Sebastian Sieloff: Also sachlich ist das richtig. Der Punkt ist aber: Natürlich wird bei so einer Versicherung vorher entsprechend genau hingeschaut und analysiert. Im Normalfall sollte der Schaden auch der vereinbarten Schadensumme bei dem festgelegten Parameter entsprechen.

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Die Analyse kann mitunter relativ einfach sein. Am Beispiel Bodenfrost sehen Sie das: Da ist ein Handwerksbetrieb mit fünf Mitarbeitern, ein Dachdecker-Betrieb zum Beispiel. Und dieser Betrieb möchte im Frühjahr eben versichert haben, dass Tage mit Bodenfrost sich nicht übermäßig häufen. Pro Tag, an dem es über eine normale Wetterhistorie hinaus Bodenfrost gibt, braucht der Unternehmer eben eine Auszahlung von „x“. Das kann man relativ schnell kalkulieren.

Wichtig ist aber auch: Natürlich kann ein Unternehmen nie sein komplettes Geschäftsrisiko über das Wetter absichern. Sondern letztendlich geht es immer um Extreme. Denn das Risiko spiegelt sich auch irgendwo in der Prämie wider. Sobald also durchschnittlich zwanzig Tage Bodenfrost herrschen um zehn Uhr morgens, wenn gearbeitet werden soll in dieser Zeit, kann man sich sinnvollerweise nicht ab dem ersten Tag darüber hinaus versichern. Sondern man schaut: Was wäre jetzt ein extremes Ereignis, das mir auch ordentlich weh tut? Es geht darum, Spitzen abzufedern und nicht das, was sowieso jeden Tag passiert.

Wir haben verschiedene, jeweils spezifische Schadensszenarien. Und diese sind abhängig von spezifischen Wetterbedingungen an einem Ort. Das klingt nach sehr individuellen Produkten.

Sie haben recht: Wetterindexversicherungen sind immer sehr individuell – sowohl die festgelegten Schadensummen als auch die Wetterereignisse, die dann definiert werden. Es ist eben nicht die Gebäudeversicherung, wo fünf Fragen gestellt werden – ganz überspitzt gesagt – und man dann ein Standardprodukt eines Versicherers eventuell anbringen kann.

Welche Vorteile hat die Wetterversicherung gegenüber klassischen Produkten wie die Gebäudeversicherung oder Elementarschadenversicherungen?

Die haben eigentlich nichts miteinander zu tun. Eine Elementarschadenversicherung versichert zwar auch gegen ungünstige Wetterereignisse. Aber da geht es um tatsächlich vorliegende Schäden, zum Beispiel an einem Gebäude, die müssen repariert werden. Bei der Wetterindexversicherung geht es um finanzielle Schäden – also zum Beispiel Umsatzausfall oder Mehrkosten. Beides kann man nicht in einen Topf werfen.

Denke ich darüber nach, greift ja die Elementarschadenversicherung auch nur bei wesentlich extremeren Wetterereignissen. Die Wetterversicherung greift hingegen auch bei Frost oder häufigen Niederschlag – Dinge, die alltäglicher sind…

Ja. Die Wetterversicherung kann als Instrument genutzt werden, um sich gegen alltägliche Wetterereignisse abzusichern, die aber ungewohnt häufig in einem Jahr auftreten. Und versicherbar sind eigentlich alle Ereignisse, die eindeutig gemessen werden können. Jedes messbare Wetterereignis kann, so gesehen, versichert werden – von Globalstrahlung über Sonnenstunden über Niederschlagsmengen bis hin zu Temperaturen oder eine Kombination daraus. Der Index kann frei gestaltet werden, solange dem dann natürlich mit der Schadensumme ein Schaden gegenüber steht. Was aber zum Beispiel nicht geht, ist Hagel. Denn Sie haben nicht die Möglichkeit, mit einem Becher die Korngröße zu messen.

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Das Gespräch führte Sven Wenig

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