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Größte Zuwächse bei jungen Menschen

Zwar stiegen die Privatinsolvenzen über alle Altersgruppen hinweg, doch besonders heftig sind die Zuwächse in den jüngsten Altersgruppen. Bei den 18 bis 20-Jährigen mussten 83 Bürger und damit 93 Prozent mehr eine Privatinsolvenz anmelden. In der Gruppe der 21 bis 30-Jährigen stiegen die Fallzahlen um 84,9 Prozent auf 5.171 Insolvenzen (1. Quartal 2020: 2.797).

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