Der Hamburger Einzelhandelskonzern Tchibo ist längst mehr als ein Kaffeehändler. Die Hansestädter bieten in ihrem Onlineshop allerlei nützliche und weniger nützliche Produkte an: vom fair gehandelten Sommerkleid über Gasgrillwagen bis hin zu Heimtrainern und Reisen. Dass sich immer wieder auch Utensilien wie zum Beispiel eine Kiwi-Box im Sortiment finden: eine Brotbüchse in Form einer Kiwi, mit der sich genau eine Frucht transportieren lässt, und Herrenslips mit „herausnehmbaren Soundelementen“ verkauft wurden, hat dem Konzern einigen Spott eingebracht (Am Slip war ein Rentier angenäht. Drückte man vorne auf die Nase, erklang eine Weihnachtsmelodie).

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Nun ist Tchibo auch unter die Versicherungsvermittler gegangen. Auf der Webseite bietet das Familienunternehmen Krankenzusatzversicherungen der HanseMerkur an. Direkt online abschließbar mit zweijähriger Laufzeit. Wer sich fragt, auf welcher Grundlage Tchibo nun auch Versicherungen verkaufen kann, wird in der Erstinformation fündig, die ebenfalls verpflichtend auf der Webseite veröffentlicht werden muss. Die Tchibo GmbH ist nun als Versicherungsvertreter nach § 34d Abs. 7 der Gewerbeordnung tätig. Das heißt: Tarife anderer Assekuranzen finden sich nicht im Sortiment.

Vorgeschichte: Vermeintliches Tippgeber-Modell musste abgeblasen werden

Aufhorchen lässt der Versicherungsvertrieb deshalb, weil Tchibo damit vor ein paar Jahren bereits eine Bruchlandung hingelegt hatte. Bis Ende 2010 bot der Konzern in seinen Filialen und online Versicherungen des Unternehmens Asstel an: darunter private Haftpflicht- und Tierhalter-Policen. Tchibo berief sich darauf, lediglich als Tippgeber tätig zu sein. Diese sind von einer Erlaubnispflicht befreit, dürfen aber nur Kontaktdetails von Kundinnen und Kunden an Versicherer weitergeben. Selbst Verträge vertreiben, ist ihnen untersagt.

Denn wer in Deutschland als Versicherungsvermittler tätig sein will, muss strenge Anforderungen erfüllen. Er muss bei einer Industrie- und Handelskammer registriert sein, eine Mindestqualifikation nachweisen und bestimmte Informations- und Dokumentationspflichten erfüllen. Auch müssen sich die Vermittler selbst finanziell absichern, um für Vermögensschäden des Kunden einstehen zu können, falls sie falsch beraten haben.

Demnach blieb unklar, auf welcher Grundlage Tchibo Versicherungs-Policen auf seiner Webseite anbieten durfte. Bereits 2009 hatten mehrere Verbände Klage vor dem Landgericht Hamburg eingereicht, um den Verkauf zu stoppen: unter anderem der AfW-Bundesverband Finanzdienstleistung und der Wettbewerbsverein WiW. Der Streit ging durch alle Instanzen. Schließlich entschied der Bundesgerichtshof mit einem Urteil vom 29.11.2013 (Az.: I ZR 7/13): Das Geschäftsmodell war illegal. Die Aktivitäten der Hansestädter gingen über das Erlaubte hinaus. Zum Zeitpunkt des Urteils hatte Tchibo die Zusammenarbeit mit Asstel aber schon eingestellt.

Krankenzusatzschutz für den Klinikaufenthalt

Nun hat Tchibo also den Wiedereinstieg ins Versicherungsgeschäft gewagt - und die erforderlichen Mindeststandards nachgeholt. Auf der Webseite wird aktuell der stationäre Krankenzusatztarif PSG der HanseMerkur beworben: sowohl in einer Variante für Kinder als auch für Erwachsene.

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Der Tarif beinhaltet für den Klinikaufenthalt unter anderem eine Chefarzt- oder Spezialisten-Behandlung, die Unterbringung im 1- oder 2-Bettzimmer, den Rücktransport aus dem Ausland sowie die freie Übernachtung eines Elternteils in der Klinik, wenn ein Kind ins Krankenhaus muss. Wer diese Optionen nicht in Anspruch nimmt, kann alternativ ein Krankenhaustagegeld wählen. Zudem wirbt Tchibo mit einer 100-Tage-Geld-zurück-Garantie.

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