Privat krankenversicherte Kundinnen und Kunden der Barmenia müssen sich zum Jahreswechsel 2021 auf überdurchschnittliche Prämiensprünge einstellen. Bezogen auf den Gesamtbestand an Kranken- und Pflegeergänzungs-Policen (ohne Pflegepflicht) sollen die Beitragsanpassungen (BAP) um circa neun Prozent steigen. Betrachtet man die Krankheitskostenvollversicherung alleine, sind es gar zwei Prozentpunkte bzw. elf Prozent mehr, da die Ergänzungs-Tarife weitestgehend stabil bleiben. Das geht aus einer Broschüre der Barmenia hervor, auf die das Versicherungsjournal (Freitag) aufmerksam macht.

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Damit steigen die Prämien bei den Wuppertalern stärker als im Branchenschnitt, obwohl sich die Privatversicherten grundsätzlich auf eine deutliche Teuerung ihrer Tarife einstellen müssen. Im Schnitt der Privatversicherer sollen die Beiträge in den Volltarifen um 8,1 Prozent angehoben werden, so berichtet die FAZ und beruft sich auf eine Auswertung des Wissenschaftlichen Instituts der privaten Krankenversicherungen WIP.

Die Debeka begründet das Beitragsplus mit steigenden Leistungsausgaben, vor allem im ambulanten Bereich und bei den allgemeinen Krankenhausleistungen. In der Broschüre wird eine Vielzahl an Gründen aufgeführt, ohne dass der Versicherer diese konkret erläutert:

  • Medizinischer Fortschritt (insbesondere neue Diagnose- und Therapieverfahren)
  • Multimorbidität durch zunehmende Lebenserwartung
  • Allgemeine Preissteigerungen im Gesundheitswesen
  • Gestiegenes Gesundheitsbewusstsein und höhere Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen – auch forciert durch die Leistungserbringer als Ausgleich für die Budgetbegrenzungen in der gesetzlichen Krankenversicherung
  • Wirksamkeit von Selbstbehalten abnehmend

Zudem betonen die Wuppertaler, dass die Prämien in den letzten Jahren unter dem Marktschnitt angestiegen seien, und beruft sich auf einen Langfrist-Vergleich des Analysehauses Assekurata. So habe man den Beitrag 2020 über alle Tarife hinweg um 3,2 Prozent erhöht, während der Markt eine Anpassung von durchschnittlich 3,7 Prozent vorgenommen habe. Die Barmenia hebt hervor, dass die Corona-Auswirkungen keinen Einfluss auf das jetzige Prämienplus haben.

Debatte um Prämien

Die privaten Krankenversicherer wehren sich gegen den Vorwurf, dass die Prämien -gerade im Alter- bei ihnen übermäßig ansteigen. So auch die Barmenia in ihrer Broschüre. Sie zitiert eine Studie des Wissenschaftlichen Institutes der PKV (WIP), wonach die Prämien der gesetzlichen Krankenkassen in den letzten zehn Jahren durchschnittlich um 3,8 Prozent per annum angestiegen seien, jene in den PKV-Volltarifen hingegen nur um 2,3 Prozent. Hierbei handelt es sich aber um einen Durchschnittswert: Er sagt also nichts über die tatsächliche finanzielle Last in bestimmten Tarifen und bei verschiedenen Anbietern. Zudem sind Beihilfe-Tarife eingerechnet, bei denen sich Bund und Länder stark an den medizinischen Kosten beteiligen.

Dass der Eindruck entstehe, die Prämien steigen in der PKV besonders deutlich an, begründet die PKV-Lobby mit den sogenannten auslösenden Faktoren. Die Versicherer dürfen die Beiträge laut Gesetz nur anheben, wenn mindestens zwei Bedingungen erfüllt sind: Erstens, wenn die erwarteten von den einkalkulierten Versicherungsleistungen um mehr als zehn Prozent abweichen. Und zweitens, wenn die Versicherten älter werden als ursprünglich kalkuliert. Dies trage dazu bei, dass die Prämien jahrelang nicht angehoben werden: dann aber umso stärker.

Die Branche fordert, auch beim Vorliegen weiterer Faktoren die Beiträge anpassen zu können, etwa aufgrund der Zinsentwicklung. Der aktuelle Niedrigzins trägt dazu bei, dass die Versicherer geringere Zinsen für ihre eingesammelten Beiträge erzielen. Das erschwert es, aus den Beiträgen Alterungsrückstellungen zu bilden.

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Mit Blick auf den Zins hält die Talfahrt weiter an. Für 2020 wird der durchschnittliche Rechnungszins auf 2,6 Prozent abgesenkt: stark vereinfacht der Zinssatz, mit dem Alterungsrückstellungen verzinst werden. "In der Vollversicherung gilt die Faustformel, dass eine Absenkung des Rechnungszinses von 0,1 Prozentpunkten zu einer zusätzlichen Erhöhung des Beitrags von durchschnittlich ein bis zwei Prozent führt", berichtet die Barmenia in ihrer Broschüre.

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