Wenn die Deutschen infolge des Corona-Lockdowns Geld brauchen, stoßen sie zuerst ihre Lebensversicherung und Altersvorsorge ab: So eine Furcht vieler Versicherer, die indirekt von einer repräsentativen Studie im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) gestützt wurde. Demnach sagte fast jeder Fünfte, der weniger Einkommen infolge des Lockdowns hat, er wolle die Sparrate fürs Alter kürzen oder die Vorsorge für den Lebensherbst ganz einstellen. Das befeuerte die Angst vor einer Stornowelle.

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Leidtragende wären auch viele Versicherungsvermittler: Ihnen droht nicht allein, Bestandsprovision verloren zu gehen, wenn Kundinnen und Kunden ihre Altersvorsorge abstoßen. Auch müssen sie Provision zurückzahlen, wenn die Kündigung in die Zeit der Stornohaftung fällt: in diesem Fall unverschuldet. Denn nicht schlechte Beratung zwingt die Betroffenen zur Auflösung ihrer Leben-Verträge, sondern schlicht wirtschaftliche Not.

Mehr Stornierungen, aber nicht exorbitant

Die Situation nahm der Maklerpool blau direkt zum Anlass, die Stornozahlen in der Lebensversicherung von Januar bis Mai 2019 mit denen des gleichen Zeitraums in 2020 zu vergleichen. Und tatsächlich stellte der Pool fest, dass sich bei den angeschlossenen Maklerinnen und Maklern mehr Stornierungen zeigten. Wurden im Vorjahr 1.912 Policen in diesem Zeitraum gekündigt, waren es im gleichen Zeitraum in 2020 immerhin 2.561 Verträge.

Hinzu kommen 493 weitere Leben-Policen, die beitragsfrei gestellt worden seien, berichtet der Maklerpool. Auch dann müssen Maklerinnen und Makler unter Umständen einen Teil ihrer Vergütung an den Versicherer zurückerstatten: Die Verträge laufen weiter, der Kunde zahlt aber keinen Beitrag mehr.

Umsatz-Entwicklung positiv

Doch müsse man bei diesen Zahlen auch die Umsatzentwicklung gegenüberstellen, argumentiert blau direkt: Diese liege bei bei einem Plus von 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei gleichbleibender Stornoquote wäre entsprechend zu erwarten, dass auch die reine Zahl der Stornierungen um mindestens 58 Prozent zugenommen hätte, argumentiert der Maklerpool.

„Tatsächlich hätten wir schlimmstenfalls 59 Prozent mehr Stornierungen als im Vorjahreszeitraum. Das wäre trotz Corona-Krise nur ein Prozent mehr“, berichtet blau direkt-Frontfrau Kerstin Möller-Schulz. „Wir erwarten zudem, dass sich die Entwicklung fortsetzt und viele der aktuell gestundeten Policen wieder aktiviert werden. Das bedeutet, dass sich die endgültige Stornoquote entgegen den Erwartungen deutlich verringern wird.“ Aktuell sehe es so aus, als bleibe die Branche vom Schlimmsten verschont, sagt die Vorständin.

Widerstrebende Befunde

Dass es auch andere Befunde als beim Maklerpool gibt, zeigte im Mai ein Pressetext aus dem Hause Policen Direkt. Der Aufkäufer von Lebensversicherungen berichtete, dass sich die Anfragen für den Verkauf von Leben-Policen seit dem Lockdown Mitte März verdreifacht haben.

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"Wir haben in den ersten vier Monaten schon fast so viele Anfragen bearbeitet wie im gesamten vergangenen Jahr“, erklärt Efstratios Bezas, Leiter Vertrieb bei Policen Direkt. Auffallend sei, dass vor allem Gewerbetreibende anfragen würden. Viele würden aus existentieller Not heraus handeln. Hier darf man auf die Branchenzahlen im Bereich Leben zum Ende des Jahres gespannt sein.

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