2017 berichtete die Leipziger Anwaltskanzlei „Stolpe Rechtsanwälte“ von einer Kündigungswelle bei der Sparkasse Leipzig. Betroffen waren langfristige Sparverträge, die als „PrämienSparen flexibel“ verkauft worden sind. Gegenüber Versicherungsbote hieß es damals von der Sparkasse Leipzig: „Die hohen Prämienzahlungen entsprechen nicht mehr den Gegebenheiten des Kapitalmarktes. Wir passen die unbefristeten Verträge jetzt den Realitäten an.“

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Doch nicht nur die einseitige Kündigung langfristiger Sparverträge erwies sich als Streitpunkt. Auch die Verzinsung sorgte für Ärger. So prüfte die Verbraucherzentrale Sachsen rund 3.000 dieser Verträge und stellte dabei fest, dass im Schnitt 2.500 Euro zu wenig ausgezahlt worden seien. Die Verbraucherschützer strengten deshalb eine Musterfeststellungsklage gegen die Sparkasse Leipzig an. Der schlossen sich etwa 900 Kunden an und vor dem OLG Dresden konnte ein Teilerfolg errungen werden.

Die angeschlagene Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) wollte vermitteln: Die Betroffenen sollen entweder eine „unwiderrufliche“ Nachzahlung erhalten - oder alternativ ein Angebot, wonach der Vertrag abgeändert werde und der Zins entsprechend angepasst. Dieser ‚Vermittlungs-Vorschlag‘ veranlasste allerdings den Deutschen Sparkassen und Giroverband (DSGV) dazu, die BaFin an rechtsstaatliche Prinzipien zu erinnern: „Ein Rechtsstaat zeichnet sich durch Gewaltenteilung aus. Die Exekutivdirektion Wertpapieraufsicht der BaFin sollte sich deshalb nicht an die Stelle von Gerichten setzen und zivilrechtliche Streitfragen selbst entscheiden wollen. Wir halten dieses Vorgehen deshalb für rechtlich unangemessen und für überflüssig", so der DSGV.

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Nun wurden weitere Urteile in den Musterklagen gegen sächsische Sparkassen erwirkt. Demnach sind die Klauseln zur Zinsberechnung in den Verträgen unwirksam und die Verjährung der Verbraucher-Ansprüche beginnt erst mit der wirksamen Beendigung des Vertrages. Es müssen also Zinsen für die gesamte Laufzeit nachgezahlt werden, sofern diese falschberechnet wurden. Insoweit kann sich die Verbraucherzentrale Sachsen also über einen Teil-Erfolg freuen.

Sparkassenverband: „Verbraucherzentrale weckt falsche Erwartungen“

Ob die Zinsen aber tatsächlich falsch berechnet wurden bzw. welche Grundlagen und Methoden anzuwenden seien, vermochte das Gericht nicht zu entscheiden: „Die Einzelfallprüfung der richtigen Zinsberechnung kann nicht Gegenstand des Musterfeststellungsverfahrens, sondern nur eines Individualklageverfahrens sein“, heißt es dazu im OLG-Urteil.

Nach den Berechnungen der Verbraucherzentrale Sachsen stehen jedem Sparer im Schnitt Zinsnachzahlungen in Höhe von 2.400 Euro zu. Allein der Musterfeststellungsklage gegen die Erzgebirgssparkasse schlossen sich 757 Kläger an: das wären rund 1,8 Millionen Euro, die nur die Erzgebirgssparkasse nachzahlen müsste.

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Beim Ostdeutschen Sparkassenverband liest man die Urteile des OLG Dresden hingegen anders. Man sieht sich in der eigenen Rechtsauffassung bestätigt: „Es wurde deutlich, dass die Sparkassen mit ihren Kunden faire, transparente und rechtskonforme Kundenbeziehungen pflegen.“ Die Verbraucherzentrale würde falsche Erwartungen wecken, hieß es in einer Stellungnahme.

Da eine Revision zugelassen wurde, könnte das OLG-Urteil nochmal vom Bundesgerichtshof überprüft werden. Voraussichtlich Mitte 2021, wie die VZ Sachsen schreibt. Und selbst nach einem BGH-Entscheid stünde noch aus, wie denn nun Zinsen zu berechnen gewesen sind. Hat das Dresdner Urteil Bestand, müssten die Betroffenen individuell Klage gegen die Sparkassen erheben.

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