Corona sorgt für weniger Kfz-Schäden

So wirke sich die Corona-Pandemie auf zweierlei Weise auf die Kfz-Versicherung aus: Zum einen sorgt ein geringeres Mobilitätsverhalten der Deutschen für weniger Unfälle – ein Rückgang der Kfz-Schäden um rund vier Prozentpunkte wird als Schätzwert genannt. Jedoch würden die sinkenden Kosten im Durchschnitt nur zu einem Viertel an die Kunden weitergegeben. Denn nur um leichte 0,8 Prozent sollen laut Expertenschätzung die Kosten für die Verbraucher sinken. Befindet sich die Branche doch schon seit Jahren in einem harten Preiswettbewerb, wie der Versicherungsbote berichtete.

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Exklusivvertrieb unter Druck

Andererseits aber müssen die Anbieter mit einem leereren Portemonnaie auf Kundenseite rechnen. Denn durch Corona bestimmen auch Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit für viele die aktuelle Situation. Wie Frank Gehrig – Insurance, Sales & Pricing Specialist bei Simon-Kucher & Partners – konstatiert, dürfte dieser Kostendruck zu einer erhöhten Wechsel- und Vergleichsbereitschaft führen. Auch würde sich für weniger etablierte Versicherer jetzt die Möglichkeit eröffnen, Marktanteile zu gewinnen. Das Nachsehen hingegen hätte vor allem der traditionelle Bank- und Exklusivvertrieb.

Verhärtet sich der Wettbewerb?

Gehrig erwartet auch einen „Race-to-the-Bottom“-Effekt: Versicherer könnten mit Preissenkungen zum nächsten Wechselgeschäft versuchen, verlorene Marktanteile zurückzugewinnen. Dass für eine solche Preisanpassung an den Wettbewerb jedoch schon jetzt wenig Spielraum besteht, darauf macht Stefanie zur Horst, Senior Director und Insurance & Pricing Specialist bei Simon-Kucher & Partners, aufmerksam. Schon jetzt nämlich bewegt sich fast jede zweite Kfz-Versicherungsgesellschaft in den roten Zahlen und gibt mehr für Schäden und die Verwaltung aus, als sie an Prämien einnimmt. Das zeige der „Branchenmonitor: Kraftfahrtversicherung 2014-2019“ – das aktuelle Analyse-Instrument der V.E.R.S. Leipzig GmbH.

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Deswegen verschaffe die Corona-Pandemie den Kfz-Versicherern auch nur eine kurze Atempause. Die Expertin empfiehlt: Statt an der Preisschraube zu drehen, sollten die Versicherer bereits jetzt auf eine richtige Kundenansprache setzen. Die Lösung sieht sie in bedarfsgerechten Preis- und Produktlösungen sowie in einer fortschreitenden Digitalisierung.

Intelligentes Pricing gefordert

Für zur Horst spielt auch ein intelligentes Pricing eine Schlüsselrolle. So empfiehlt sie das Behavioral Pricing. Behavioral Pricing greift stark auf psychologische Forschung zurück: im Mittelpunkt stehen kognitive Prozesse des Kundenverhaltens.

Laut einem Artikel der Zeitschrift für Betriebswirtschaft (ZfB)wird erforscht, wie Kunden Preisinformationen suchen, diese wahrnehmen, bewerten und erinnern, wie sie auf Preisangebote reagieren und wie sie Preisinformationen in ihren Urteilen und Entscheidungen nutzen. Hierin sieht zur Horst Nachholbedarf innerhalb der Branche: Die Kfz-Versicherer würden bei der Nutzung und Analyse pricingrelevanter Daten noch viel Potenzial verschenken. Denn solche Daten würden häufig nicht systematisch erfasst und ausgewertet.

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Die Verheißung des Algorithmus

Die Zukunft seien Algorithmen-basierte Systeme, die verlässliche Prognosen und Empfehlungen zu Preisänderungen in der Kfz-Landschaft erstellen können. Auch sollten Versicherer auf eine stärkere Segmentdifferenzierung in der Kundenansprache setzen. Freilich muss bei solchen Tipps auch bedacht werden: Das Analysehaus hat ein eigenes Interesse an der Durchführung derartiger Analysen – hat man sich doch auf Marketing-Analysen spezialisiert.


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