Felix Hufeld, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), sorgt sich um die Stabilität der deutschen Lebensversicherer und Pensionskassen. Bei seiner Rede auf dem diesjährigen Neujahrsempfang der Behörde kündigte er an, dass die Gesellschaften 2020 verstärkt in den Fokus der Aufsichtsbehörde rücken werden. Die Rede ist auf der Webseite der BaFin im Originalwortlaut veröffentlicht.

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“Immer schwieriger, Zinsversprechen zu erwirtschaften“

Bei seiner Rede sagte Hufeld: „Wie ist es um die Lebensversicherer und Pensionskassen bestellt? Die überraschungsfreie Antwort lautet: um manche von ihnen nicht gut. Die Lebensversicherer steuern seit geraumer Zeit gegen – einige durchaus mit Erfolg. Dennoch wird es für die Branche immer schwieriger, ihre Zinsversprechen am Kapitalmarkt zu erwirtschaften“.

Besonders schwer sei es aktuell für die Pensionskassen, führte Hufeld weiter aus. Der Grund: Sie hätten „fast nur lebenslange Renten im Portfolio – mit zum Teil hohen Garantien“. Aber je höher die Risiken der einzelnen Versicherer und Pensionskassen seien, „desto intensiver beaufsichtigen wir sie“, sagte der Jurist. So müssten Anbieter, die in der Zinsklemme stecken, umso genauer darlegen, wie sie ihre Finanzsituation verbessern wollen — und die Zusagen an die Kunden einhalten.

Banken: Geschäftsmodelle vakant

Als einen Schwerpunkt griff Hufeld die Nachhaltigkeit von Geschäftsmodellen auf: auch mit Blick auf den Bankensektor. Die Geschäftsmodelle deutscher Banken gerieten angesichts niedriger Zinsen, nachlassender Konjunktur und neuer digitaler Konkurrenz zusehends in Bedrängnis, sagte Hufeld. Hier wolle sich die BaFin genau ansehen, wie die Banken ihre Ertragsschwäche angehen und was sie tun wollen, um auf lange Sicht am Markt zu bestehen.

Auch zu der Situation der Geldhäuser fand Hufeld wenig beruhigende Worte. „Die Zeit drängt. Der Uhrzeiger rückt immer näher an die Fünf-vor-zwölf-Marke heran.“ Häuser, die es besonders schwer hätten, beaufsichtige die BaFin bekanntlich besonders intensiv. „Was allerdings nicht heißt, dass wir selbst das Ruder übernehmen oder, komme, was wolle, lebensverlängernde Maßnahmen ergreifen“, stellt Hufeld klar. Mit anderen Worten: Dass manch ein Institut ins Wanken geraten könnte, mit bitteren Konsequenzen für Sparer und Kunden, hält selbst die Finanzaufsicht für wahrscheinlich.

Rund ein Drittel der Pensionskassen unter erweiterter BaFin-Aufsicht

Neu sind die Probleme der Versicherer und Pensionskassen nicht. Rund ein Drittel der 137 Pensionskassen befindet sich aktuell unter erweiterter Aufsicht der BaFin, weil sie mittelfristig Probleme bekommen könnten, die Zusagen der Betriebsrentner zu bedienen. "Ohne zusätzliches Kapital von außen werden einige Pensionskassen nicht mehr ihre vollen Leistungen erbringen können“, hatte bereits Frank Grund, Chef der Versicherungsaufsicht bei der BaFin, vor wenigen Wochen gewarnt.

Drei Anbietern untersagte die BaFin aufgrund ihrer finanziellen Schieflage sogar das Neugeschäft, sie werden nur noch abgewickelt. Der Deutschen Steuerberater Versicherung ging ebenso das Geld aus wie der katholischen Caritas, auch deren Schwester Kölner Pensionskasse geriet in Schieflage. Für die Mitglieder kann das bittere Konsequenzen haben: auch Bestandsrentner müssen massive Kürzungen fürchten. Die WAZ nennt das Beispiel eines Rentners, dem die Betriebsrente von 1.015 Euro im Monat auf 680 Euro gekürzt wurde: satte 335 Euro weniger.

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Etwas besser sieht es derzeit bei den Lebensversicherern aus. Die Branche konnte ihre Stabilität verbessern, wie Expertenanalysen der letzten Solvenzberichte zeigten: im Schnitt stieg die Solvenzquote der Anbieter 2018 um 9,57 Prozent. Das liegt auch an einer Gesetzesreform: Die Versicherer müssen nun weniger Geld der Zinszusatzreserve (ZZR) zuführen, einem Finanzpuffer, um Garantiezusagen an Kunden abzusichern. Dennoch sind auch hier 12 Lebensversicherer nur mit Übergangshilfen ausreichend solvent, um die Mindestansprüche der Finanzaufsicht an Stabilität zu erfüllen (der Versicherungsbote berichtete).

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