Dass Amazon zwar eine riesige Marktmacht hat, die Liste der Flops aber legendär ist und sich durchaus auf den Versicherungsbereich ausweiten könnte, haben wir im zweiten Teil der Serie „Warten auf Godot oder Amazons Einstieg in die Versicherungsbranche“ gesehen. Ob sich der Traum vom Monopol für den chinesischen Giganten Ping An erfüllt, werden wir im Folgenden untersuchen.

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Philipp Kanschik

Philipp Kanschik

Dr. Philipp Kanschik ist Geschäftsführer von Policen Direkt und dort verantwortlich für Technologieentwicklung und Maklernachfolge.

Das Szenario

700 Millionen User in China, ein Ökosystem für die wichtigsten Lebensbereiche und 1,4 Millionen Vermittler: das ist das chinesische Konglomerat Ping An. Dort ist das gelungen, wovon in Deutschland viele träumen: der Versicherungsvertrieb ist in einem breit angelegtem Ökosystem aufgegangen. Ausgehend von Finanzdienstleistungen können im Ping An-Ökosystem heute auch Autos gemietet, Online-Arztbesuche durchgeführt, Wohnungen gekauft und Plätze in Altersheimen gebucht werden.

In Sachen Automatisierung und künstliche Intelligenz stellt Ping An selbst die Giganten aus dem Silicon Valley in den Schatten. Sämtliche Gesundheitsdaten der hauseigenen PKV-Kundschaft liegen beispielsweise in der „Health Cloud“, worauf dann die „eigenen“ Ärzte aus dem „Good Doctor“-Netzwerk und die Kliniken aus dem Ping-An-Netzwerk zentral zugreifen können. Was liegt da näher, als mit derartigen Voraussetzungen auch Europas größten Markt Deutschland zu erobern?

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Was dafür spricht

Die erste Investition des Ping An Global Voyager Funds in Kontinentaleuropa fand 2018 statt — der Fintech Company Builder „Finleap“ erhielt damals 41 Mio. EUR. Finleap selbst bündelt bereits eine ganze Reihe von Portfolio-Unternehmen im Fintech- und Insurtech-Bereich wie Clark, Solarisbank und Element und macht keinen Hehl daraus, einen „Ökosystem“-Ansatz zu verfolgen. Mit Joonko wurde zudem bereits der Angriff auf Check24 gewagt—auch dieser direkt von Ping An finanziell unterstützt. Ganz aktuell hat das Konglomerat seine Produktpalette wenig überraschend in Richtung Health Tech erweitert und 32 Millionen Euro in PlusDental investiert, einer Plattform für Zahnversorgung. Das Interesse von Ping An am deutschen Markt ist hiermit also bereits verbrieft und verbürgt und erste Schritte sind getan.

Was dagegen spricht

Der Datenschutz hierzulande stellt für den Riesen aus Fernost eine schwer überwindbare Hürde dar: Ping An selbst wertet in seinem Heimatmarkt sämtliche Daten ohne Rücksicht auf Regelungen wie die DSGVO aus, die es dort in vergleichbarer Form aber auch nicht gibt. Das chinesische Modell der allumfassenden Plattformen weckt zudem bei westlichen Kunden generell Unbehagen—und vermutlich noch stärker, wenn ein chinesisches Konglomerat dahintersteckt. Das Beispiel Huawei zeigt eindrücklich, dass große chinesische Konzerne in westlichen Demokratien mit großen Vorbehalten zu kämpfen haben.

Finleap selbst lässt vielleicht auch vor diesem Hintergrund seine Portfolio-Unternehmen weitestgehend eigenständig ihre Geschäftsmodelle vorantreiben. Von einer umfassend verzahnten Plattform wie in China ist Ping An/ Finleap damit aktuell noch weit entfernt.

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Das sagt der Kolumnist

Ping An prüft und testet aktuell das Potenzial eines Einstiegs in Deutschland und weiß, dass es den chinesischen Ansatz nicht so einfach in Deutschland ausrollen kann. Der Weg zu einer ähnlichen Markstellung wie in China ist sehr weit. In den nächsten 2-3 Jahren entscheidet sich, ob Ping An in Deutschland voll angreift. Wenn das passiert, muss sich die Konkurrenz warm anziehen.

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