Beschwerdeverfahren sollte Entzug der Gewerbeerlaubnis verzögern

Um was ging es vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG)? Einem Vermittler wurde aufgrund von Betrug die Gewerbeerlaubnis durch die zuständige Industrie- und Handelskammer entzogen. Wurde der Vermittler doch zuvor aufgrund seiner Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, da er einen beauftragten Notar getäuscht und seinen Ziehvater betrogen hatte. Gegen den Entzug der Gewerbeerlaubnis klagte der Vermittler nun auf Anfechtung des Bescheids – und versuchte zugleich, vor dem Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf eine aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage zu erreichen. Der einschlägig straffällige Vermittler hoffte, er könne so weiterhin sein Gewerbe ausüben, während über seine Klage gegen die Industrie- und Handelskammer verhandelt wird.

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Das Verwaltungsgericht Düsseldorf versagte aber dem Vermittler den vorläufigen Rechtsschutz und damit die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage – der Widerruf der Gewerbeerlaubnis hatte sofortige Gültigkeit (Az. 3 L 1675/19). Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts legte nun der straffällig gewordene Vermittler vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen Beschwerde ein. Erneut erfolglos: Die Beschwerde des Antragstellers wird mit Beschluss vom 08. Januar 2020 zurückgewiesen (Az. 4 B 1100/19).

Der vorläufige Rechtsschutz mit aufschiebender Wirkung wird demnach auch durch das Oberverwaltungsgericht versagt. Zudem muss der verurteilte Vermittler nun die Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 7.500 Euro tragen.

Schutz der Kunden ging vor Fortführung des Gewerbes

Wie aber begründet das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen die deutliche Zurückweisung der Beschwerde? Der Grund ist die fehlende Erfolgsaussicht für die Anfechtungsklage. Denn der Bescheid, mit dem die Industrie- und Handelskammer dem Vermittler die Gewerbeerlaubnis entzog, wird aus Sicht des Gerichts erfolgreich sein.

Die Abwägung der Interessen spricht zudem deutlich gegen die privaten Interessen des Vermittlers. Das Interesse des Antragstellers an der Fortführung seines Gewerbes müsse laut Gericht hinter den strafrechtlich geschützten Rechtsgütern zurücktreten. Das bedeutet, vereinfacht ausgedrückt: Weil die Zuverlässigkeit des Vermittlers nicht gegeben ist, geht der Schutz gewerblicher Kunden vor.

Unzuverlässig ist, wer in den letzten fünf Jahren rechtskräftig verurteilt ist

Als Rechtsnorm zugrunde liegt Paragraph 34d Absatz 5 Gewerbeordnung (GewO). Demnach ist eine Gewerbeerlaubnis gemäß Paragraph 34d Absatz 1 und 2 „zu versagen“, wenn „Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt“.

Und die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, „wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist.“

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Widerlegung der Regelvermutung: nur aufgrund besonderer Umstände

Diese Regelvermutung könne laut Oberverwaltungsgericht „nur aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise als widerlegt angesehen werden“. Dafür müsse der „Erlaubnisinhaber“ aber „Umstände vortragen, die trotz einer einschlägigen Verurteilung ausnahmsweise eine andere Beurteilung zulassen“. Entscheidungserheblich hierbei wären die „Schwere der Tat“ sowie „Art und Höhe der Strafe“.

Laut Gericht komme es zudem „darauf an, ob die Straftat aus einer besonderen, sich nicht wiederholenden Situation heraus begangen worden ist“. Gelingt eine Rechtfertigung durch besondere Umstände jedoch nicht, greift stets die Regelvermutung für fehlende Zuverlässigkeit gemäß Paragraph 34d Absatz 5.

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Vermittler schoss Eigentor: Wer privat betrügt, ist eine Gefahr fürs Gewerbe

Der Vermittler freilich hatte mit seiner Argumentation vor Gericht keine Chance. Denn zum einen wollte er geltend machen, dass seine Straftat ausschließlich den privaten Bereich betroffen habe: Der Vermittler hatte einen beauftragten Notar getäuscht und seinen Ziehvater um 70.000 Euro betrogen. Zudem meinte der vorbestrafte Vermittler: Ein Geständnis der Tat sowie die Schadenswiedergutmachung reichten für eine Widerlegung seiner fehlenden Zuverlässigkeit aus. Beide Widerlegungsversuche aber wies das Gericht deutlich zurück.

Denn zum einen unterscheidet Paragraph 34d Absatz 5 nicht danach, ob die Straftat im privaten oder gewerblichen Bereich begangen wurde – für Straftaten beider Bereiche ist die Gewerbeerlaubnis zu entziehen. Mehr noch! Das Gericht geht sogar davon aus: wer Personen zugunsten seines eigenen finanziellen Vorteils schädigt, die persönlich nahe stehen und abhängig sind (Ziehvater), der stelle eine „beachtliche Gefahr“ für das Vermögen gewerblicher Kunden dar. Der Versuch, private und gewerbliche Delikte zu trennen als Zuverlässigkeitsbeweis, erwies sich für den vorbestraften Vermittler also als Eigentor.

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Strafmaß zeigte Schwere der Tat

Aber auch Geständnis und Schadenswiedergutmachung reichen laut Beschluss nicht aus, die Regelvermutung für fehlende Zuverlässigkeit zu widerlegen. Beides wurde ja bereits beim Strafmaß für das Betrugsdelikt berücksichtigt, gibt das Gericht zu bedenken. Dass der Vermittler dennoch zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und elf Monaten verurteilt wurde, zeigt laut Gericht die Schwere seiner Tat.

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