Eine EU-Richtlinie verpflichtet Deutschland, allen Bürgerinnen und Bürgern einen Vergleich von Girokonten zur Verfügung zu stellen: neutral und unabhängig von finanziellen Interessen. Doch die bisherige Umsetzung war ein Fiasko. Nachdem die Bundesregierung ein entsprechendes Portal ausgeschrieben hatte, damit sich private Anbieter dafür bewerben konnten, erhielt Check24 den Zuschlag: Nur um eine Abmahnung der Verbraucherzentralen zu kassieren, die monierten, man bilde nur einen Bruchteil des Marktes ab. Prompt nahm der Vergleicher seine Girokonten-Webseite offline: und Deutschland verstieß gegen EU-Gesetz.

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Nun aber soll die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) einen entsprechenden Girokonten-Vergleich bereitstellen, wie das Bundesfinanzministerium am Mittwoch mitteilt. Und das braucht Zeit. Die Vergleichswebseite der Behörde soll im zweiten Quartal 2022 an den Start gehen. Denn zunächst muss die BaFin erst einmal die benötigten Informationen zusammentragen: insgesamt 1.700 Bankhäuser gibt es immerhin in Deutschland.

Möglich machen soll es eine Datensammelstelle, die nach Informationen des „Handelsblattes“ im Rahmen der BaFin-Umlagefinanzierung finanziert werde. Mit anderen Worten: Die beaufsichtigten Banken müssen die benötigten Gelder selbst aufbringen. Erwartet werden Kosten von 1,5 Millionen Euro pro Jahr.

“Stiftung Warentest“ springt zwischenzeitlich ein

Bis die BaFin ihr Portal freischaltet, springt die „Stiftung Warentest“ ein. Diese bietet ihren Girokonten-Vergleich auf test.de normalerweise kostenpflichtig an. Nun soll er als Zwischenlösung frei zur Verfügung stehen, wie die Stiftung in einem Pressetext mitteilt. „Der Girokontenvergleich der Stiftung Warentest umfasst derzeit mehr als 300 Girokontenmodelle von mehr als 130 überregionalen und regionalen Banken und Sparkassen. Je Kontomodell sind über 50 Merkmale erfasst, nach denen Nutzer das für sie passende Konto herausfiltern können“, heißt es darin.

Diese Zahl zeigt aber bereits das Problem eines solchen Vorhabens. Die Verbraucherzentralen hatten Check24 abgemahnt, weil der Anbieter „nur“ 613 Konten in seinen Vergleich einbezogen hatte, folglich weit mehr als die „Stiftung Warentest“. Damit sei kein ausreichender Marktüberblick gegeben, hatten die Verbraucherschützer beklagt. Der Finanzdienstleister hat den beanstandeten Vergleich von Girokonten schließlich am 18. Januar 2021 abgeschaltet und das damit begründet, dass die Rechtslage unsicher sei: wenige Monate, nachdem das Giro-Portal online ging.

Das Problem: fehlende Schnittstellen, viel händische Arbeit

Der Hintergrund: Mit dem zugrundeliegenden Zahlungskontengesetz wurde die sogenannte EU-Zahlungskontenrichtlinie umgesetzt. Sie schreibt allen Mitgliedsstaaten vor, dass Verbrauchern ein kostenloser Zugang zu mindestens einer Webseite bereitgestellt werden müsse, auf der sie Kontokonditionen vergleichen können. Diese Seite muss unabhängig von finanziellen Interessen sein. Deutschland ging hierbei zunächst einen eigenen Weg: Webanbieter mussten sich vor dem Start beim Bundeswirtschaftsministerium für einen solchen Vergleich bewerben und ihr Angebot entsprechend zertifizieren lassen.

Doch anstatt dass sich die Webseiten um den „Job“ rissen, war Check24 der einzige Anbieter, der sich für einen Kontovergleich bereiterklärt hatte. Nicht von ungefähr: Die Angebote einzupflegen und aktuell zu halten, erfordert viel Arbeit und regelmäßige Updates. Aufgrund fehlender Schnittstellen bei den Banken ist das ein aufwendiges Prozedere: Die Tarife müssen teils manuell eingepflegt und aktuell gehalten werden, wie eine Sprecherin gegenüber dem Versicherungsboten berichtet hatte. Es gibt Banken, die Änderungen ihrer Geschäftsbedingungen fürs Girokonto nur in den Filialen kommunizieren: per schriftlichem Aushang. Verdient hat Check24 nichts daran: Provisionen waren für die Webseite verboten.

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Ein weiterer Grund, weshalb die Verbraucherzentralen gegen Check24 vorgingen: Die Daten auf der Webseite seien nicht immer aktuell gewesen, sondern um Wochen veraltet. Auch dies begründete das Portal gegenüber dem Versicherungsboten damit, dass viele Daten händisch aktualisiert werden müssten: und nicht alle Banken über ihre Änderungen bei den Konto-Konditionen informiert haben. Nun wird also die BaFin das private Vergleichsportal beerben. Es bleibt abzuwarten, ob sie die EU-Vorgaben besser umsetzt als Check24. Die Probleme: fehlende Schnittstellen, intransparente Konditionen, wird die Aufsichtsbehörde auch erben.

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