Die Bundesregierung will mit der Grundrente auch die Altersbezüge jener gesetzlich Rentenversicherten aufbessern, die ihre Erwerbsarbeit teils oder ganz für die Pflege Angehöriger unterbrochen haben. Nicht ungefähr: oft körperlich anstrengend und emotional belastend, ist die Pflege für viele ein Vollzeit-Job. Bis zu 63 Wochenstunden fallen hierfür an, so zeigt eine Studie der gewerkschaftsnahen Böckler-Stiftung. Staatskasse und Krankenkassen werden durch diese Pflegenden um Milliarden entlastet.

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Doch ausgerechnet aus der Gruppe der pflegenden Angehörigen könnten nun viele bei der Grundrente leer ausgehen oder weniger bekommen, weil sie die hierfür erforderlichen Versicherungs-Zeiten nicht nachweisen können. Das berichtet aktuell die Funke Medien Gruppe und beruft sich auf eine schriftliche Antwort des Bundesarbeitsministeriums auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion im Bundestag. Der Grund: Wer Angehörige vor dem 1. Januar 1992 zu Hause pflegte, bekommt dies nicht bei der Grundrente angerechnet.

Ohnehin sind die Hürden für die Grundrente streng. Anspruch hat, wer mindestens 33 Jahre an Beitragszeiten für Beschäftigung, Erziehung oder Pflege vorweisen kann. Die volle Grundrente gibt es erst ab 35 Beitragsjahren. Wer lange Zeit nur einen Minijob hatte oder zu einem Dumping-Lohn arbeitete, geht ohnehin leer aus. Es sollen "diejenigen Personen keine Grundrente erhalten, deren Arbeitsentgelte häufig lediglich die Bedeutung eines ergänzenden Einkommens hatten, wie dies insbesondere bei ,Minijobbern‘ der Fall ist", heißt es hierzu im Gesetz.

Pflegezeiten nicht systematisch erfasst

Die Bundesregierung nennt in ihrer Antwort auch den Grund, weshalb die häusliche Pflege vor 1992 nicht eingerechnet wird. Erst zum 1. Januar 1995 sei die gesetzliche Pflegeversicherung eingeführt worden: und erst ab dieser Zeit wurden Pflegezeiten offiziell für den Rentenanspruch registriert. Zwar kann man für die Zeit davor - dank einer Sonderregel - sogenannte Berücksichtigungszeiten bei der Grundrente geltend machen. Das gelte aber nur für eine einschränkte Frist: wenn die Pflege zwischen dem 1. Januar 1992 und dem 31. März 1995 erfolgte.

Für FDP-Fraktionsvize Christian Dürr ist die Nicht-Anerkennung ein Beleg dafür, dass die Grundrente der falsche Weg ist, Altersarmut zu bekämpfen. „Es ist schlicht unanständig, wie Union und SPD mit den Sorgen und Hoffnungen der älteren Menschen in diesem Land Politik machen“, sagte er den Funke Medien. Schon zuvor hatte die FDP kritisiert, dass die Kriterien für den Grundrente-Anspruch sehr willkürlich seien.

FDP befürwortet Basisrente - mit Bedarfsprüfung

Die Liberalen befürworten alternativ eine Basisrente - Diese soll unabhängig von Beitragszeiten ausgezahlt werden, doch erst nach einer Bedürftigkeitsprüfung. "Wer zwar eine kleine Rente bezieht, aber einen gut versorgten Partner oder zum Beispiel umfangreich geerbt hat, bekommt bei uns keine Basis-Rente, weil wir eine Bedürftigkeitsprüfung vorsehen", heißt es hierzu in einem Positionspapier der FDP.

Doch genau eine solch strenge Bedürftigkeitsprüfung wollte das federführende Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) bei der Grundrente vermeiden. Viele Rentner könnten den Gang zum Sozialamt als unwürdiges Bittstellertum empfinden, so das Argument des Sozialdemokraten. Auch müssten die Betroffenen wie bei Hartz IV dann sprichwörtlich die Hose runterlassen und alles Einkommen und Vermögen offenlegen. Stattdessen werde mit der Grundrente die Lebensleistung vieler Menschen im Rentenalter anerkannt.

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Lange rang die SPD mit der Union um einen Kompromiss bei der Frage, wer Anrecht auf Grundrente haben soll und ob eine Bedarfsprüfung hierfür notwendig sei: An dieser Frage drohte die Große Koalition sogar zu scheitern. Die Bedürftigkeit wird nun zwar nicht geprüft. Doch ausschlaggebend für den Aufschlag ist neben den Versicherungszeiten das Alterseinkommen. Ein Freibetrag regelt Obergrenzen für Alleinstehende und Paare: Wenn das Einkommen drüberliegt, wird es ganz oder teilweise auf die Grundrente angerechnet (der Versicherungsbote berichtete).

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