Die Grundrente war lange Zeit eines der heikelsten Projekte der aktuellen Bundesregierung. Zwar schon im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD vorgesehen, drohte sie sogar die große Koalition zu sprengen, nachdem Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) den Vorstoß einer erweiterten „Respekt-Rente“ wagte:

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Wer lange in die Rentenkasse eingezahlt hat, dessen Rente soll über das Grundsicherungs-Niveau gehebelt werden. Darin waren sich Union und SPD einig. Die Union jedoch wollte eine Bedarfsprüfung, die Sozialdemokraten hingegen die Rente unabhängig von der Bedürftigkeit auszahlen. Erst nach monatelangem Streit und gegenseitigen Drohungen fand man im November 2019 einen Kompromiss (der Versicherungsbote berichtete).

Nun liegt ein erster Gesetzentwurf unter Federführung des Bundesarbeitsministeriums vor, wie Der Spiegel am Freitag berichtet. Das Ressort von Hubertus Heil muss diesen noch in die Abstimmung mit den anderen Ministerien schicken, bevor bereits am 29. Januar das Bundeskabinett darüber abstimmen soll. Auffallend ist, dass es News gegenüber den bisher bekannt gewordenen Plänen gibt. So soll es eine Gleitzone erlauben, dass auch jene von einer höheren Rente profitieren, die zwischen 33 und 35 Jahren in die Rentenkasse eingezahlt haben.

Keine Bedarfsprüfung, aber…

Bereits bekannt war, dass es den vollen Anspruch auf Grundrente erst geben soll, wenn der oder die Versicherte 35 Beitragsjahre zur Rentenkasse vorweisen kann, sogenannte Grundrentenzeiten. Dabei ist eine Ober- und Untergrenze für das erzielte Einkommen vorgesehen. Es darf einerseits für die Dauer der maßgebenden Jahre durchschnittlich nicht unter 30 Prozent des jährlichen Durchschnittseinkommen aller Versicherten liegen und 80 Prozent nicht übersteigen. Vor allem die Untergrenze trägt dazu bei, dass viele, die die Hürde der Beitragsjahre erfüllen, dennoch keinen Anspruch auf Grundrente haben werden.

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Mit Blick auf die lange debattierte Bedarfsprüfung haben Union und SPD einen Kompromiss erzielt. Der Gang zum Sozialamt soll den Rentnern nun erspart bleiben, wenn sie Grundrente beantragen: demnach wird es keine Vermögensprüfung geben. Geschaut wird aber, welches Einkommen die Betroffenen inklusive ihrer Ehegatt*innen erzielen. Brisant: Wie Der Spiegel berichtet, werden dabei neben Mieten und Pensionen auch Einnahmen aus privater Altersvorsorge herangezogen, etwa aus Lebensversicherungen.

Freibeträge für Grundrentner

Ebenfalls keine Neuerung ist es, dass die Grundrentner von Freibeträgen profitieren. So soll ein monatlicher Einkommensfreibetrag in Höhe von 1.250 Euro für Alleinstehende und 1.950 Euro für Paare gelten – bis zu dieser Höhe wird die neue Rente im vollen Umfang gezahlt. Das Einkommen darüber hinaus soll zu 40 Prozent auf die Grundrente angerechnet und darüber abgeschmolzen, berichtet Der Spiegel.

Freibeträge soll es darüber hinaus für die Bezieher von ergänzenden Grundsicherungs-Leistungen sowie Wohngeld geben. Denn Empfängerinnen und Empfänger dieser Sozialleistungen hätten im schlimmsten Fall mit der Grundrente keinen Cent mehr in der Tasche, wenn sie auf die Grundsicherung angerechnet wird (der Versicherungsbote berichtete). Es wird ein Freibetrag von 100 bis maximal 216 Euro geplant.

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Übergangsbereich eingeführt

Neu im Gesetzentwurf ist der bereits angesprochene Übergangsbereich: eine Art Gleitzone für den Anspruch. Vor allem die CSU hatte auf diese Korrektur gedrängt, um den Übergang in die Altersrente auch für Grundrentner flexibler zu erlauben.

Dieser Übergangsbereich soll laut „Spiegel“ nun zwischen 33 bis 35 Beitragsjahren angesiedelt sein. Dabei werden neben Rentenbeiträgen aus Beschäftigung auch solche aus Kindererziehung und Pflege anerkannt. Für jeden Monat, der zu den 35 Beitragsjahren zählt, soll der Zuschlag etwas geringer ausfallen.

Viele Frauen sollen profitieren

Nach Prognosen des Bundesarbeitsministeriums sollen überproportional Frauen von der Grundrente profitieren: Sie erreichen in der Rentenkasse oft die 45 Beitragsjahre für den vollen Rentenanspruch nicht, weil sie ihre Arbeit für die Kinder oder Pflege Angehöriger unterbrochen haben. Auch arbeiten sie oft in Teilzeit, so dass sie grundsätzlich einen niedrigeren Rentenanspruch erwerben. In Deutschland erhalten Frauen im Schnitt 26 Prozent weniger Rente als Männer, wie eine Studie der Universität Mannheim und der niederländischen Tilburg University ergab. Hochgerechnet auf 15 Jahre Rentenbezug fehlten Frauen im Schnitt rund 25.000 Euro Altersrente.

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Bis zu 1,5 Millionen Rentnerinnen und Rentner könnten ab 2021 von der Grundrente profitieren, so schätzt das Ministerium. Die Kosten werden im ersten Jahr auf 1,39 Milliarden Euro geschätzt, bis 2025 sollen sie auf 1,73 Milliarden steigen. Finanziert werden soll die Rente durch Steuermittel, da die Bekämpfung von Altersarmut eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei.

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